F.A.Z. Podcast für Deutschland

F.A.Z. Podcast für Deutschland

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00:00:04:

00:00:17: Was sie gerade gehört haben, war US-Präsident Truman bei der Gründung der Vereinten Nationen im Jahr.

00:00:24: In diesem Herbst, twenty-fünfundzwanzig, feiert die internationale Organisation mit Sitz in New York also ihren achtzigsten Geburtstag.

00:00:31: Aber nach Party ist vielen da gar nicht so richtig zur Mute.

00:00:35: In einer Zeit, in der mächtige Gründungsmitglieder wie Russland sich immer wieder über fundamentale Prinzipien des Völkerrechts hinwegsetzen und Resolutionen der Vollversammlung einfach ignorieren.

00:00:45: Dazu kommen laute Zweifel von prominenten Akteuren wie US-Präsident Donald Trump, ob man die Vereinten Nationen überhaupt noch braucht.

00:00:53: Und natürlich seine Pläne, ihr die Finanzierung zu entziehen, die einigen UN-Organisationen gerade Kopfzerbrechen bereiten.

00:00:59: Gleichzeitig hat sich in diesem Herbst wieder gezeigt, dass sich viele wichtige Debatten, Stichwort Anerkennung des Staates Palästina, auch weiter auf Ebene der Vereinten Nationen abspielen, durchaus mit konkreten Folgen.

00:01:11: Ein idealer Moment also, um in Machtprobe dem Auslands-Podcast der FAZ über die Rolle und Zukunft der UN zu sprechen.

00:01:18: Und dafür habe ich Marie Löwenstein mir eine ganz besondere Interviewpartnerin für sie eingeladen.

00:01:24: Nämlich Anna-Lena Baerbock, ehemalige deutsche Außenministerin und seit September Präsidentin der UN-Generalversammlung.

00:01:31: Sie ist damit die erste deutsche Frau in dem Amt und die fünfte überhaupt.

00:01:35: Sie setzt sich leidenschaftlich für die Vereinten Nationen ein, wie hier in ihrer Antrittsrede im September.

00:01:52: Und viel umstrittener, Frau Baerbock nimmt die Öffentlichkeit per Instagram mit in ihren neuen New Yorker Alltag.

00:02:08: Auftritte wie dieser haben das deutsche Publikum zuletzt stark polarisiert.

00:02:12: Für uns ein Grund mehr, sie hier im Podcast sprechen zu wollen.

00:02:15: Anfang dieser Woche ist das nach langen Vorgesprächen gelungen und ich freue mich, dass auch Sie, liebe Zuhörer, jetzt dabei sind.

00:02:27: Jetzt sind wir miteinander verbunden.

00:02:29: Ich sitze hier, spät abends im weitestgehend menschenleeren FHZ-Tower in Frankfurt.

00:02:33: Es ist dunkel und Sie, Frau Werbock, am frühen Nachmittag in New York.

00:02:37: Herzlich willkommen.

00:02:38: Hallo, schönen guten Tag.

00:02:39: Bei uns ist es noch nicht dunkel, aber grau in grau.

00:02:41: Heute morgens gab es einen ersten Schneeflocken hier.

00:02:44: Sehr gut.

00:02:44: Wo treffen Sie an?

00:02:45: in Ihrem Büro mit dem Blick auf den

00:02:47: East River?

00:02:48: Genau, in meinem Büro.

00:02:50: relativ klein, aber mit einem netten Blick auf den East River.

00:02:54: Ja, ich freue mich wirklich sehr, dass das jetzt endlich klappt, weil ich habe mir gerade nochmal den E-Mail-Verlauf angeschaut zwischen mir und ihrer Presse Stelle und tatsächlich haben wir seit Juli probiert, ein Slot in ihrem übervollen Kalender zu bekommen, also schon bevor sie das Amt überhaupt angetreten haben als Präsidentin der UN Generalversammlung.

00:03:11: Und vielleicht müssen wir auch noch mal ein bisschen den Grund für Ihren dichten Zeitplan erklären, weil Präsidentin der UN-Versammlung, das ist ja so ein Amt, das ist sicherlich nicht allen Hörn so präsent.

00:03:22: Deswegen sagen Sie doch erst noch mal, was sind die wichtigsten Aufgaben in Ihrem neuen Job?

00:03:26: Ja, was machen Sie den ganzen Tag?

00:03:29: Sehr unterschiedliche Dinge, weil mein Kalender so ... Und ist, wie eigentlich, die Mitgliedsstaaten.

00:03:37: Also, hundertdreiundneinzig Staaten der Welt sind erst mal Mitglieder der Vereinten Nationen.

00:03:41: Und ein Teil meines Jobs daraus besteht darin, mit all den Ländern immer wieder in Kontakt zu treten, weil die sehr unterschiedliche Auffassung zu sehr unterschiedlichen Themen haben.

00:03:49: Und bei hundertdreiundneinzig Mitgliedstaaten braucht es schon ein bisschen Zeit, jeden Botschafter, hier heißt das dann Permanent Representative bei den Vereinten Nationen, also ständigen Vertreter, zu treffen, um von Malawi zum Beispiel zu hören, wie sie auf die Reform des Sicherheitsrates schauen oder von einem europäischen Staat zu hören, wie es mit Blick auf die Situation in der Ukraine aus ihrer Sicht weitergeht.

00:04:12: Das ist ein Teil sozusagen alle Stimmen der Welt, sich anzuhören, zu bündeln, um dann im zweiten Teil, wenn neue Beschlüsse gefasst werden bei den Vereinten Nationen, zum Beispiel hatten wir gerade einen großen Sozialgipfel, sehr, sehr wichtig natürlich für viele Entwicklung und Schwellenländer zur sozialen Gerechtigkeit auf der Welt.

