F.A.Z. Podcast für Deutschland

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00:00:04: Willkommen im FAZ.

00:00:05: Podcast für Deutschland, es ist Donnerstag der thirteenth November, ich bin Michael Götz, schön, dass Sie dabei sind.

00:00:13: Mein Gast heute, Justus Bender, Politikredakteur der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung.

00:00:18: Er verfolgt die AfD seit ihren Anfängen, hat das Buch «Was will die AfD?» geschrieben und jetzt eine aktualisierte Neuausgabe vorgelegt, die es bis in die Bestsellerliste geschafft hat.

00:00:29: Wir sprechen über die Gegenwart dieser Partei, darüber, wie man ihre Wähler wirklich erreicht und warum Gefühle in der Politik vielleicht eine größere Rolle spielen, als wir denken.

00:00:42: Hallo Justus, herzlich willkommen mal wieder hier im Podcast.

00:00:44: Hallo, grüß dich.

00:00:45: Du warst vorgestern bei Markus Lanz, da sitzt dann Tino Krupala neben Vladimir Karamoza.

00:00:50: Ist das nicht eine absurde Situation?

00:00:52: Karamosa hat erzählt, wie der Kreml zweimal versucht hat, eben mit Novichok zu töten und wie er das gerade so überlebt hat.

00:00:59: Und da sitzt dann auf der anderen Seite ein AfD-Vorsitzender und nimmt Russland in Schutz und sagt so Sätze wie, mir hat Russland nichts getan.

00:01:07: Ja gut, der hat, Russland hat Herrn Karamosa zum Beispiel etwas getan.

00:01:11: Und wenn wir eine Demokratie sind, in der es auch so was wie Mitgefühl gibt und eine Verantwortung für Menschen, dann könnte man ja auch sagen, man kritisiert das und schützt Menschen.

00:01:20: Die

00:01:20: AfD steht es gerade bei um die fünfundzwanzig Prozent.

00:01:23: Krupala ist Vorsitzender einer Partei in einer funktionierenden Demokratie.

00:01:27: und trotzdem sagt er dann, wir sind die Präsidenten in Deutschland.

00:01:30: Ja, Wahnsinn, ne?

00:01:31: Also ich verstehe auch gar nicht, das ist ja dann letztlich ja auch ein handwerklicher Fehler als Politiker, dass man einen so grummen und schiefen Vergleich zieht, mit dem man ja auch nicht gewinnen kann.

00:01:41: Also ich meine, Herr Krupala wird von der Bundesregierung nicht vergiftet mit einem Nervengift, oder zweimal, ja, oder, oder.

00:01:49: aus dem Land oder inhaftiert und zu den zwanzig Jahren Sibirischem Lager verurteilt.

00:01:53: Also es ist ja völlig klar, dass das grotesk ist.

00:01:56: Ihr habt euch ja auch schon zwischendurch ganz schön angegangen, muss man sagen.

00:02:00: Wie ist es denn dann hinter den Kulissen davor und danach, wie begegnet man sich da?

00:02:04: Ja, da ist natürlich alles viel netter, weil natürlich auch der Druck dann nicht da ist und da unterhält man sich ziviler.

00:02:13: Aber es ist natürlich auch im Rollenverständnis eines Journalisten.

00:02:16: wenn ich ja nicht dazu da Herrn Kupalla anzugehen, sondern ich will was wissen von Herrn Kupalla und ich suche sozusagen ja auch seine Nähe dann in dem Sinne, dass ich gerne möchte, was er mir antwortet.

00:02:29: Und genauso ist es während der Sendung, was dann als kritisch erlebt wird, ist ja letztlich einfach nur der Versuch, es zu verstehen und eine Antwort zu bekommen, warum das alles so widersprüchlich ist.

00:02:41: Und habt ihr dann tatsächlich nochmal sozusagen in Anführungszeichen privat miteinander gesprochen?

00:02:44: Ja, genau.

00:02:45: Man sitzt da noch, es gibt ganz tolle Süßigkeiten bei Herrn Lanz in den Aufenthaltsräumen.

00:02:49: Was gibt's da?

00:02:50: Zum Beispiel Nappos.

00:02:51: Kennst du noch Nappos, diese dreieckigen, in Allofolie eingehölten Schokoladensnacks?

00:02:57: Erfängt

00:02:57: ganz toll.

00:02:59: Und dann redet man noch.

00:03:01: Das muss man vielleicht erklären.

00:03:03: Gerade Politikjournalisten führen oft Hintergrundgespräche mit Politikern.

00:03:06: Da einigt man sich darauf, was wir jetzt sagen.

00:03:09: Wir reden jetzt mal ganz offen, was wir jetzt sagen, das wird nicht zitiert.

00:03:11: Da schreibe ich keine Ticke drüber, da erzähle ich da noch nicht.

00:03:15: Deutschland drüber, sondern da redet man ganz offen und das ist oft erhellend.

00:03:19: meistens gar nicht so anders als das, was in der Öffentlichkeit gesagt wird, aber in Details kann, so bei anderen Parteien genauso, kann man dann mal ein bisschen offener reden.

00:03:30: Und genau, das haben wir noch gemacht dann.

00:03:32: Und das war nett offensichtlich.

00:03:33: Ja, genau, aber auch durchaus konfrontativ ähnlich wie in der Sendung.

00:03:38: Okay, da sind die Themen ja auch wirklich wild durcheinandergeflogen.

00:03:41: Da geht es in ganz kurzer Zeit um Tiergartenmord.

00:03:43: Plötzlich geht es um etwas Norden, dann um die angebliche Ermordung Appstiens.

00:03:47: Die USA versuchen, die russische Regierung zu stürzen.

00:03:50: Das hat man auf dem Maidan gesehen und darauf angesprochen, sagt Krupphala, der Maidan ist natürlich in der Ukraine.

00:03:57: spürt einem ja der Kopf.

