00:00:06: Es gibt in der Außenpolitik, es gibt in den internationalen Beziehungen kein einziges Problem, was sozusagen kategorisch unlösbar ist.
00:00:16: Überraschend optimistisch, diese Bewertung angesichts der aktuellen Weltlage.
00:00:20: Und sie kommt von einem, der es wissen muss, Wolfgang Eschinger, viele Jahre Diplomat, unter anderem Botschafter in Washington und London und den meisten bekannt als langjähriger Vorsitzender der Milchner Sicherheitskonferenz.
00:00:32: Heute sprechen wir über seinen Ukraine-Besuch in der vergangenen Woche, übrigens kurz nachdem russische Drohnen über dem polnischen Luftraum abgeschossen wurden.
00:00:39: Darüber sprechen wir und natürlich auch darüber, ob die Reaktion der NATO die richtige war.
00:00:44: Und damit herzlich willkommen im FAZ-Podcast für Deutschland, heute am Mittwoch, den siebzehnten September.
00:00:49: Mein Name ist Michael Götz und ich freue mich sehr, dass Sie dabei sind.
00:00:57: Jetzt ist er bei mir in der Leitung.
00:00:58: Herzlich willkommen hier im Podcast für Deutschland, Herr Ischinger.
00:01:01: Ja, ich freue mich auf dieses Gespräch.
00:01:03: Vielen Dank.
00:01:04: Sie
00:01:04: kommen jetzt gerade frisch aus Kiew zurück.
00:01:06: Was haben Sie denn dort gemacht?
00:01:07: Also in Kiew findet seit twenty-fourzehn eine Konferenz statt, die in ihrem Namen, der Name lautet Yalta European Strategy, eben nicht den Namen Kiew trägt, sondern den Namen Yalta, denn bis zwanzig vierzehn bis zur Annexion der Krim durch Russland fand diese Konferenz damals in etwas kleinerm Rahmen natürlich auf der Krim statt in Yalta und ist dann zwangsläufig, weil es nicht alles geht.
00:01:38: nach Kiel verlegt worden.
00:01:40: Inzwischen eine jedes Jahr etwas größer werdende Veranstaltung mit intensiver amerikanischer, britischer, französischer, inzwischen auch durchaus sichtbarer deutscher und europäischer Beteiligung.
00:01:52: Und ich finde es immer wieder eindrucksvoll, dass relativ viele europäische Fachleute, Diplomaten, Soldaten, Journalisten natürlich auch und andere Regierungsmitglieder, Parlamentarier den Weg nach KF nicht scheuen, der ja gerade jetzt in diesen letzten Tagen auch manchen nicht mehr so ganz ungefährlich schien.
00:02:14: Man muss ja eine ganze Nacht im Zug verbringen, dann im KF selbst, haben wir inzwischen auch relativ viele Bomben und Granaten eingeschlagen.
00:02:23: Also ich habe große Respekt vor denen, die trotz allem den Weg dahin gefunden haben, um, und das ist ja wichtig, Solidarität.
00:02:32: mit der Ukraine zum Auszug zu bringen, das braucht die Ukraine gerade in diesen Tagen und Wochen ganz dringend.
00:02:38: Ja und immer wieder braucht es natürlich auch den Austausch und in dem Fall ja auch vielleicht die Perspektivwechsel, die andere Menschen aus anderen Ländern mitbringen.
00:02:47: Gibt es irgendwas, was in unserer deutschen Debatte zu kurz kommt, was aber dazu Sprache kam?
00:02:53: Also ich würde mal, im Grunde ist Ihre Frage ja auch so ein bisschen nach den Takeaways, was bringe ich denn mit aus zwei Tagen?
00:03:03: Die Überschrift, die ich wählen würde, lautet von der Ukraine Lernen.
00:03:08: Also warum sage ich das?
00:03:10: Weil dieser Drohnschwarm oder die jetzt erkannte mögliche künftige Gefahr durch russische Drohnen, die in NATO-Gebiet eindringen könnten und vielleicht auch werden, die wurden bekämpft in diesem Fall durch aufsteigende Jagd, also Kampfflugzeuge, bewaffnet mit entsprechend superteuren Luftluftraketen und so weiter.