00:04:31: Und so breit ist die Palette und dann kommen natürlich die Kriege und Konflikte dieser Welt auch noch immer dazu.

00:04:36: Das heißt, wir haben dann immer mal wieder Emergency Sessions heißt das, also Notsitzungen.

00:04:41: Wenn ein Konflikt gerade weiter eskaliert, jetzt die Lage im Sudan zum Beispiel, dann trifft sich die Generalversammlung und die Präsidentin leitet dann solche Debatten, die manchmal übertage gehen, weil wieder bei hundertdrei neunzig Staaten jedes Land das gleiche Recht hat, seine Position zum Ausdruck zu bringen.

00:04:57: Sie sagen es hundertdreiundneunzig starten, da muss man erst mal alle kennenlernen.

00:05:01: Und sie sind ja nur ein Jahr im Amt, also von September bis September, dann darf eine andere Weltregion den Präsidenten stellen.

00:05:08: Das heißt wahrscheinlich, man muss sehr schnell loslegen, sich einarbeiten, wenn man da überhaupt irgendwas reichen will.

00:05:14: Wie haben Sie sich denn auf diesen Job vorbereitet?

00:05:16: Genau deswegen hatte ich im Sommer auch nicht so viel Zeit, um Postcards zu machen, weil das genau meine Vorbereitungszeit war, dass man die Wochen davor schon mal nutzt, um sich einzuarbeiten.

00:05:26: Da war jetzt sehr hilfreich, dass ich vorher Außenministerin gewesen bin und bei sehr, sehr vielen Themen, die hier zentral sind, einfach tief drin gesteckt habe.

00:05:34: Und das Schöne daneben bei ist auch zum Beispiel jetzt bei diesem Sozialgipfel, der gerade in Doha, in Katarstadt gefunden hat, dass daneben mir der Ministerpräsident aus Arminien sitzt und Bei Mittagessen sagt, wir werden Ihnen vergessen, dass Sie für unsere Friedensgespräch und den Friedensvertrag im Hintergrund so stark gearbeitet haben.

00:05:54: Und das hat bei vielen Themen halt geholfen, dass ich... gewisse Krisenkonflikte eben nicht nur aus der Zeitung kannte, sondern mit vielen eben schon verhandelt habe.

00:06:04: Und dann bedeutet das aber eben, dieses Jahr effizient zu nutzen und daher auch der volle Terminkalender, dass man eben viele Themen gleichzeitig behandelt.

00:06:14: Und ich habe dafür ein kleines Team, aber ein sehr internationales Team.

00:06:18: Das ist auch sehr besonders, dass ich mit fast allen meiner Mitarbeiter noch nie im Leben zusammengearbeitet habe, weil die aus den unterschiedlichsten Ländern der Welt kommen aus dem Umdannsstaaten.

00:06:26: Welt und die bringen natürlich dann ihre Expertise auch mit ein zu Regionen, wo ich vielleicht nicht so fühlen bin.

00:06:34: Sie haben ja auch versucht, die Öffentlichkeit mitzunehmen.

00:06:37: über Social Media, haben sie ihren neuen Alltag in New York gezeigt.

00:06:42: Sie zeigen da zum Beispiel Ausschnitte von ihren Reden oder Clips von Termin mit Staatschefs.

00:06:46: Aber auch mal ein bisschen bunteren Content, nenne ich es mal, wie sie sich in High Heels zeigen, wenn sie ein Taxi rufen oder zuletzt mit einem Zitat aus der US-Sendung Gossip Girl durch den Central Park schlendern.

00:06:59: und damit den Beginn der Ausschusssaison bei den UN angekündigt haben.

00:07:04: Darauf gab es sehr gemischte Reaktionen.

00:07:05: Manche fanden das super, ein guter Einblick, lustig und locker.

00:07:09: Andere Kommentare gingen eher in die Richtung, das ist peinlich und dem Job nicht angemessen.

00:07:14: Vielleicht aber erst mal die Frage, was ist denn Ihr Ziel mit diesem Social Media Auftritt?

00:07:18: Zum einen ist Social Media eine der Kommunikationsformen von allen Politikern, aber auch allen Unternehmen, allen Sportlern auf dieser Welt, um nicht nur junge Menschen, sondern Menschen zu erreichen.

00:07:28: Sie wissen das ja selber von Ihrer Zeitung, dass die Menschen nicht mehr standardmäßig Zeitung lesen, sondern dass Social Media die Form der Kommunikation des heutigen Jahrhunderts ist.

00:07:37: Und deswegen ist natürlich Berichterstattung darüber, was man im Job macht.

00:07:42: Ein Teil auch der Präsidentin der Generalversammlung, so wie ich vorher auch die Menschen mitgenommen habe bei meinen Reisen um die Welt.

00:07:49: Und ich habe schon damals ganz, ganz viele Feedback von gerade jungen Menschen bekommen, die gesagt haben, ich habe mich nie für Politik interessiert und wusste eigentlich gar nicht, was Außenpolitik so ist.

00:07:58: Aber durch ihre Stories bei Instagram Mensch habe ich mal zum Beispiel ein Land wie Niga überhaupt erst kennengelernt.

00:08:05: Und natürlich ist für jemanden, der vielleicht fünfundsechzig ist, der gar kein eigenes Instagram Account hat.