00:03:58: Ja, und das ist ja auch etwas, was Herr Lanz dann an irgendeiner Stelle gesagt hat, man kommt gar nicht hinterher sozusagen.

00:04:04: Also, wenn es jetzt darum gehen würde, dann rationalen Diskurs zu führen und das alles gerade zurück oder überhaupt zu thematisieren, Herr Krupalla, stimmt das wirklich, was Sie da gerade gesagt haben?

00:04:14: Denn dann würde man gar nicht fertig werden oder man bräuchte fünf Stunden wahrscheinlich für die Nachbereitung.

00:04:18: Und dann muss man sich schon fragen, ob dieses Prinzip, das Herr Krupalla anwendet, nicht aus seiner Sicht sehr klug ist, dass er dann einen eine solche Verwirrung stiftet, dass letztlich alle, die rational unterwegs sind, irgendwann kapitulieren müssen und alle, denen das nur um ein Gefühl geht.

00:04:37: Man muss doch mal, wir wollen keinen Krieg mit Russern, man muss ein bisschen netter sein zu dem Putin oder so.

00:04:43: Auf dieser Ebene, da würde man dann wahrscheinlich sagen, das ist schon gut, was der Kropalla macht.

00:04:47: Der hat schon, der fühlt so wie ich, der ist auf dem richtigen Weg.

00:04:52: So ist das erklärbar, weil wenn es Herrn Kropalla um eine rationale Position gehen würde, müsste er ja auch sagen, um Gottes Willen, was habe ich getan, ich habe nur Verwirrung gestiftet.

00:05:01: Die Sendung hat jetzt noch einen ganz anderen Streit auch befeuert.

00:05:04: Seit Anfang der Woche geht es um die Russland reisen von AfD-Abgeordneten, dazu hören wir gleich mal AfD-Chefin Weidel in einem U-Ton.

00:05:13: Ich selbst würde dort nicht hinreisen, ich würde es doch niemandem empfehlen, weil ich nicht weiß, was letztendlich das Ergebnis sein

00:05:19: soll.

00:05:19: Krupalla hat sich dabei ganz anders geäußert und zwar so.

00:05:23: Ich sehe keine Gefahr für Deutschland aktuell.

00:05:25: durch Russland.

00:05:26: Was passiert da gerade in der AfD?

00:05:28: Ja, das sind alte Kräben sozusagen, die da wieder aufreißen.

00:05:31: Also Frau Weidel fand das schon immer komisch, dass da ständig AfD-Politiker nach Russland wollen und sie sieht, glaube ich, das nicht so moralisch, sondern eher als strategisches Problem, das so nach dem Motto das bringt uns jetzt nicht weiter, also irgendwie als Partei.

00:05:47: Das schafft ja eher so eine Debatte zum Beispiel über Vaterlandsliebe.

00:05:51: Also jemand, der wirklich für Deutschland einsteht.

00:05:55: kann ja nicht hergehen und bei einem Land, in dem auch über einen Krieg gegen Deutschland gesprochen wird, auf hoher Ebene, dann da so freundlich sein.

00:06:03: Also das ist einfach, wir sind doch alle zuerst mal Deutsche, und dann können wir uns aufteilen in der eine Welt AfD, der andere CDU oder was so immer.

00:06:12: Und gerade das steht ja dann in Frage, wenn Herr Kupalla so redet, wie er redet, oder wenn Leute dann nach Moskau fliegen und wirklich Harne Büchner Sachen sagen und letztlich hier auch lästern über ihr Heimatland.

00:06:22: Also Herr Kupalla war schon im Kreml und hat dann gesagt, ja, in Deutschland, die Systemmedien, das ist alles ganz schrecklich.

00:06:29: Und ich meine, der ist da in der Diktatur, ja?

00:06:31: Und genau.

00:06:31: Und ich glaube, Frau Weidel sieht das Problem und will das ein bisschen eindämmen und muss aber schauen, dass sie nicht so weit geht.

00:06:39: natürlich, aber das ist ein Konflikt zwischen den beiden.

00:06:42: Und das gibt ja diese Russland-Näh einerseits, dann gibt es aber auch diese Nähe zu Trump auf der anderen Seite, vor allem auch von Frau Weidel.

00:06:51: Wie geht das zusammen oder geht das jetzt eben nicht mehr zusammen?

00:06:53: Ja, also das war ja nur früher ein Widerspruch, als Amerika noch der Hort der liberalen Freien Welt war, also der Führer der Freien Welt war, der amerikanische Präsident.

00:07:03: Das ist ja nicht mehr so sehr Trump im Amtes.

00:07:06: J.D.

00:07:06: Vance, seinen stellvertreter, flirtet offen mit illiberalen Vordenkern.

00:07:11: Patrick Z.B.

00:07:13: ist so einer, der sagt, der Liberalismus ist gescheitert und die träumen alle von einer postliberalen Ordnung.

00:07:18: Und wie das, was wir sehen, die Angriffe auf amerikanische demokratische Institutionen, ist tatsächlich der Versuch, eine postliberale Ordnung zu schaffen.

00:07:26: Und da ist es natürlich dann kein Widerspruch mehr, dass man Putin, China und Trump und alle, dass man mit allen so ein bisschen per du ist und da auch Sympathien hat.

00:07:38: Denn die Gemeinsamkeit ist der Anti-Liberalismus und den vertreten viele in der AfD genauso.

00:07:45: Und ist das jetzt ein klarer Strategiewechsel, der stattfindet in der AfD?

00:07:48: Also, bei der AfD muss man mal aufpassen, das ist aber vielleicht auch in allen Parteien so.

00:07:52: Da sitzen ja nicht immer fünf Leute zusammen und entwerfen jetzt so eine Gesamtstrategie für die Partei, sondern vieles kommt einfach aus der Basis oder auch mit Rücksicht auf die Basis und einfach auch dynamische Prozesse.