00:03:37: Wenn die Antwort auf einfliegende russische Drohnenschwärme, die pro Stück höchstens ein paar hundert oder vielleicht ein paar wenige tausend Euro kosten, wenn die Antwort ist, dass wir mit Millionen teuren Waffensystemen und genauso teuren Luftluftraketen diese Dinger abschießen müssen, dann würde ich in der Tat auf die Ukraine verweisen, die in den letzten langen Monaten, wir haben das ja nun fast jede Woche mal erleben dürfen, der es gelingt mit ihren Mitteln, Flugabwehr, Drohnenabwehr, Unser weiter.
00:04:13: Siebzig, achtzig, manchmal neunzig Prozent riesiger Drohnen-Schwärme und ballistischer Raketenangriffe aus der Ost-Ukraine bzw.
00:04:23: aus Russland abzuwehren.
00:04:25: Also mit anderen Worten, Herr Götz, ich bin der Meinung, hier ist ein eklatanter Nachholbedarf westlicher Drohnenbekämpfungsstrategie deutlich geworden.
00:04:37: Die Bundesrepublik Deutschland hat, nach meiner Kenntnis, bis zur Stunde so gut wie null Drohnenabwehrkapazität.
00:04:47: Die Bundeswehr verfügt über keine Drohnen.
00:04:51: Also hier ist Nachholbedarf.
00:04:53: Das zweite Fazit, was ich mitbringe aus dieser Veranstaltung in der Ukraine, ist, dass wir Europäer eine noch größere Verantwortung nicht nur verbal zu übernehmen haben, sondern auch in der tatsächlichen, militärischen, finanziellen und sonstigen Unterstützung der Ukraine übernehmen müssen, weil man natürlich in der Ukraine selbst auch zunehmende Zweifel hat, vermutlich berechtigte Zweifel hat, wie verlässlich weitere amerikanische Unterstützung, egal ob militärisch oder finanziell oder politisch, überhaupt ist.
00:05:33: Und das bringt mich zum Dritten und letzten Punkt.
00:05:37: Ich glaube, wir müssen uns Sorgen machen über die Art und Weise, wie unser Auftritt, der europäische Auftritt, der westliche Auftritt in dem Ukraine-Konflikt, wie der in Moskau ankommt.
00:05:49: Man nennt das auf Neudeutsch Messaging.
00:05:51: Ich glaube, wir brauchen ein viel klareres Messaging, sodass in Moskau tatsächlich die Nachricht ankommt.
00:05:59: Die meinen es ernst.
00:06:00: Man würde auf Amerikanisch sagen, they play hardball, diese Europäer.
00:06:05: Und damit bin ich bei dem Thema der sogenannten Frozen Assets, also der eingefrorenen russischen Guthaben, die in europäischen Bankdressoren, vor allen Dingen in Brüssel liegen.
00:06:17: Wir sprechen von mehreren Hundert Milliarden.
00:06:19: Und darüber gibt es ja seit Jahren eine intensive Debatte, die ich jetzt nicht im Einzelnen referieren möchte.
00:06:26: Aber es hat sich bei dieser Konferenz am Wochenende.
00:06:30: doch eine zunehmende Mehrheitsmeinung auch unter den anwesenden Teilnehmern aus der Europäischen Union herauskristallisiert, dass wir bei der Abwägung, ob man das riskieren kann, diese Mittel sozusagen Russland intgültig wegzunehmen, Und bei der Abwägung mit der anderen Frage, welche Mittel stehen uns zur Verfügung, um der Ukraine sicherheitspolitisch, finanzpolitisch und so weiter beizustehen, dass wir das Risiko eingehen sollten, diese Mittel auch dann der Ukraine zur Verfügung zu stellen, wenn es da bestimmte finanzpolitische, den Euro und seine Stabilität betreffende Risiken geben sollte.
00:07:16: Ursula von der Leyen hat ja auch jetzt gerade heute nochmal diesen Vorschlag aufgebracht, diese eingefroren russischen Milliarden eben wieder aufzutauen.
00:07:23: Ich
00:07:23: finde das sehr gut, dass die EU-Kommissionspräsidentin sich Vorschläge dieser Art so eingemacht hat.
00:07:30: Es wird jetzt diskutiert, was könnten elegante Methoden sein, um das so zu machen, dass man Risiken minimiert, also eine Idee, die auch in Kiew diskutiert wurde.