00:08:11: dann hört er darüber, dass man Formate macht, wo man eine Anlehnung an New Yorker Serie macht, denkt er, was ist das erst mal?

00:08:19: Aber ich sage immer, der muss ja auch nicht bei Instagram sich so informieren, der kann auch sehr gerne auf unsere Website gehen und meine Rede nachlesen.

00:08:26: Junge Menschen wiederum, wenn man denen sagt, lese meine Rede der Präsidentin der Generalversammlung, würden das nie tun.

00:08:32: Sondern die steigen halt ein, hey Mensch, ich sehe hier gerade ein Video, das hat die gleiche Musik wie meine Lieblingsserie, dann klicke ich doch mal drauf.

00:08:41: Und dann kriegen Sie in dem gleichen Beitrag noch zu hören, dass es bei uns bei den Vereinten Nationen unterschiedliche Ausschüsse gibt, wo dann Themen behandelt werden.

00:08:49: Und jeder sollte sich das raussuchen, was er gerne mag.

00:08:51: Deswegen finde ich, wenn manche sagen, finde ich aber nicht gut, dann denke ich immer, ja dann guckt es euch doch eigentlich nicht an.

00:08:58: Was ich mir auch vorstellen könnte, ist, dass sich viele deutsche Zuschauer vielleicht an diesem deutschen Akzent reiben, den man halt auf Englisch dann vielleicht hat.

00:09:05: Und der hat bei uns Deutschen einen Unwohlsein hervor, weil der deutsche Akzent international nicht allzu schön gilt.

00:09:12: Wahrscheinlich, wenn sie einen französischen Akzent hätten, würden das alle anders bewerten.

00:09:16: Meint sie, das stört außerhalb von Deutschland überhaupt irgendjemanden?

00:09:20: Die stört, wenn die Leute nicht versuchen, Englisch zu sprechen.

00:09:23: Ein paar meiner Vorgänger konnten das gar nicht.

00:09:26: Da hat sich in Deutschland niemand darüber aufgeregt.

00:09:28: Ein paar Debatten merkt man immer, wenn man weiter weg ist, die sind besonders deutsch.

00:09:32: Und vor allem auch das Humor.

00:09:34: nicht die stärkste Charaktereigenschaft von jedem Landsmann insbesondere ist, aber ich nehme das immer alles mit Humor, weil ich sage mal so auch bei den Videos, ich würde auch sehr freuen, wenn meine Reden, bei denen ich mir sehr viel Mühe gebe, zu differenzieren, auch deutlich zu machen.

00:09:50: Man weiß manchmal nicht, was... die richtige Lösung ist, um alle hundertdrei neunzig an einen Tisch zu zu bringen.

00:09:58: So.

00:09:58: Und das bringe ich natürlich in meinen Reden.

00:10:00: Versuche ich das mit der Kraft des Wortes, des Arguments.

00:10:04: Aber in den schnellen Zeiten selbst ein FAZ-Chefredakteur habe ich festgestellt, ließ diese Reden gar nicht.

00:10:10: Und diejenigen, die jetzt sagen, Mensch, warum macht die da so bunte Clips?

00:10:13: Haben alle Clips dazwischen, wo es Rederausschnitte gab, ganz.

00:10:17: sicher nicht gelesen und gehört.

00:10:19: Also daher nehme ich diese Kommentare auch immer etwas mit Humor und muss immer wieder auch feststellen, dass es insbesondere manche Akteure des männlichen Geschlechts sich daran reiben, dass sie selber vielleicht keine High-Hills tragen können, weil wenn man sich über High-Hills empört, frage ich mich, ob man sonst keine Probleme hat.

00:10:39: Ich ja auch interessant bin an Ihrer neuen Position.

00:10:40: Sie wurden ja von Deutschen vorgeschlagen und werden auch von der Bundesregierung in der Zeit bezahlt.

00:10:45: Aber sie sollen natürlich trotzdem nicht Deutschlands Interessen vertreten, sondern sind in einer internationalen, neutralen Vermittlerrolle.

00:10:52: Das ist ja so eine bisschen komische Position und wahrscheinlich auch eine große Umstellung, wenn man vorher Außenministerin war.

00:10:57: Fällt es Ihnen da manchmal schwer umzuschalten.

00:11:00: oder ja, wie lässt sich das vereinbaren?

00:11:03: Das Umschalten fällt mir gar nicht schwer, weil das auch ... Teil meines Jobs zuvor war.

00:11:08: Und um eine gute Außenministerin oder eine gute Diplomatin zu sein, muss man aus meiner Sicht alle Töne der internationalen Diplomatie können.

00:11:18: Also die ganze Klaviatur mal die lauten Töne, aber natürlich auch die leisen Töne, die hört man dann nur nicht, weil viel hinter verschlossenen Türen stattfindet.

00:11:25: Das Beispiel, was ich gerade zu Beginn gebracht habe.

00:11:29: Das lag mir total am Herzen.

00:11:30: Ich habe Nächte damit verbracht, viele Reisen zwischen Armenien und Azerbaijan daran mitzuwirken, dass es einen Friedensvertrag gibt.

00:11:39: Darüber hat so gut wie gar kein deutsches Medium überhaupt geschrieben, weil ganz viele diese Treffen eben in ganz, ganz kleinen Kreisen stattgefunden haben.

00:11:46: oder auch, weil leider heute in der schnelllebigen Zeit Kommentare gerne über Instagram-Auftritte geschrieben werden, aber weniger über die langen Verhandlungsrunden zwischen Armenien und Azar-Bajar.