00:08:04: Und dann ist ja irgendwie klar, früher, wenn man sich aufgeregt hat als AfD-Anhänger, dass die Regenbogenfahne über den Bundestag weht, fand man vielleicht die russische Gesellschaft.

00:08:14: auf toll, weil über der Duma wählt die Regenbogenfahne auf jeden Fall schon mal nicht.

00:08:18: Und jeder, der sie trägt, wird sofort verhaftet.

00:08:20: Insofern ist es dann vielleicht auch so ein bisschen natürliche Bewegung, dass wenn jemand wie Trump gewählt wird und dann kommt JD Vance nach München und sagt, hier gibt es keine Meinungsfreiheit und ihr müsst mal der AfD helfen.

00:08:32: Und auch wenn AfD-Vertreter im weißen Haus sind, werden die umgarnt und wird denen geschmeichelt und so.

00:08:37: Und dann ist ja irgendwie klar, dass dann auch an der AfD Basis und auf allen Ebenen in der Partei dann so ein Sympathie entsteht und eine Neuausrichtung, sozusagen geostrategisch.

00:08:49: Und Krupalla bekommt aber jetzt schon ganz schön viel Gegenwind auch aus der eigenen Partei, was das angeht.

00:08:53: Ja,

00:08:54: also zum Beispiel der verteidigenpolitische Sprecher Brüdiger Lukassen hat ihn jetzt kritisiert, muss man aber dazusagen, das macht Lukassen eigentlich schon immer, der war mal NATO-Offizier und als dann AfD-Vertreter, ich glaube der Anders war damals eine Radiosendung, irgendjemand war im russischen Radio und hat da irgendeinen Quatsch erzählt, also aus Sicht von Herrn Lukassen.

00:09:12: Und da war er bei Markus Lanz damals und hat vom Verrat am deutschen Volk gesprochen.

00:09:19: Also da hat einfach diese NATO-Offizierhaltung, wer da mit Russland kooperiert, der verrät unsere Sicherheitsinteressen.

00:09:26: Und genauso hat er das jetzt wieder kritisiert, dass Herr Krupalla meinte, Polen sei ja auch eine Bedrohung für Deutschland.

00:09:33: Russland ist eine Bedrohung, Polen ist auch eine Bedrohung.

00:09:36: Meint er, völliger Quatsch, ein NATO-Partner.

00:09:38: Also, wir kooperieren mit denen.

00:09:42: Es ging ja auch darum, dass die AfD immer mehr kleine Anfragen im Bundestag stellt.

00:09:47: Genau, ja.

00:09:48: Und ganz besondere Anfragen.

00:09:50: Das kann jeder mal googeln und sich anschauen.

00:09:53: Das sind dann seitenweise Fragen zu Details der deutschen Drohnenabwehr, zum Beispiel.

00:09:59: Aber so ganz spezielle Details, wo man sich fragt, warum wollen die das eigentlich wissen?

00:10:04: Wie viele Bodenkontrollstationen hat die Bundeswehr für ihre Drohnen?

00:10:08: Welche Strategie ist geplant, wenn ein Drohnenangriff aus dem Ausland kommt, also aus Russland, oder auch so zu Sabotage-Akten in der Ost?

00:10:16: an deutschen Marine-Schiffen.

00:10:18: Da gibt es immer mal so komische Vorfälle, die Russen machen in der Ostsee ja viele Provokationen.

00:10:23: Und dann wollen die wissen, welche internen Meldesysteme gibt es eigentlich, wenn ein Sabotageart passiert und wie reagiert man auf einen Sabotageart?

00:10:29: Also alles wirklich Sachen, wo es sicherlich im FSB eine Abteilung gibt im russischen Geheimdienst, die genau solche Fragen natürlich erruieren, weil sie wissen müssen, wie die Gegner strukturiert sind und zu was sie imstande sind.

00:10:43: Und solche Fragen stellt die AfD also seitenweise.

00:10:45: und die Bundesregierung soll antworten.

00:10:48: Es ist einfach eine Irritation, weil man sich nicht vorstellen kann, wenn die Antwort kommt, dann gibt der AfD Abgeordnete eine Pressemitteilung raus.

00:10:55: Wir haben es immer schon gewusst, das interne Melso-System für Sabotage-Aktien in der Ostsee ist schlecht.

00:10:59: Das interessiert die doch gar nicht.

00:11:01: Es geht doch irgendwie um Asyl, Migration, was auch immer.

00:11:04: Aber es geht doch nicht um so was.

00:11:05: Warum wollen die das wissen?

00:11:07: Ich weiß die Antwort nicht.

00:11:08: Ich weiß nicht, warum die das wissen wollen.

00:11:09: Ich weiß es auch nicht, sonst könnte ich jetzt beantworten.

00:11:12: Kropallers Argumentation ist ja, dass die Bürger, die Sorgen haben, die Militärfahrzeuge gesehen, dass die beruhigt werden.

00:11:18: Aber ich glaube nicht daran, dass die das in den kleinen Anfragen Antworten lesen.

00:11:22: Ja, ja.

00:11:23: Also da ging es nämlich darum, dass die in Thüringen gefragt haben, die Waffentransporte in die Ukraine.

00:11:29: Wo machen die eigentlich ihre Zwischenstops?

00:11:31: Wo man sich denken würde, das wüsste der FSB auch gerne, dann würden die einen

00:11:35: Sabotageakt begehen,

00:11:36: dann würden die vielleicht mal die Gleise sprengen oder würden Gaps auf einmal einen Kabelbrand in dem Schienenabschnitt oder so.

00:11:45: Und dann hat sogar der Abgeordnete, der das gefragt hat in Thüringen, als es einen Aufschrei gab, gleich noch eine kleine Anfrage hinterhergeschickt, wo denn das Problem sei aus Sicht der Landesregierung, warum er das denn nicht fragen dürfe.