00:07:42: war, dass man diese Mittel, diese zwei oder dreihundert Milliarden nicht einfach konfiziert und der Ukraine zur Verfügung stellt, sondern dass man die Mittel da lässt, wo sie sind, sie aber benutzt als Sicherheit für einen Kredit, der von uns Europäern gemeinsam getragen wird und der also an die Ukraine ausbezahlt werden könnte.
00:08:03: Dann hätten die Ukrainer das Geld, die Mittel wären aber nach wie vor im Prinzip als russische Mittel in den sagen wir mal, in den Dressoren der Europäischer Bankinstitute.
00:08:16: Damit wäre der ein solcher Prozess theoretisch und das ist für die Juristen wichtig, theoretisch zu einem späteren Zeitpunkt auch potentiell reversibel, weil man die Gelder nicht einfach endgültig an die Ukraine gibt.
00:08:29: Also hier wird nach Auswegen gesucht, wie man das Ganze so machen kann, dass alle zustimmen können und ich würde es für einen Big Bang halten.
00:08:39: Also ich mache mir ausdrücklich den Begriff, das Big Bang zu eignen.
00:08:43: Das wäre aus meiner Sicht ein wichtiger Teil eines notwendig gewordenen Big Bang, mit dem wir Europäer nach Moskau signalisieren könnten und sollten, dass wir Europäer mal ganz unabhängig von der Frage, was jetzt die USA im Schilde führen, dass wir eine Durchmarsch der russischen Seite, ein militärischer Sieg, nicht erlauben werden und dass wir dafür sorgen werden, dass die Ukraine diesen russischen Angriffskrieg überlebt und dass das nicht nur jetzt für September gilt, sondern dass das eine dauerhafte Selbstverpflichtung ist, der Ukraine sozusagen bis zur Beendigung dieses Kriegs erfolgreich beizustehen.
00:09:29: Sie haben gerade auch über die Botschaften, die wir aushänden, an Russland gesprochen.
00:09:33: Jetzt hat Polen ja nach dem Artikel vier des NATO-Vertragskonsultationen verlangt.
00:09:37: War das aus Ihrer Sicht der richtige Schritt oder hätte die NATO noch entschlossen nachhandeln müssen?
00:09:42: Also ich finde, Polen hat alles richtig gemacht.
00:09:45: Ich bin allerdings, damit bin ich wieder bei dem Thema Messaging, nicht ganz sicher, ob die militärischen Reaktionen auf diese Drohneinflüge entschlossen genug waren.
00:09:56: Ich gebe Ihnen mal folgendes Beispiel.
00:09:59: Es gibt einen Vorfall, der jetzt nicht Polen betrifft, sondern der Rumänien betrifft.
00:10:03: Es ist also eine russische Drohne nach Rumänien eingefügt.
00:10:07: Die hat dann anscheinend die Kurve gekriegt und ist nach einer Zeit auf ukrainisches Gebiet zurückgeflogen.
00:10:13: Hat dort möglicherweise Schäden angerichtet, die ich nicht im Weiternverlauf kenne.
00:10:19: Es müsste, wenn so was künftig noch mal passiert, müsste natürlich Das Prinzip in der NATO gelten und Rumänien ist genauso wie Deutschland und Polnern Mitglied der NATO.
00:10:30: Man muss das Prinzip gelten, wenn die Drohne bei uns auf unser Gebiet einfliegt, dann wird die abgeschossen.
00:10:34: Und zwar ohne Wenn und Aber.
00:10:36: Ich mache jetzt Rumänien hier keinen Vorwurf, weil das ja ein erstes solcher Fall war, anscheinend.
00:10:42: Aber, dass man sozusagen sagt, da machen wir jetzt mal nichts und warten, vielleicht dreht die Drohne wieder in die Ukraine ab und dann ist es ja uns egal, was auf ukrainischem Gebiet passiert.
00:10:52: Das scheint mir nicht der Ausdruck voller Solidarität mit der Ukraine zu sein.
00:10:56: Ich würde also sagen, wenn so ein Waffensystem auf unserem Bildschirm erscheint und in unser Territorium eindringt, dann weg damit.
00:11:07: Nur so... kommt die richtige Message in Moskau an.
00:11:11: Ich verstehe Ihren Standpunkt total.
00:11:12: Ich nehme jetzt mal bewusst die Gegenposition.
00:11:14: Man könnte ja auch sagen, wenn die NATO immer direkt hart militärisch antwortet, dann kommen wir in eine Art Eskalationsspirale, die wir nicht mehr stoppen können.