00:11:56: Nichtsdestotrotz ist das ja eben jetzt der größere Teil meiner jetzigen Arbeit, dass hinter den Kulissen, was ich vorhin gesagt habe, Botschafter wirklich eins zu eins zu treffen, also nur zwei Leute im Raum, um da raus zu hören, vielleicht wo könnte ein Kompromiss liegen.

00:12:13: den man niemals öffentlich in einer Pressekonferenz sagen würde.

00:12:17: Das heißt, es ist jetzt eine andere Art meines Jobs, aber kein komplett neuer Job.

00:12:23: Und auf der anderen Seite, was Sie vielleicht noch auch angesprochen hatten in der Frage mit der Bezahlung Deutschland bezahlt und trotzdem soll man neutral sein.

00:12:32: Das ist, ehrlich gesagt, schon auch ein Teil der Widersprüchlichkeit der Vereinten Nation.

00:12:35: Und wir sind gerade mitten in einem riesen Reformprojekt hier bei den Vereinten Nationen, wo es eben auch nicht so einfach ist, zu sagen, so, jetzt waren wir mal alles anders, weil das ist über achtzig Jahre gewachsen.

00:12:45: Und alles, was über Jahre, Jahrzehnte wächst, hat auch Widersprüche in sich.

00:12:49: Und

00:12:49: so ist eben das so.

00:12:49: Heißt, Sie fänden das besser, wenn die UN das bezahlen würde, ihren Job?

00:12:54: Weil Sie dann neutral haben?

00:12:54: Ich hab mein

00:12:55: Eid, weil Sie die Frage so gestellt haben und ich hab mich das selber auch gefragt und ich hab jetzt ein bisschen mehr Zeit, auch Dinge einfach immer wieder zu reflektieren und zu beobachten, weil ich nicht so bei einem grellen, scheinende Öffentlichkeit bin.

00:13:08: Zum Beispiel, als ich mein Amtseid geschworen hab über der Originalkater, für mich ein echt besonderer Moment.

00:13:14: So, und da hab ich gesagt, genau, ich bin neutral, ich hab mein Eid geschworen darauf, dass ich keine Weisungen von niemanden annehme und wie Sie es jetzt selber formuliert haben, aber auch gedacht.

00:13:24: Und trotzdem ist das Konstrukt hier so, dass der Entsendesstaat einen bezahlt, was ja eine leichte Widersprüchlichkeit ist, was nämlich dann auch dazu führt.

00:13:33: Deswegen ist diese Amtszeit auch so kurz ein Jahr eine super Idee gewesen, dass jedes Land auch mal dran kommen kann.

00:13:40: Aber kleine Länder können sich das überhaupt nicht leisten.

00:13:45: Ein Jahr.

00:13:46: das zu bezahlen.

00:13:47: Das heißt, das sind so viele Widersprüchlichkeiten stecken in der UN drin, aber da kann man auch nicht so einfach sagen, wie wir das jetzt mal anders machen, wenn man sagt, die UN würde das bezahlen.

00:13:55: Ja, dann müssten die Mitgliedsbeiträge erhöht werden.

00:14:00: Aber da zahlen ja große Staaten, die zum Beispiel die USA auch schon für die Friedensmissionen nicht.

00:14:05: Also das Ganze ist halt hochkomplex und deswegen ist auf dieser große Reformprozess, der absolut überfällig ist bei den Vereinten Nationen eben kein Klacks, sondern auch wieder bei der Frage, was sind meine Aufgaben.

00:14:17: Ein Großteil meiner Arbeit, der aber Sisyphus, die aber Sisyphus Arbeit ist und nicht irgendwie diese große Paukenschlag.

00:14:24: und hier kommt jetzt die perfekte Reform.

00:14:27: Ja, dann kommen wir doch vielleicht tatsächlich jetzt mal auch zu den Politischen Inhalten.

00:14:32: Ich fand ja ganz spannend eine kleine Episode, die noch vor ihrer Wahl stattgefunden hat.

00:14:35: Sie wurden ja von Deutschland nominiert für den Posten, wie gerade gesagt.

00:14:37: Und eigentlich ist dann diese Wahl in der Generalversammlung eine reine Formsache.

00:14:41: Bei ihnen musste aber eine formelle Wahl stattfinden, und zwar weil Russland das erzwungen hat, Begründung.

00:14:47: Sie wären wegen ihrer Vorgeschichte als passionierte Kritikerin des Überfalls auf die Ukraine nicht ganz neutral.

00:14:53: Und diese Kritik haben sie als Außenministerin ja auch schon sehr früh geäußert, auch vor den Vereinten Nationen.

00:14:59: Vielleicht können wir da noch mal kurz in einen Ausschnitt reinhören.

00:15:02: Das war im März, in ihrer Rede vor den Vereinten Nationen, als Außenministerin kurz nach Beginn des Ukrainekriegs.

00:15:19: Watcht, as you build up your troops over months in the preparation for this attack.

00:15:25: You say Russia is sending peacekeepers.

00:15:28: But your tanks are not carrying water.

00:15:31: Your tanks are not carrying nutrition for babies.

00:15:34: Your tanks are carrying death and destruction.

00:15:38: In fact, you are abusing your power as a permanent member of the Security Council.

00:15:44: Sie haben sich ja damals von den Vereinten Nationen, wir haben es gerade gehört, ganz deutlich positioniert.

00:15:47: Und das war ja durchaus zu dem Zeitpunkt ein Wagnis.

00:15:50: Vielleicht nehmen Sie uns da noch mal kurz mit in Ihrer Erinnerung, wie war es damals für Sie, diese Rede zu halten?