00:11:57: Und ich meine, da muss man gar nicht die Antwort abwarten, dann kann man ihm doch einfach... einfach klar sagen, das ist halt genau das, was der russische Geheimnis gerne wissen würde.

00:12:05: Ja,

00:12:06: ich würde hier mal einen Cut machen und nochmal auf dein Buch eingehen.

00:12:08: Du beobachtest die AfD schon wirklich lange, lange Zeit, seit deren Beginn.

00:12:13: Du hast in deinem Buch, Was Will die AfD von zwei Tausend Siebzehn Entwicklungen beschrieben, die jetzt ja auch mit einigen Unschärfen vielleicht aber im Groben eingetreten sind.

00:12:23: Was hatte ich dazu bewegt, das Buch noch mal neu aufzulegen?

00:12:26: Ich hatte das Gefühl, man kann das immer noch lesen.

00:12:29: Das war damals auch angelegt nicht als aktuelle Aufstatt, sondern ziemlich zeitlos.

00:12:33: Da sind Kapitel drin, die sich fast philosophisch mit diesem Phänomen beschäftigen.

00:12:39: Das sind natürlich ganz andere handelnde Personen damals gewesen.

00:12:42: Die kennt man heute zum Teil gar nicht mehr.

00:12:44: Aber das Grundprinzip hat sich eben nicht verändert.

00:12:46: Die Partei war auch in ihren Anfängen sehr offen dafür, dass man reingeht und sie versteht.

00:12:52: verschlossene, also gerade die Anfangsjahre sind irgendwie wertvoll für das Verständnis, ja.

00:12:56: Deswegen kommt es jetzt nochmal auf den Markt.

00:12:58: Also es gab jetzt schon einige, die es gekauft haben, deswegen war es in der besteller Liste, aber ich freue mich natürlich über das Interesse.

00:13:03: Klar.

00:13:04: Du hast aber das Buch nicht einfach nochmal so neu rausgegeben, sondern es gibt auch ein neues Kapitel.

00:13:09: Genau.

00:13:09: Und da geht es unter anderem auch da drum, ja, wie die unterschiedlichen Strategien zum Umgang mit der AfD aussehen.

00:13:17: Da wurde ja viel ausprobiert.

00:13:19: die Ängste ernst zu nehmen, Fakten zu checken.

00:13:21: Dann gab es diese Einstufung durch den Verfassungsschutz.

00:13:24: Warum verpufft das alles?

00:13:25: Ja, weil letztlich das nicht die Wurzel trifft.

00:13:29: Und die Wurzel ist eben irrational.

00:13:31: Also, wenn ich sowas sage, klingt das irgendwie, als wollte ich AfD-Anhänger beleidigen.

00:13:36: Ich finde, dass auch andere politische Strömungen oft irrationale Beweggründe haben.

00:13:40: Also, grünen Wähler sind oft sehr offen für neue Erfahrungen und sind ... Also, wenn dann ... und Flüchtlinge kommen dann sagen die toll, das erweitert das gastronomische Angebot in den Innenstädten oder was auch immer.

00:13:53: Also das kann man dir dann auch sagen, das ist irrationale, das ist naiv oder so.

00:13:56: Also ich will gar nicht jetzt AfD Anhänger da irgendwie pathologisieren, aber es ist wirklich meine Überzeugung, dass es ein irrationales Phänomen ist und deshalb ist es auch so widersprüchlich.

00:14:07: Mir wird natürlich dann als Journalist dann oft vorgeworfen Lügenpresse, das finde ich ja toll, wenn es ein Interesse gibt an der Qualität von Journalismus, da bin ich sofort dabei darüber zu diskutieren.

00:14:18: Wir sind auch selbstkritisch als Journalisten.

00:14:20: Aber was die Leute machen, ist, sie weichen aus auf andere Medien, die so was von einseitig sind.

00:14:27: Die letztlich nur Propaganda machen.

00:14:29: Es ist kein Journalismus, was die machen.

00:14:32: Das ist zum Beispiel so ein Widerspruch.

00:14:33: Das ist rational nicht vereinbar.

00:14:35: Es ist nur rational verstehbar, wenn man denkt, da ist eine Emotion die Ursache und nicht ein Gedanke.

00:14:42: Du hast auch geschrieben, dass wir ... uns fragen, was gegen den Erfolg der AfD hilft.

00:14:48: nicht wehen wir das Fragen.

00:14:49: Und wir uns also mehr mit den potenziellen oder wirklich tatsächlichen AfD-Wählerinnen und Wählern beschäftigen.

00:14:55: Und du gehst auf den Psychologen Harald Schön ein, der Persönlichkeitsbeobachtung und Wahlverhalten untersucht.

00:15:00: Ja, genau.

00:15:01: Und genau das mit wehen wir das Fragen, das finde ich einen ganz wichtigen Punkt.

00:15:04: Denn natürlich fragen wir das letztlich die AfD-Anhänger.

00:15:07: Also wir warten ja immer drauf, dass, weiß ich nicht, Friedrich Merz hat auf einmal eine neue Strategie und er halbiert die AfD und dann Freuen sich alle, die die AfD nicht mögen.

00:15:19: Und worauf wir eigentlich warten, ist das dann die Hälfte dieser AfD-Anhänger sagt.

00:15:23: Jetzt habt ihr uns aber überzeugt.

00:15:24: Also das hatten wir noch nicht bedacht.

00:15:26: Vielen Dank, wir haben gerade unsere Meinung geändert.

00:15:29: Und diese AfD-Anhänger sind eben nicht so rational, dass sie einfach einen Interesse haben, z.B.

00:15:35: an einer anderen Migrationspolitik.

00:15:37: Und diese Bundesregierung, die wir gerade haben, hat gerade die Asylzahlen seit ihrem Amtsantritt um fünfzig Prozent gesenkt.

00:15:44: Sie haben die halbiert einfach.