00:11:21: Was sagen Sie denn dazu?
00:11:22: Ich würde genau das Gegenteil sagen.
00:11:24: Ich glaube, es gilt eher der alte Satz.
00:11:29: Ich weiß jetzt nicht mehr, von wem der kam, von Napoleon oder von irgendjemandem aus dem frühen Jahrhundert.
00:11:35: Der sagte also, wenn du mit dem Bayonett reinstiegst und es kommt keine harte Wand, dann stich einfach weiter.
00:11:43: Wenn du aber auf Stahl kommst mit deinem Bayonett, dann musst du dein Bayonett zurückziehen.
00:11:49: Und ich glaube, das ist der richtige militärische Rat.
00:11:53: Die russische Seite versucht ja ganz offensichtlich zu sehen, wie man hier reagiert.
00:11:59: Und wenn wir klar reagieren und nicht zulassen, dass diese Drohne auf dem Territorium des Bündnisses länger als die notwendige Zeit, um sie überhaupt zu erkennen, verbringen, dann wird die russische Seite kurz oder lang keinen Grund sehen können, um zu eskalieren, sondern sie wird einsehen, dass diese Drohneinflüge nicht nur nichts bringen.
00:12:22: sondern für Russland ihre negative Folgen haben.
00:12:25: Also ich glaube nicht, dass das, wenn man das richtig macht, dass das eskalationsgefährdend sein könnte.
00:12:32: Ich bin der Meinung, wir riskieren eher Eskalation, wenn der Signal dass in Moskau ankommt, lautet, wir können uns das leisten.
00:12:41: Die machen ja nix.
00:12:42: und das nächste Mal nehmen wir nicht nur zehn, sondern zwanzig oder vielleicht hundertfünfzig Drohnen, weil die NATO ja Angst vor Eskalation hat.
00:12:49: Das ist, glaube ich, die richtige Art des Themas zu betrachten.
00:12:54: Jetzt könnte man ja natürlich auch noch einen Schritt weiter gehen.
00:12:56: Bei uns im Podcast hat Nico Lange, ist ihn ja bestens bekannt, letzte Woche gefordert, die Ukraine muss russische Drohnenfabriken ausschalten dürfen.
00:13:04: Im Übrigen wäre es auch für uns sinnvoller, anstatt ständig irgendwie alles zusammen zu kratzen und sehr viel Geld auszugeben, für die komplizierte Luftverteidigung der Ukraine zu sagen, man geht das an der Wurzel, dann müssen die Schlucknetze, die Drohnenfabriken und solche Dinge aufs Grund genommen werden und dann braucht die
00:13:21: Ukraine
00:13:22: die Instrumente dafür.
00:13:23: Hat er damit Recht?
00:13:24: Es gibt überhaupt keinen Grund, warum die Ukraine russische Drohnenfabriken nicht ausschalten darf.
00:13:33: Es gibt keinen Völkerrechtsgrundsatz, der der Ukraine es verbieten würde.
00:13:38: Das ist ja keine neue Diskussion, sondern eine alte Diskussion.
00:13:43: Es gibt überhaupt keinen Grundsatz, der aus der Ukraine verbietet bei ihrer Verteidigung.
00:13:50: den Gegner nicht nur auf dem eigenen Staatsgebiet in der Ukraine, wo er eingedrungen ist, zu bekämpfen, sondern selbstverständlich auch Ziele, ich sage jetzt ausdrücklich militärische Ziele in Russland anzugreifen.
00:14:04: Bin also der Meinung, das ist eine Entscheidung der ukrainischen Seite und ich weise darauf hin, Herr Götz, dass die Ukraine das ja seit längerem auch sehr erfolgreich macht.
00:14:14: Ist ja nicht so, dass nicht schon mindestens ein Dutzend Energie Anlagen in Russland in Flammen aufgegangen sind.
00:14:21: Ich weiß jetzt nichts von Drohnenfabriken.
00:14:24: Ich habe keine Ahnung, ob russische Drohnenfabriken in Reichweite der derzeitig verfügbaren Waffensysteme sind.