00:15:55: Und wenn ich das richtig recherchiert habe, war das ja sogar Ihre erste Rede vor diesem Plenum und dann gleich sozusagen mit so konfrontativen Aussagen.

00:16:02: Ja, wie war das?

00:16:03: Ja, da war ich frisch im Amt, drei Monate noch nicht mal, glaube ich.

00:16:07: Und es hat dann definiert, wie ich ... für mich fand, Außenpolitik im XXI.

00:16:16: Jahrhundert zu machen ist.

00:16:19: Aus dem wichtigsten Interesse heraus, das in unserer Verfassung steht, aber eben nicht nur in unserer Verfassung, sondern in den Kater der Vereinten Nationen, das dem Weltfrieden zu dienen, das Wichtigste eines jeden Staates ist und damit auch einer jeden Außenministerin.

00:16:31: Und dieser Frieden wurde von Russland nicht nur brutal getestet, sondern angegriffen.

00:16:37: Und sich dann zu fragen, was ist eigentlich meine Rolle in dieser Zeit?

00:16:41: Ich habe in einer großen Rede mal gesagt, es gibt Vierphasen von Außenpolitik, wo er auch nicht so intensiv darüber berichtet, weil offensichtlich auch da sich wieder zeigt, dass die tiefen Debatten leider derzeit nicht so unwohl sind.

00:16:52: Aber jede Zeit hat eben ihre politischen Antworten.

00:16:57: Und es war zu Beginn der Vereinten Nationen und auch der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland absolut richtig als deutsche Außenminister.

00:17:06: Damals waren es ja nur Männer.

00:17:08: überhaupt erst mal wieder nach den furchtbaren Verbrechen des Zweiten Weltkrieges, um Versöhnung zu bitten, im Kreis der Völkergemeinschaft wieder aufgenommen zu werden.

00:17:17: Deswegen muss man damals als guter Außenminister ja eine Außenpolitik machen, die ganz anders ist, als dann später zum Beispiel, als wir in einer Zeit gelebt haben, wo die Europäische Union so weit vorangeschritten war, dass Bioschka Fischer damals an seine große Rede gehalteten hat.

00:17:34: Was ist eigentlich die Rolle Deutschlands?

00:17:36: in der Europäischen Union und zwar nicht nur um Vergebung zu bitten, sondern eine europäische Union zu bauen, weiterzubauen, die dem Frieden nicht nur in der Welt, sondern vor allen Dingen Europa dienen.

00:17:47: So, und jetzt sind wir in einer anderen Zeit, wo aus meiner Sicht das eben nicht mehr ausreicht, dann wie damals Fischer oder auch Helmut Kohl.

00:17:56: großen Reden den Bundestag zu überzeugen, sondern heute müssen wir eben in die Kontroverse gehen, wenn man das Richtige tut, was meistens nicht das Populäre ist und damit auch nicht das Einfache ist, extrem Gegenwind auszuhalten.

00:18:09: Und das heißt für mich eben vierte Phase der Außenpolitik, eine aktive Außenpolitik machen, wo man von Anfang an mitkommuniziert, warum man das macht.

00:18:17: Deswegen auch Social Media Auftritte, um deutlich zu machen, man ist nicht in der Defensive.

00:18:21: Und das war eben auch mit dem russischen Angriffskrieg, wo von Seiten Russlands ja ganz stark transportiert worden ist, also eigentlich hat die Ukraine diesen Krieg angefangen.

00:18:32: Und damals, dann vor den Vereinten Nationen... war eben eine Notsitzung, was ich vorhin gesagt habe, diese Emergency-Session einberufen wurden.

00:18:41: Und es ging darum, möglichst vielen Länder auf der Welt deutlich zu machen, was da eigentlich gerade passiert, nämlich ein Angriffskrieg, ein Bruch der Kater der Vereinten Nationen, in der Kater ist das eines der schlimmsten Verbrechen, ein Angriffskrieg zu starten, weil das ja genau die Lehre aus dem Zweiten Weltkrieg war, nie wieder ein Angriffskrieg zu erlauben.

00:18:59: Und der Sicherheitsrat, wo Russland Mitglied ist, soll eigentlich genau das zu verhindern.

00:19:04: Und das waren immer die Sekunden für mich auch als Außenministerin.

00:19:07: Da kann dir kein Berater sagen, was ist das Richtige.

00:19:09: Man muss selber für sich, ich glaube, dafür eine tiefe Überzeugung haben, auf welchem Wert man steht.

00:19:16: Auf dem Grundgesetz, für mich auf dem Boden des Grundgesetzes und der ist völkerrecht.

00:19:21: Und dann habe ich entschieden zu sagen, ich fliege da selber hin.

00:19:25: Und da war so ein bisschen auch noch diese Zwischenfeld zwischen dritte Phase, vierte Phase deutscher Außenpolitik, weil vorher so ein bisschen war, wir gucken mal, was die anderen machen, damit Deutschland nicht so alleine vorangeht.

00:19:35: Und für mich war aber klar, Deutschland ist das größte Land in Europa.

00:19:39: Wir verdanken unseren Frieden.

00:19:40: Die Wiedervereinigung Deutschlands verdanken wir all unseren europäischen Nachbarn.

00:19:44: Wenn wir jetzt nicht den Mut haben, in der Situation, wo der Frieden in Europa wieder angegriffen wird, Farbe zu bekennen, wer soll's denn dann tun?

00:19:53: Und wenn wir jetzt abwarten, dann ist das Narrativ... schon gesetzt.