00:15:46: aus Sicht der AfD-Anhänger einen riesen Erfolg sein.

00:15:48: Darauf warten die seit Jahrzehnten.

00:15:51: Und es hat natürlich überhaupt keine Wirkung, eben weil diese AfD-Anhänger eine Bestrafungsabsicht haben.

00:15:56: Also die durchschauen das, wie alle versuchen sie zu überzeugen und alle locken sie und was auch immer.

00:16:01: Und der März tönt, ich werde euch halbieren.

00:16:04: Uns entscheiden sich bewusst dazu, wir lassen uns nicht zurückgewinnen.

00:16:07: Wir werden es euch zeigen.

00:16:10: Wir werden die Altparteien vernichten.

00:16:11: Wir werden die ganzen den öffentlich-rechtlichen Rundfunk, die ganzen Zeitungen gehen, die ganzen Lehrer an den Schulen, die im Politikunterricht schlecht über uns reden sollen, ihren Job verlieren und so ist die Liste sehr lang Lehrer, die bestraft werden sollen.

00:16:25: Und so jemanden kann man also nicht mit einem Zugeständnis einer im gesinnten Politik sozusagen zurückholen.

00:16:32: Aber was ja schon ein Punkt ist, ist, dass wir, die wir sagen, hey, wir würden euch gerne von was anderem überzeugen oder wir werden gerne mit euch da in Kontakt trinken, dass wir uns mit den Leuten, die die AfD wählen, beschäftigen und du hast da eben den schon angesprochenen Psychologen halt schön eingebunden.

00:16:49: Genau.

00:16:49: der sich mit Persönlichkeitsforschung und Wahlverhalten beschäftigt.

00:16:53: Was kam denn dabei

00:16:54: raus?

00:16:54: Genau, und das ist interessant.

00:16:56: Man kann also die Persönlichkeitsmuster messen einfach von Leuten.

00:16:59: Und da kommt schon, was ich eben schon in die Grünen gesagt habe, heraus.

00:17:01: Oder Leute, die sehr empathisch sind, die wählen dann SPD, weil sie ein Mitleid haben.

00:17:07: Und dann helft den Arm und so weiter.

00:17:09: Und bei der AfD kam eben raus, dass sie einen ganz, ganz stark gesteigerten Ordnungssinn haben.

00:17:14: Also die wollen, dass alles ordentlich ist.

00:17:16: Würde man ja auch denken.

00:17:17: Es

00:17:17: ist ja auch erst mal nicht schlecht.

00:17:19: Genau, alle Konservativen, also auch Unionsanhänger, haben steigerten Ordnungen, sind die AfD-Leute noch ein bisschen mehr als ein Unionsanhänger oder viel mehr sogar.

00:17:26: Dem kann ich auch was abgewinnen.

00:17:28: Und dann haben sie noch eine andere Charaktereigenschaft, die Unionswähler zum Beispiel nicht haben.

00:17:31: Und das ist der Neurotizismus.

00:17:33: Klingt auch so pathologisierend.

00:17:36: Neurotisch als wären die psychisch krank.

00:17:38: Die sind überhaupt nicht psychisch krank, sondern die sind emotional ein bisschen instabiler.

00:17:42: Die sind sehr empfänglich für Emotionen und auch für Ängste zum Beispiel.

00:17:48: So jemandem sagt, es kommen jetzt übrigens jedes Jahr ein paar Hunderttausend Flüchtlinge, dann sagen die Grünen Anhänger, das kann doch toll sein, Mensch, mal was Neues.

00:17:57: Und die sagen eher um Gottes Willen.

00:17:59: Und wenn dann noch eine Angela Merkel sagt, wir schaffen das schon, kein Problem, dann sagen im Gottes Willen, diese Frau hat nicht verstanden, was ich fühle.

00:18:08: Das ist eine Gefahr ist für mich.

00:18:09: Genau,

00:18:10: die hat nicht verstanden, die ist diametral anders drauf als ich.

00:18:14: Und was Harald Schoen auch betont, Wähler wählen und... Menschen, die ihnen ähnlich sind.

00:18:19: Also, wenn man ängstlich ist, wähle ich nicht den, der mutig vorangeht, sondern ich wähle jemanden, der sagt, ich habe auch Angst.

00:18:26: Und wir müssen eine Politik machen, die diese Angst gerecht wird.

00:18:29: Es ist ein bisschen, ich finde das immer ein gutes Beispiel, wenn man Höhenangst hat und man möchte nicht in so eine Gondel steigen in den Alpen und dann erzählt einem irgendso ein kluge Heini, ja, aber das haben die Ingenieure alles durchgerechnet.

00:18:40: Guck mal, das ist arm dick, das Stahlseil, das kann fünfzigtausend Tonnen tragen, was weiß ich, ne?

00:18:46: Das hilft überhaupt nicht.

00:18:47: Wenn man Angst hat, hat man Angst.

00:18:50: Und das ist so der Vergleich.

00:18:51: Du schlägst ja vielleicht auch aus dem Grund sowas wie ein Wörterbuch AfD-Deutsch, Deutsch-AfD vor.

00:18:55: Genau, ja.

00:18:56: Und das ist überhaupt ja nicht humoristisch gemeint

00:18:59: an der Stelle,

00:19:00: sondern das ist ja wirklich sowas wie der Emotionen-Übersetzer, oder?

00:19:03: Ja, genau.

00:19:04: Also man muss mal verstehen, was wir eigentlich machen, wenn wir zum Beispiel sagen, die AfD ist gesichert, rechtsextrem, man darf sie nicht unterstützen aus dem radischen Kunden.

00:19:16: Dann ist das rational gesehen eine völlig richtige Aussage.

00:19:19: Ich finde auch diese Einstufung wirklich rechtfertigt und so weiter.

00:19:23: Aber aus Sicht eines AfD-Anhängers, der diese Angst hat, bedeutet das ja eigentlich nur, wenn er seine Angst äußert, dann sagt ihm jemand, das ist falsch.