00:14:31: Aber die Raffinerien und Energielager in dem westlichen Bereich von Russland, also jenseits der russisch-ukrainischen Grenze, die sind ja nun in den letzten Wochen relativ intensiv und wenn, wenn ich das richtig sehe, auch durchaus erfolgreich von der Ukraine bekämpft worden und mir ist auch niemand bekannt aus dem westlichen Lager, der gesagt hätte, das dürfen die Ukrainer nicht.
00:14:58: Eigentlich soll es ja um den Frieden gehen.
00:15:00: Sie haben vor dreißig Jahren das Datenabkommen zum Bosnien Krieg mitverhandelt.
00:15:03: Wenn Sie auf damals schauen, funktioniert Diplomatie heute noch nach denselben Regeln?
00:15:08: Im Prinzip ja.
00:15:09: Ich kann Ihnen aus meiner Erfahrung als damalige sehr nett, dass Sie darauf hinweisen, als damaliger deutscher Chefunterhändler bei dem Versuch, diesen ja auch sehr blutigen Bosnienkrieg zu beenden, folgende leere Schildern, die ich persönlich aus diesen Verhandlungen mitgebracht habe.
00:15:31: Es ist was anderes, wenn Sie als Diplomat einen Vertrag schließen wollen über den Austausch von Kulturgütern oder über Zölle oder über Autoimporte oder Investitionen einerseits oder ob sie von Krieg zu Frieden verhandeln wollen.
00:15:50: Bei Verhandlungen von Krieg zum Frieden stellt sich zum Beispiel, das ist nur ein Element, für denjenigen, der den Krieg bisher geführt hat und der ihn jetzt beenden soll, eine Ganz schwierige Frage, die bei anderen Verhandlungen nie auftaucht.
00:16:04: Die Frage lautet im Falle von Putin.
00:16:06: Mal unterstellt, Putin beendet den Krieg.
00:16:09: Er könnte das ja jeden Tag machen.
00:16:11: Wie lautet dann seine Antwort an die russischen Mütter, die ihn nach der Beendigung des Kriegs fragen werden, war jetzt der Toten meines Sohnes.
00:16:20: Und wir sprechen hier ja wahrscheinlich von Größenordnung von einer halben Million oder so.
00:16:25: War das jetzt die Sache wert?
00:16:27: Mit anderen Worten.
00:16:28: Bei Verhandlungen von Krieg zum Frieden geht es auch um das persönliche Schicksal des jeweiligen Entscheidungsträgers.
00:16:35: Und deswegen ist das nicht so einfach wie Verhandlungen über Autozölle oder sonst was.
00:16:41: Hier geht es, wenn Sie so wollen, am Schluss auch um Putin selbst und seine politische Zukunft.
00:16:48: Und deshalb wird eine Verhandlungsbereitschaft, eine diplomatische Verhandlungsbereitschaft auf der russischen Seite erst in dem Augenblick tatsächlich greifbar werden, wenn im Kopf von Putin eindeutig und ohne Zweifel klar geworden ist, dass der weitere fortgesetzte Einsatz der eigenen militärischen Macht keinen Millimeter Fortschritt mehr bringt.
00:17:15: Und wir sind leider, stand September zwanzig, fünfzwanzig, nicht in einer Lage, in der Putin von seinem Generalstabchef.
00:17:24: So unterstelle ich das jetzt mal.
00:17:26: Die Mitteilung bekommt Herr Präsident.
00:17:28: Wir kommen nicht mehr weiter.
00:17:29: Am besten unterschreiben Sie den Zustand fest, den wir jetzt haben.
00:17:34: Ich fürchte, dass Stand heute der russische Generalstab nach wie vor dem Präsidenten jeden Tag eine Erfolgsmeldung liefert, dass hier noch mal fünfhundert Meter und da noch ein halbes Dorf dazugekommen sind.
00:17:48: Mit anderen Worten, wenn es der Ukraine gelingen sollte, diesen russischen Vormarsch vollends zum Erliegen zu bringen, dann steigen die Chancen, dass man in Moskau zu der Einsicht kommt.
00:18:03: Es bringt die Vorzüge des Kriegs uns nichts mehr.
00:18:08: Vielleicht ist tatsächlich jetzt der Punkt gekommen, den Zustand, den territorialen Zustand in der Ost-Ugreine tatsächlich festzuschreiben.
00:18:16: Da sind wir noch nicht und wir werden dorthin nur kommen, nach meiner Einschätzung, wenn die westliche Unterstützung der Ukraine nicht nur ununterbrochen, sondern noch verstärkt fortgesetzt wird, die Ukraine.