00:19:57: und dann haben wir sehr spontan entschieden, dass ich zu dieser Sitzung fliege, auch da wieder in Zeiten von Social Media, damals wurde ja diskutiert, jeder Flug wurde diskutiert, hinfliegen für eine Rede, lohnt sich das?

00:20:07: und im Flugzeug, ich kann mich da noch genauer erinnern, weil das ja wirklich so eine Wegschneide auch in der internationalen Politik dann in den letzten drei Jahren war, wie verhält sich Deutschland, haben wir noch die Rede geschrieben und an jedem Wort haben wir rumgefeilt und deswegen habe ich eben diese Worte gewählt, die sie jetzt auch gerade zitiert haben, deutlich zu machen.

00:20:28: Aber Panzer bringen doch keinen Frieden.

00:20:30: Panzer bringen Krieg und Tod.

00:20:32: Und es stimmt eben nicht, dass da Menschen befreit werden.

00:20:34: Und da sehen wir jetzt ja, Kinder wurden genau aus diesen Gebieten, wo ich das Beispiel Babynachung gebracht habe, wurden Kinder entführt, aus Kinderheim, aus Schulen, von ihren Eltern weggenommen und nach Russland gebracht.

00:20:47: Und dann die Frage sozusagen, was ist neutral?

00:20:52: habe ich auch hier, weil die russische Regierung ja dann gesagt hat, haben sie auch zitiert, die ist nicht neutral.

00:20:58: Neutral.

00:21:00: Als Präsidentin der Vereinten Nationen heißt nicht, dass man einem Land, wo man selber herkommt oder was man gerne hat, mehr Rederecht gibt oder das positiv hervorhebt.

00:21:09: Aber Neutralität heißt ja nicht gegenüber der Kater der Vereinten Nationen neutral zu sein.

00:21:14: Und das habe ich dann auch hier in meiner Antrittsrede deutlich gemacht.

00:21:16: Mein Job als Präsidentin der Generalversammlung, wie auch des Generalsekretärs, ist die Kater der Vereinten Nationen, die die Lebensversicherung der Staaten auf dieser Welt ist, nämlich kein Krieg zu führen, Menschenrechte einzuhalten, dass ich das verteidige mit allem, was ich habe.

00:21:34: Und damit ist eben jetzt auch in meiner jetzigen Funktion ja, verteidige ich die Karte und habe auch hier deutlich gemacht in unterschiedlichen Reden.

00:21:41: Ein Angriffskrieg, egal wer den führt.

00:21:44: Der ist ein Bruch der Kater.

00:21:46: Und auch wenn man Mitglied des ständigen Sicherheitsrates ist, ist das ein Bruch der Kater, was man ansprechen muss.

00:21:52: Genau,

00:21:53: aber da kommen Sie ja.

00:21:54: Im Allsekretär

00:21:54: ist eben auch thematisiert und hat dafür dann auch Kritik von Russland oder anderen geerntet.

00:22:00: Aber das ist eben Teil unseres Jobs für das internationale Recht und für die Menschenrechten, die Kater der Vereinten Nationen zu sprechen und da deutlich Farbe zu bekennen, auch wenn man dann massiven Gegenwind bekommt.

00:22:13: Genau über diesen Gegenwind wollte ich auch gerne noch mit Ihnen sprechen, weil das ist ja schon die Frage, die man sich manchmal stellt.

00:22:21: an dem achtzigsten Geburtstag der UN wirklich so eine besondere Situation.

00:22:25: Man will einerseits feiern, andererseits steht alles auf der Kippe.

00:22:28: Erstens, die Finanzierung steht nicht mehr.

00:22:30: Zweitens, es gibt die größten, mächtigsten Mitglieder des Sicherheitsrates, die dieses Veto-Recht haben und trotzdem selbst das Völkerrecht brechen und auch die Wichtigkeit der UN an sich infrage stellen.

00:22:42: Da fragt man sich ja schon, na ja, wie viel Sinn machen die Vereinten Nationen noch oder vielleicht auch mal andersrum gefragt, wenn die UN jetzt morgen weg wäre.

00:22:49: Was würde uns denn überhaupt

00:22:51: Alles!

00:22:53: Auch das habe ich dann genau in der Rede zum achtiesten Geburtstag deutlich gemacht, dass es kein Moment der großen Party ist und des Feiern, sondern eher der Reflexion und der Frage, wie können wir all die Herausforderungen und Probleme, die Sie angesprochen haben, wie können wir daran arbeiten?

00:23:07: und dafür gibt es einen großen Reformprozess.

00:23:09: Aber ich habe auch sehr deutlich genau die Frage gestellt, was wäre besser auf der Welt, wenn wir die Vereinten Nationen nicht mehr hätten, wenn wir zum Beispiel UNICEF nicht mehr hätten.

00:23:18: Das kennen viele Deutsche.

00:23:19: Das ist das Kinderhilfswerk.

00:23:21: die sichern durch die Vereinten Nationen, dass Millionen von Kindern überhaupt zur Schule gehen können in Gebieten, die entweder Kriegsgebiete sind, wo die Schulen zerstört worden sind oder Länder, die so arm sind, dass sie keine Schulen haben oder in der Klimakrise, wo die Schulen zerstört worden sind.

00:23:38: Also nichts wäre besser, wenn es Unicef nicht mehr geben würde, dann würden einfach weniger Kinder auf der Welt zur Schule gehen können.

00:23:44: Nichts wäre besser, wenn wir Die Weltgesundheitsorganisation nicht mehr hätten, wo jetzt die Amerikaner zum Beispiel die Finanzierung eingestellt haben.

00:23:51: Wir konnten Covid die Pandemie nur besiegen.