00:19:33: Das bedeutet nur, er kann sich nur fremd fühlen und kann in jedem, der auf einmal ihn spiegelt und sagt, nein, deine Angst ist nicht falsch.

00:19:42: Du bist bei uns in einem Kreis von Menschen, die genauso fühlen wie du.

00:19:46: Diese Person ist ja dann ... auf einmal unglaublich dort aufgehoben und kann sich dort heimisch fühlen und so weiter.

00:19:52: Also, wenn man anfängt, Dinge aus irracionalistischer Sicht zu betrachten, dann macht das alles auf einmal viel mehr Sinn, sozusagen das Verhalten der AfD-Anhänger, warum sie auch nicht erreichbar sind für Argumenten und so.

00:20:01: Und das lohnt sich wirklich, finde ich, mal so auf das Problem zu blicken.

00:20:04: Und würdest du auch sagen, heute ist Politik mehr Bauchgefühl als Kopfsache?

00:20:08: Ja, es würde ich sagen, weil sich die Medienlandschaft so verändert hat.

00:20:11: Als ich aufgewachsen bin, hieß es immer, die Leute sind alle Couchpotatoes, hocken vor der Glotze und gucken, weiß nicht, Arabella-Kies.

00:20:17: im Nachmittag.

00:20:19: Und heute sitzen alle vor TikTok.

00:20:21: Und zwar auch nicht mehr nur die junge Generation und nicht mehr nur Tanzvideos, sondern ganz viel politisches.

00:20:27: Und man kann das ein bisschen vergleichen.

00:20:29: Früher war es klug für ein Politiker, wenn z.B.

00:20:32: ein Anschlag passiert ist, zu sagen, jetzt wartet erst mal, wir haben noch nicht ermittelt, wir machen jetzt erst mal nichts und so weiter.

00:20:39: Und was das jemandem sagt, der so jetzt gewöhnt ist, auch Emotionen gespiegelt zu bekommen, ist ja eigentlich nur deine Angst, die du hast.

00:20:46: was du gerade gesehen hast im Fernsehen, ist falsch.

00:20:49: Du sollst jetzt nicht Angst haben.

00:20:51: Wir warten die Ermittlungen ab.

00:20:53: Und die Konkurrenz ist eben ganz anders.

00:20:56: Die Konkurrenz ist sofort ein TikTok-Video.

00:20:58: Alice Weidel, ich habe auch Angst.

00:21:00: Und das kann doch nicht wahr sein und so weiter.

00:21:02: Und wir müssen uns einfach mit der neuen Medienlandschaft irgendwie vertraut machen.

00:21:05: unter den unter- und-zwanzig-Jährigen.

00:21:08: Ich hoffe, ich habe unter- und-zwanzig-Jährigen wählt die Hälfte entweder AfD oder Linke.

00:21:16: Die Linke hat ihren Erfolg, Social Media zu verdanken, TikTok, InstaReals.

00:21:22: Die können das gut, das passt auch zum Medium.

00:21:25: Das ist also keine Frage von links und rechts, sondern einfach nur eine Frage, wie kommuniziert man mit den Bürgern?

00:21:30: Jetzt hat ja auch die CDU CSU ganz klar als gefährlichsten Gegner sozusagen die AfD ausgemacht.

00:21:37: Wer ist denn der gefährlichere Entgegner für die AfD?

00:21:40: Wenn man es andersrum aufdrüsselt, ist es Merkel oder Merz?

00:21:43: Ich würde denken Merz, weil er emotionaler ist.

00:21:47: Das ist deshalb eine strittige Meinung, weil er natürlich auch Fehler macht, weil er so emotional ist.

00:21:52: Also diese ganzen Sachen, die ihm vorgehalten werden, die Pashas und das Stadtbild und was nicht alles, das sind ja alles Dinge, die er spontan macht, weil er gerade ... Ein Gefühl halt oder auch ein Gedanken oder was soll man.

00:22:04: Also ist ein spontaner Emotionalement und der ist natürlich in viel ässerer Weise geeignet.

00:22:10: Zum Beispiel auch für Social Media.

00:22:12: Das ist nicht so schlecht, was er auf TikTok macht im Unterschied zu Olaf Scholz.

00:22:15: Das war eine Katastrophe und Angela Merkel wäre auch völlig ungeeignet.

00:22:19: Das sind eben rein rationale Kopfmenschen, Merkel promovierte Quanten, Chemikerin und Olaf Scholz, der Scholz-Somat.

00:22:29: Das sagt schon alles.

00:22:30: Genau, also da ist er eigentlich ganz gut geeignet.

00:22:32: Bundeskanzler sind jetzt natürlich Führungsfiguren.

00:22:35: Ich will noch mal auf ein ganz anderes Thema raus.

00:22:38: Du hast auch einen Text geschrieben zur aktuellen Mittelstudie.

00:22:40: Da heißt es gerne, hätten fünfzehn Prozent der Deutschen einen Führer, der uns, Zitat, zum Wohle aller mit starke Hand regiert.

00:22:49: Wer sind diese Leute?

00:22:50: Ja, erstaunlich.

00:22:51: Es ist im Osten stärker traditionell, auch unter Arbeitern, auch unter Arbeitern die AfD wählen.

00:22:58: Aber es ist natürlich nicht so, wenn man das so sagt, es gibt natürlich auch... westdeutsche Großstadtakademiker, die Grüne wählen, die auch so einen autoritären Impuls haben.

00:23:08: Also es gibt einfach, wir leben in einer Zeit, in der der Liberalismus ein bisschen auf dem absteigenden Ast ist.

00:23:15: Und mit Liberalismus meine ich nicht FDP oder so, sondern wirklich die grundsätzliche Frage, ob wir in einer freiheitlichen Ordnung leben wollen.