00:18:30: leidet an einer Asymetrie, was die Manpower angeht, also die Zahl der verfügbaren Soldaten.
00:18:35: Russland hat natürlich ein größeres Reservoir.
00:18:38: Das muss aufseiten der Ukraine in diesem Verteidigungskrieg ausgeglichen werden durch entsprechend massivere Ausrüstung mit modernster Munition, mit Aufklärung, mit allem, was man für die erfolgreiche Durchführung einer militärischen Verteidigungskampagne braucht.
00:18:55: Mir ist an Ihre Antwort aufgefallen, dass Sie jetzt ganz klar auf die beiden Seiten Ukraine und Russland hingewiesen haben.
00:19:01: Jetzt spielen die USA eine Rolle, spielt ein Donald Trump eine Rolle, der Dealmaker.
00:19:06: Und wenn ich Sie richtig verstanden habe, dann haben Sie ja auch ganz klar auf den Unterschied zwischen Deals und Friedensverhandlungen hingewiesen.
00:19:13: Ist das der richtige Weg, Donald Trump hier noch weiterhin einzubeziehen?
00:19:17: Ja, ich fürchte, ohne die USA geht es natürlich nicht aus der Sicht Russlands.
00:19:25: Das mag man, was ich jetzt sage, mag man kritisieren, mag man ver falsch halten.
00:19:29: Ich glaube aber, dass es so ist.
00:19:30: Aus der Sicht Russlands sind wir die europäischen Partner der USA, die Mitglieder der EU, oder wenn sie so wollen, die europäischen NATO-Mitglieder, nichts anderes als amerikanische Vasallen.
00:19:44: Aus russischer Sicht ist satisfaktionsfähig ausschließlich der amerikanische Präsident und deswegen war das für Russland eine so wunderbare Geburtstagstorte, dass der in Alaska mit Rotem Teppich und Applaus und Handshake eingeladen wurde.
00:20:01: Bestätigung der Weltmacht, Rolle, Verhandlungen oder zumindest Gespräche auf Augenhöhe mit dem amerikanischen Präsidenten.
00:20:11: Das ist das.
00:20:13: Worauf Russland hört oder was für Russland wichtig ist.
00:20:17: Und deswegen sind die bisherigen Versuche europäischer Führungspersönlichkeiten.
00:20:23: Macron hat ja auch verschiedentlich in den letzten Monaten versucht, den Kommunikats durch uns Draht mit Putin wieder aufzunehmen.
00:20:33: Deswegen sind diese Versuche eher dann ist er folglos geblieben.
00:20:37: Mit anderen Worten, wenn wir diesen Frieden ansteuern wollen, dann wird als ein Element auf der westlichen Seite es notwendig sein, dass die USA dieses Signal der Entschlossenheit mittragen.
00:20:52: Das könnte beispielsweise dadurch geschehen, dass das im amerikanischen Senat seit Monaten vorbereitete große Sanktionspaket, das unter anderem Senator Lindsey Graham und andere entwickelt haben, dass das vom Präsidenten nicht gestoppt, sondern vom Präsidenten tatsächlich unterschrieben wird.
00:21:12: Man könnte ja sogar soweit gehen zu sagen, wie wäre es denn, wenn der amerikanische Präsident dieses Sanktionspaket quasi unterschreibt und dann Putin anruft und sagt, ich gebe dir jetzt aber nochmal eine Chance, mir zu erklären, wann du genau den Krieg einstellst und deine Truppen zurückziehst.
00:21:29: Sonst geht dieses Sanktionspaket morgen in die Umsetzung und das wird erhebliche weitere Belastungen für die russische Wirtschaft und so weiter Nachsicht ziehen.
00:21:41: Ich glaube, also wir können selbst Wenn wir unglücklich sind über das bisherige amerikanische Zögern, wir werden diesen von uns erhofften Frieden vermutlich nicht ohne amerikanische Unterstützung zustande bringen können.
00:21:57: Deswegen ist es ganz wichtig, dass die europäischen Bemühungen so intensiv wie möglich fortgesetzt werden, die USA hier bei der Stange zu halten.
00:22:06: Es war bei diesem vergangenen Wochenende in der Ukraine immerhin General Kellogg, auf vorderster Front mit anwesend in Kiev, hat sich aktiv als der Ukrainebeauftragte des amerikanischen Präsidenten aktiv an den Diskussionen beteiligt.