00:23:56: als alle Länder Impfstoffe hatten.

00:23:58: Und es hat uns nichts geholfen, dass wir in Deutschland den Impfstoff produziert haben.

00:24:01: Doch es hat uns sehr viel geholfen.

00:24:02: Deswegen sind wir sehr dankbar, weil wir deutsche impfen konnten.

00:24:05: Aber in einer Welt, wo ständig Leute mit dem Flugzeug hin und her fliegen, konnte diese Pandemie überhaupt erst in der Tiefe durchbrochen werden, als der Impfstoff weltweit verteilt worden ist.

00:24:14: Und es hat auch damals, habe ich damals mitgewirkt, auch gerade mit dem amerikanischen Außenminister zusammen, haben wir gesagt, the last mile, wie können wir den Impfstoff auch dann wirklich verimpfen?

00:24:23: auf der letzten Meile überall auf der Welt?

00:24:25: weil die Vereinten Nationen über die Weltgesundheitsorganisation geholfen haben.

00:24:29: Und so könnten wir jetzt einmal durchgehen.

00:24:30: und selbst das Beispiel mit den Flugzeugen.

00:24:32: Das wissen halt nur so viele Leute nicht.

00:24:34: Keiner von uns würde sich trauen, jemals wieder in ein Flugzeug zu steigen, wenn wir sagen, wir schaffen morgen die UN ab, weil auch die Behörde, die für die zivilen Luftfahrt zuständig ist und damit die Flugsicherheit im Himmel eben die Sicherheit von Millionen von Fluggästen steuert.

00:24:49: So, das heißt, nichts wäre besser auf der Welt ohne die VN, aber Vereinten Nationen.

00:24:54: Ihr müssen sie reformieren, damit sie in Zukunft überhaupt noch handlungsfähig sind.

00:24:58: Das sind die wesentlichen

00:25:01: Punkte, die passieren müssen.

00:25:03: Ganz viele.

00:25:04: Ich fange mal vorne an.

00:25:06: Über achtzig Jahre sind die Vereinten Nationen gewachsen, so wie wir das in Deutschland auch haben mit unterschiedlichen Behörden.

00:25:12: Und in Deutschland hat man auch festgestellt, um Mist, die Internetsysteme dahinter, die sind ja gar nicht kompatibel.

00:25:17: Und jetzt gibt es gerade in Deutschland die riesen Reformen, dass alle überhaupt auf die gleiche Datenplattform zugreifen können und sich nicht ständig Word-Dokumente durch die Gegend schicken, um es ganz simpel zu machen.

00:25:26: So ein gleiches Problem hat natürlich auch eine Weltbehörde.

00:25:29: Das heißt, die Behörde muss einfach fit fürs einundzwanzigste Jahrhundert gemacht werden.

00:25:34: Das beginnt damit, die ganze Technik modernisiert.

00:25:38: Das ist der einfache Teil.

00:25:39: Und dann die unterschiedlichen Unterorganisationen, von denen ich auch nicht alle aufziehen könnte, weil das wirklich hunderte Sinn mal übereinanderlegt und sagt, machen manche noch Sinn?

00:25:51: Wo gibt es eigentlich Doppelstrukturen?

00:25:54: Und das... effizienter, schlanker und damit auch kostengünstiger macht.

00:25:58: Und es gibt zum Beispiel so Themen.

00:26:00: AIDS war ja mal ein riesengroßes Problem auf der Welt, Herausforderungen.

00:26:03: Auch da haben die UN geholfen, gibt es eine Behörde dafür.

00:26:07: AIDS-Ansteckungszahlen sind drassisch runtergegangen, zum Glück.

00:26:10: Wir haben noch ein paar Gebiete, wo es noch nicht ganz im Griff ist.

00:26:13: Aber jetzt zum Beispiel zu sagen, hey, das ist ein Erfolg der Vereinten Nationen.

00:26:16: Jetzt kann die Arbeit aber auch langsam auslaufen und die Weltgesundheitsorganisation macht das noch im Teil.

00:26:21: Oder gerade im Frauenrechtsbereich zum Beispiel haben wir UN Women, die mit Blick auf die Frauenrechte weltweit agieren.

00:26:28: In den Sechziger-Siebzigerjahren wurde aber ursprünglich eine Behörde geschaffen, weil man da noch nicht so über Frauenrechte so stark gesprochen hat.

00:26:35: Das heißt Family Planning.

00:26:37: Da ging es eigentlich um die Frage Geburtenraten und damit auch Verhütungsmittel.

00:26:41: Das sind zwei parallele Strukturen.

00:26:43: Die jetzt zusammenzuführen, das würde das Ganze effizienter machen.

00:26:47: So, das sind ganz viele dieser technischen Dinge.

00:26:49: Und dann ist aber der dritte Punkt.

00:26:51: Und das ist halt der hochpolitische... das einzelne Länder, wie zum Beispiel die USA, ohnehin die Vereinten Nationen ihre Arbeit infrage stellen.

00:26:59: oder ihre Beiträge nicht mehr gezahlt haben.

00:27:01: Und deswegen sind die Vereinten Nationen politisch maximal unter Druck von einigen Mitgliedstaaten, aber auch finanziell, weil sie eben nicht alle Finanzmittel, die ihn zustehen, überhaupt bekommen haben.

00:27:15: Und jetzt wurde zum Beispiel bei dem Peacekeeping, das ist ja so ein anderer großer Beitrag der Vereinten Nationen, die Blauhelme, die wir kennen, müssen manche Missionen eingestellt werden, weil die Finanzierung nicht mehr gesichert ist.