00:23:22: Und es gibt immer mehr Leute, auch zum Beispiel, wie weiß ich, bei den Klimaschützern oder so, die sagen, okay, hier geht es wirklich um die Wurst.

00:23:28: Und wenn da alle nicht mitmachen, dann verbieten wir, die SUV ist, dann verbieten wir, die ist Inlandsflüge.

00:23:33: Und so weiter.

00:23:33: Wir leben in einer Zeit, in der da gerade etwas wieder kommt, so eine Sehnsucht nach jemandem, der klar Schiff macht.

00:23:42: Ich habe wirklich tatsächlich, auch nachdem ich deinen Text gelesen habe, mal überlegt, ob ich irgendeinen Punkt finde daran, den ich gut finden kann, eine Diktatur zu haben.

00:23:52: Ich habe tatsächlich einen gefunden.

00:23:52: Ich bin manchmal wahnsinnig ungeduldig.

00:23:55: Also, das ist auch tatsächlich das Einzige, was ich gefunden habe, muss ich sagen.

00:23:59: Aber Diktaturen sind vielleicht besser für Ungeduldige.

00:24:01: Ja, ja, stimmt.

00:24:03: Und sie sind auch im Systemwettbewerb.

00:24:06: Also früher waren die Volkswirtschaften, die liberal waren, also einfach von der Wirtschaftsordnung her, waren viel, viel erfolgreich, die waren einfach reicher dann, die hatten den Metzee, das die anderen nicht.

00:24:15: Und heute ist man nicht mehr so sicher, weil die Chinesen, das ist schon unglaublich, was da passiert.

00:24:21: Und das ist schon ein bisschen moderner in Shanghai.

00:24:25: als hier in Frankfurt bei uns oder so.

00:24:26: Also dieser Systemwettbewerb ist jetzt völlig neu ausgerufen sozusagen.

00:24:31: und früher waren dann noch viele Entwicklungsländer, wollten liberal, werden auch in demokratischer Hinsicht, weil das eben wirtschaftlich ein Erfolg versprach und heute natürlich nicht mehr.

00:24:41: Oft wird da ja auch dann noch dazu Freiheit versprochen.

00:24:45: Aber eigentlich ist ja relativ klar, dass man die Freiheit einschränken muss, um eine Dekatur zu haben.

00:24:49: Ja, genau.

00:24:50: Es ist ein schöner Widerspruch.

00:24:51: Warum reden eigentlich alle Antiliberalen von Freiheit, also diesen ganzen Rechtspopulisten?

00:24:55: Und das ist deshalb, weil der Liberalismus eine Paradoxie hat.

00:24:59: Der Liberalismus befreit uns ja von diesen ganzen Zwängen, also keine Ahnung.

00:25:04: Wenn ich homosexuell wäre, dann würde in der alten Zeit, in den Fünfzig Jahren, hätte mir die katholische Kirche, die Familie, die Kultur und alle möglichen Leute hätten mir das verboten.

00:25:13: Heute im Liberalismus.

00:25:15: Ich könnte mich frei ausleben und so ist es mit allen anderen Sachen.

00:25:18: Und weil es diesen Freiraum gibt, muss der Staat, der Liberale Staat irgendwann anfangen, Dinge dann staatlich zu regeln.

00:25:24: Es gibt jetzt noch eine Debatte in Deutschland, ob wir das Cat-Calling gesetzlich verbieten sollen.

00:25:29: Cat-Calling ist, wenn ein Bauarbeiter einer Frau hinterherpfeift auf der Straße.

00:25:32: Da hätte man früher gesagt, es gehört sich einfach nicht.

00:25:35: Also lasst das.

00:25:36: Und in der liberalen, in der völlig liberalen Gesellschaft ist uns doch egal, was sich gehört.

00:25:41: Also man macht, was man will.

00:25:42: Deswegen geht der Staat daran.

00:25:44: und fängt dann an, Dinge zu regeln, die die Leute als übergriffig empfinden.

00:25:47: Die sagen dann, natürlich ist das nicht in Ordnung, wenn der Bauwart hinterherpfeift, aber das geht jetzt so weit, wenn wir da ein Gesetz machen.

00:25:54: Also es gibt das Gefühl, Heizungsgesetz, diese ganzen Debatten, die wir erleben, dass der Staat übergriffig wird und Dinge regelt, die er nicht regeln sollte.

00:26:02: Und davon versprechen uns die Antiliberalen eine Befreiung.

00:26:06: Denn die sagen, wir führen wieder den Fünfzigerjahr ein.

00:26:09: Da war das ... Ich weiß nicht, in der patriarchalen Ordnung, die Frau, der hinterhergepfiffen wird, die erzählt das ihrem Mann oder Vater und der geht hin und kloppt sich mit den Bauarbeitern.

00:26:19: So stelle ich mir die fünfzehn Jahre vor.

00:26:24: Und das größte Problem daran ist natürlich nicht die Rückkehr in den fünfzehn Jahren.

00:26:28: Das ist auch eine demokratische Gesellschaft.

00:26:30: Aber die Rechtspopulisten, die das versprechen, die haben natürlich dann, wenn sie gewählt würden, ein repressives Mandat.

00:26:36: Also die sind dann dazu gewählt die Liberale.

00:26:40: zu unterdrücken, die liberalen Kräfte in der Gesellschaft, also die müssen aufräumen repressiv und das ist sofort eine Diktatur.

00:26:46: Ja, es ist sofort.

00:26:46: dann die freie Presse weg, Meinungsfreiheit weg und so weiter.

00:26:50: Und genau, das ist die Paradoxie, sozusagen die Liberalen werden als übergriffig empfunden und die Anti-Liberalen als Freiheitskämpfer.

00:26:57: Und würdest du sagen, unsere Regierung macht einen Fehler, wenn sie versucht, Gesellschaftsversagen mit Politik aufzufangen?