00:22:23: Ich habe selbst einen Panel mit ihm und anderen moderiert.
00:22:28: Also Amerika hat sich ja jetzt nicht verabschiedet, aber Amerika zögert immer noch ein bisschen, den Druck zu verstärken.
00:22:35: Ich hoffe sehr, dass diese Druckverstärkung kommt.
00:22:38: Das wäre hilfreich.
00:22:40: für diese nächste und dann hoffentlich irgendwann mal letzte Runde.
00:22:43: Ich will nochmal zurückkommen auf die europäischen Bemühungen, die Koalition der Willigen, die da jetzt vorangestellt wird.
00:22:50: Ist das aus Ihrer Sicht der richtige Schritt?
00:22:51: Ich kann nicht erkennen, welcher Schritt ein besserer wäre.
00:22:55: Also ich persönlich bin natürlich ein gläubiger Anhänger der Theorie, dass die Europäische Union und ihre institutionellen Gegebenheiten wichtige Güter sind, die wir fördern und weiter nach vorne bringen sollten, aber in dieser augenblicklichen Lage, in der zu Recht gesagt wird für Fragen der gemeinsamen Verteidigung angesichts dieses Angriffskriegen der Ukraine, da kann die Europäische Union als solche mit ihrem institutionellen Rahmen, mit ihren Entscheidungsmechanismen zwar eine wichtige Hilfeleistung erbringen.
00:23:31: Denken Sie mal an Finanzierung von Verteidigungsleistungen und so weiter.
00:23:36: Die eigentlichen strategischen Entscheidungen, die werden doch aber nur Sinn machen, wenn wir die nicht ohne das Vereinigte Königreich beispielsweise oder auch ohne die direkte Einbeziehung der USA vornehmen.
00:23:50: Und insoweit ist diese Koalition der Willigen einfach ein Ein notwendiges Vehikel, um diejenigen zusammenzubringen, die hier was mitzureten haben bzw.
00:24:02: was einbringen können, was militärisch auch Sinn macht, das war eigentlich die Königreich.
00:24:08: hat nicht nur erhebliche militärische Macht einzubringen, sondern gehört zu den wenigen Ländern, die ständigen Sitz im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen haben und außerdem sogar auch noch Nukleärmacht ist.
00:24:19: Soweit wäre es ganz, ganz falsch und sinnlos, den Versuch zu machen, zu sagen, das ist aber jetzt Sache des EU-Rats oder die EU-Ausmister oder Verteidigungsminister müssen das für sich alleine machen.
00:24:32: Nein, hier ist, glaube ich, vollkommen richtig gesagt worden.
00:24:36: In dieser Lage müssen wir die einbeziehen, die mitwirken können und wollen.
00:24:41: Und deswegen muss dieser Kreis etwas anders gezogen werden als die strenge Frage der Vollmitgliedschaft in der Europäischen Union.
00:24:51: Ich höre schon bei Ihnen auch raus, dass die Lage ja auch durchaus ernst ist.
00:24:55: Deswegen eine ganz persönliche Frage.
00:24:57: Was macht Ihnen denn trotz allem noch Hoffnung auf Diplomatie?
00:25:01: Also wissen Sie, es ist so.
00:25:03: In meinem Beruf, ich bin in den Diplomarschenberuf vor über fünfzig Jahren eingestiegen.
00:25:08: Ich war in meinen ersten Diplomarschenjahren, war ich Mitarbeiter der Vereinten Nationen in New York, bevor ich dann die deutsche Dienste trat.
00:25:16: Also ich habe das jetzt relativ lange betrieben dieses Geschäft.
00:25:20: Sie können diesen Beruf ... Das ist vielleicht ein bisschen anders als in manchen anderen Berufen.
00:25:25: Sie können diesen Beruf nicht ausüben, wenn sie nicht einen Grundoptimismus mitbringen.
00:25:31: Und der Grundoptimismus lautet, es gibt in der Außenpolitik, es gibt in den internationalen Beziehungen kein einziges Problem, was sozusagen kategorisch unlösbar ist.
00:25:44: Das ist mein erster Glaubenssatz.
00:25:46: In der Mathematik mag es Aufgaben geben, die bisher noch keiner gelöst hat, wo Preise ausgeschrieben werden, dass irgendein kluger Mensch die eines Tages löst.
00:25:55: In der Außenpolitik sind alle Fragen im Prinzip löstbar.
00:26:00: Manchmal braucht man dafür Zeit, manchmal braucht man dafür auch militärische Mittel, militärisches Backing, aber es ist alles löstbar.
00:26:09: Und dieser Grundoptimismus, der mich persönlich jedenfalls getragen hat, diese ganzen langen Jahre lang, Den habe ich auch in dieser Lage.
00:26:17: Ich glaube, das Problem wird gelöst werden.
00:26:20: Ich hoffe, dass wir in spätestens einem oder zwei Jahren sagen können, verdammt normal, warum hat dieser Krieg drei oder vier oder vierenhalb Jahre gedauert?
00:26:29: Warum waren wir nicht im Stande, den nach einem Jahr zu beenden?
00:26:33: Warum mussten so viele Menschen sterben?
00:26:35: Das hat man ja auch bei früheren Kriegen leider sagen müssen.
00:26:39: Wir haben es auch sagen müssen bei den Zunächst mal zwei, drei Jahre vergeblichen Versuchen, damals in den neunziger Jahren den Bosnien Krieg zu beenden.
00:26:49: Es ist dann aber gelungen.
00:26:51: Und deswegen bin ich optimistisch.
00:26:53: Das gelingt hier auch.
00:26:54: Und wir werden das Ergebnis sehen.
00:26:56: Hoffentlich nicht in Jahren, sondern eher in Monaten.
00:26:59: Wir haben das Gespräch begonnen mit Ihrer Reise nach Kiew.
00:27:03: Was werden Sie denn an nächsten Schritten noch im weiteren Vorlauf verfolgen, um diplomatisch in der Welt unterwegs zu sein?
00:27:10: Die Müscher-Sigkeitskonferenz wird sich natürlich in den nächsten Monaten dem Ukraine-Thema weiter verpflichtet fühlen.
00:27:17: Wir überlegen jetzt schon, in welcher Weise wir das Thema vielleicht an... anpacken können mit Blick auf die nächste große Münchner Sicherheitskonferenz im Februar.
00:27:28: Das ist ja gar nicht mehr so lange hin, aber jetzt ganz unmittelbar.
00:27:32: Wir sind im Augenblick in den letzten Stadien der Planung einer hochrangigen Konferenz, der Münchner Sicherheitskonferenz zum ersten Mal in Saudi-Arabien.
00:27:43: Wir haben in den letzten zehn, fünfzehn Jahren verschiedene Veranstaltungen durchgeführt in der Region.
00:27:49: Wir wollen damit einfach auch ein Zeichen setzen, dass uns diese Region nicht nur nicht egal ist, sondern dass wir, ich spreche ja nicht hier für die Bundesregierung, aber dass sozusagen Institutionen wie die Münster Sicherheitskonferenz sich große Sorgen machen über die massive Verletzung von Menschenrechten in der Region passiert ist und weiter passiert.
00:28:11: und wie wir eine Sicherheits- und Friedensordnung in dieser Region genauso befördern und promoten können.
00:28:19: Hoffentlich können wir da einen kleinen Beitrag leisten, wie wir das für uns hier in West- und Osteuropa für uns selber brauchen.
00:28:26: Da bleibt mir auf jeden Fall Ihnen viel Erfolg für diese Veranstaltung zu wünschen.
00:28:30: Ich bedanke mich für dieses aufschlussreiche Gespräch und vielleicht nimmt der eine oder die andere auch was von Ihrem unerschütterlichen Grundoptimismus mit.
00:28:39: Vielen Dank, Helschinger.
00:28:40: Ja, ich danke Ihnen sehr, Herr Götz.
00:28:41: Das hat mir sehr viel Spaß gemacht.
00:28:43: Danke Ihnen sehr.
00:28:44: Wieder hören.
00:28:47: Jetzt würde es mich natürlich wirklich interessieren, ob Sie diesen für mich überraschenden Optimismus von Wolfgang Ischinger teilen.
00:28:53: Schreiben Sie mir gerne an podcastatfaz.de.
00:28:56: Vielen Dank für die Mitarbeit an dieser Folge, an meine Kollegin Sandra Klüber.
00:29:00: Ich verabschiede mich an dieser Stelle.
00:29:02: Bis morgen.