00:27:04: Ja, also es ist natürlich so, dass vielleicht wirklich Lücken entstehen, in der Gesellschaft, die man regeln muss.

00:27:10: Das ist sozusagen eine tragische Situation auch.

00:27:14: Ich würde empfehlen, jetzt nicht den Antiliberalen noch mehr Futter zu liefern für ihre Rhetorik.

00:27:21: Denn das Fortbestehen unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung ist für mich wichtiger als alles andere eigentlich.

00:27:27: Also wichtiger als die Frage, wie weltoffen sind wir in der Syrpolitik?

00:27:34: Sondern da geht es jetzt echt um die Wurst, dass wir dieses System bewahren.

00:27:38: Du erklärst das ja auch in aller Ausführlichkeit, aber wie erklärst du das den Leuten, die sowieso nicht zuhören

00:27:43: wollen?

00:27:43: Ja, das wüsste ich jetzt gar nicht.

00:27:45: Ich würde eher denken, man muss ein Gefühl erzeugen als Politiker, ein Gefühl der Nähe.

00:27:51: war das doch so, da hat ein Politiker mal ein Zeitungsinterview gegeben und da konnte die Leser ihn mal so ein bisschen kennenlernen.

00:27:57: Das galt dann schon als Nähe.

00:28:00: Und heute bin ich doch live dabei.

00:28:02: Also ich bin live dabei, wenn Julia Klöckner durch den Bundestag läuft und das Handy einfach nur so hält im Selfie-Modus und irgendwas erzählt.

00:28:09: Das ist eine viel, viel größere Nähe.

00:28:12: Frau Klöckner macht das schon, das müssen eigentlich alle machen.

00:28:14: Und dann kann man vielleicht diese Distanz wieder überbrücken.

00:28:18: Und wenn dann das Gefühl der Nähe da ist, dann kann man ja auch wieder argumentieren, dann ist ein Vertrauen da.

00:28:22: Du sagst am Ende des neuen Kapitels für dein Buch, dass die Parteien erst Erfolg gegen die AfD haben, wenn sie ihr Personal komplett gegen Personal austauschen.

00:28:33: dass sozusagen emotions mobilisierend und emotionsfähig ist.

00:28:38: Ja, also wahrscheinlich muss man es nicht komplett austauschen, sondern das sind ja alles Leute, die können auf Knopfdruck, wenn die auf dem Marktplatz stehen im Wahlkampf, schnacken die sofort mit den Leuten und die können mit jedem reden und die haben sofort ein Gespräch und so.

00:28:52: Das sind einfach Talente, was das angeht.

00:28:54: Die müssen jetzt nur verstehen, dass sie dieses Talent erweitern müssen, eben um einen Social Media Talent, weil sie so eben Die Leute rechnen und ich finde, ein sehr gutes Beispiel ist, sechziger Jahre John F. Kennedy gegen Richard Nixon im Fernsehduell in Amerika, Nixon weigerte sich, Make-up zu benutzen, so ein, weiß nicht, warum, wahrscheinlich so was für Wake-up tragen nur Frauen.

00:29:14: Also hat er wahrscheinlich gesagt, ne?

00:29:16: Und dann sah er so plassfahl- und kränklich aus, dass er auch die Wahl verloren hat.

00:29:20: danach und das Duell.

00:29:22: Und seitdem hat nie wieder ein Politiker darauf verzichte, Make-up zu tragen im Fernsehen.

00:29:26: Und genauso müssen sich sozusagen die Leute heute schminken, aber nicht... sondern sie müssen auf TikTok drauf.

00:29:34: Und sie müssen das durchziehen.

00:29:35: Und wenn ihr jetzt so sagt, naja, das Internet ist halt neu, das können alle nicht so oder, oder man sagt das.

00:29:41: Auf jeden Fall war das Fernsehen schon dreißig Jahre alt, als Nixon diesen Fehler gemacht hat.

00:29:46: Und das Internet ist heute auch dreißig Jahre alt.

00:29:48: Und manchmal braucht die Politik eben ein bisschen, um zu lernen.

00:29:52: Und jetzt wird es aber langsam Zeit, dass sie es tun, glaub ich.

00:29:55: Nixon hätte dann hier so ein Podcast gut geholfen.

00:29:58: Genau,

00:29:59: ja, wirklich, ja, genau.

00:30:01: Und witzigerweise die Leute, die das im Radio gehört haben, also die manche haben das Fernsehduell im Radio gehört, die fanden ihn gar nicht so schlecht.

00:30:07: Aber im Fernsehen sah er eben nicht gut aus.

00:30:09: Damit gehen wir mit Nixon und kennen die aus der Sendung raus, obwohl wir mit Markus Lanz und deinem Besuch in der Sendung angefangen

00:30:18: haben.

00:30:18: Und ein historischer Bogen.

00:30:20: Vielen Dank dir für das Gespräch.

00:30:21: Vielen Dank dir.

00:30:25: Das war der FACET Podcast für heute.

00:30:27: Schreiben Sie uns gerne Ihre Gedanken zufolge an podcastetfacet.de.

00:30:32: Vielen Dank an Lena Barotzi, Sandra Klüber und Katharina Westermann für die Mitarbeit an dieser Folge.

00:30:37: Und

00:30:38: danke natürlich auch Ihnen fürs Zuhören.

00:30:39: Machen Sie es gut, bis morgen.

Über diesen Podcast

Der Nachrichten-Podcast der F.A.Z. mit exklusiven Interviews zu aktuellen Themen aus Politik, Wirtschaft, Gesellschaft und Wissenschaft. Der Podcast für Deutschland bietet Montag bis Freitag um 17 Uhr hintergründige und kontroverse Diskussionen mit F.A.Z.-Redakteuren.

Sie können den Podcast auch hier hören: www.faz.net/podcasts/f-a-z-podcast-fuer-deutschland/

von und mit Frankfurter Allgemeine Zeitung

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