00:27:25: Und das liegt nicht an der Effizienz, die besser werden muss.

00:27:28: Das muss sie ohne Frage.

00:27:30: Sondern es liegt eben dran, dass manche Mitgliedstaaten das nicht mehr finanzieren.

00:27:33: Und das ist dann eine politische Entscheidung, die kann man nicht durch Reform lösen, sondern das muss dann im Sicherheitsrat gelöst werden.

00:27:40: Und das wäre vielleicht, ich will nicht zu lang reden, können Sie nochmal nachfragen.

00:27:42: Die Reform des Sicherheitsrates ist eigentlich das, was seit Jahrzehnten überfällig

00:27:46: ist.

00:27:47: Genau, das wäre jetzt auch wirklich meine Anschlussfragen gewesen, weil das ist das Thema, glaube ich, was die meisten Leute bewegt, dass man so das Gefühl hat, da sind eben fünf Staaten.

00:27:55: spiegelt im Grunde auch eine Weltordnung wieder, die wir heute gar nicht mehr haben.

00:27:58: Und das sind einfach die Staaten, die vielleicht auch immer noch ökonomisch die größte Macht haben, aber trotzdem einfach diese Institutionen komplett lahmlegen mit ihrem Veturecht.

00:28:08: In dem heutigen Szenario ist das ja hauptsächlich Russland.

00:28:11: Also wie zeitgemäß ist das?

00:28:13: Und ja, was kann man daran überhaupt ändern?

00:28:16: Also sehen Sie, dass das jemals geändert werden kann?

00:28:19: Natürlich ist es nicht mehr zeitgemäß.

00:28:21: Ohne Frage.

00:28:22: Und die Vereinten Nationen wurden gebaut nach dem Zweiten Weltkrieg in der Logik heraus, dass Deutschland einen furchtbaren Weltkrieg über die Welt gebracht hat, mit dem Holocaust sechs Millionen Juden umgebracht hat, aber eben auch zahlreiche Nachbarländer mit einem Angriffskrieg, deswegen auch dieses Verbot des Angriffskrieges überzogen hat.

00:28:39: Und aus dieser Konstellation sind dann aus den Siegermächten ist der Sicherheitsrat gewachsen.

00:28:45: komplett aus der Zeit gefallen, weil er nicht mehr die Realität jetzt im Jahr zwanzig, fünfundzwanzig, achtzig Jahre später widerspiegelt, wo der afrikanische Kontinent in Zukunft die meisten Menschen der Welt haben wird, aber im Sicherheitsrat gar nicht vertreten ist.

00:29:00: Da sagen natürlich die afrikanischen Länder zu Recht, was soll das denn für eine Weltgemeinschaft sein, wo wir an dem Sicht wichtigsten Organ für Frieden und Sicherheit und viele Konflikte sind ja auch auf dem afrikanischen Kontinent heutzutage.

00:29:13: gar nicht vertreten sind.

00:29:16: Jetzt ist nur die Herausforderung, wie es immer und so oft im Leben ist, dass diejenigen, die die Macht haben, die nicht so gerne abgeben wollen.

00:29:25: Das heißt, die Mehrheit der Mitgliedstaaten sagt seit siebzehn Jahren, und ich komme gerade aus dem Gespräch mit einer Gruppe von Staaten, die zum Beispiel dafür Reformverschläge gemacht haben, wie man das reformieren könnte.

00:29:37: Die sind total frustriert und sagen, seit siebzehn Jahren reden wir darüber.

00:29:41: Aber die Herausforderung ist halt, dass die fünf die dieses Vetorecht haben, was eigentlich nicht nur ein Vetorecht ist, sondern die Verantwortung dem Weltfrieden zu dienen, dass die das nichts bisher jedenfalls abgeben wollen.

00:29:54: Und jetzt ist die Frage, wie können wir dann zumindest in kleineren Schritten voran?

00:29:58: Und da hat es Initiativen gegeben.

00:30:00: Sie heißt zum Beispiel Vetoinitiative, hat Lichtenstein eingebracht, sieht noch das kleine Ländlercheviel für den Völkerrecht bewegen, dass zumindest das Land, was ein Veto einlegt, wo alle anderen vier... Los, dann gibt es noch die Nichtständigen Mitglieder des Sicherheitsrates.

00:30:14: Sie werden immer da reingewählt, die meistens immer einer Meinung sind bei Krieg und Frieden.

00:30:21: Wenn die alle sagen, zum Beispiel jetzt der russische Angriffskrieg auf die Ukraine, der Krieg muss gestoppt werden.

00:30:28: Russland soll seine Truppen zurückziehen.

00:30:30: Oder Sie hatten jetzt ein Russland genannt, wir hatten ja auch das Beispiel mit den Amerikanern zum Beispiel, mit Blick auf die Situation in Gaza, wo alle anderen im Sicherheitsrat gesagt haben, wir müssen humanitäre Hilfe reinlassen, wir brauchen Waffenstillstand und dann die Amerikaner vor einigen Wochen gesagt haben, wir sind aber dagegen.

00:30:47: Bei einer dieser Reformschritte, dass dann das Land, was das Veto einliegt, wegen... während alle anderen eigentlich eine Resolution verabschieden wollen, sich dann erklären muss gegenüber der Generalversammlung.

00:30:58: Das ändert zunächst erstmal auch nichts, macht aber deutlich, was die Mehrheit der Mitgliedsstaaten will.

00:31:03: Und das es nicht ist, ja die UN macht ja gar nichts, sondern das ist Einzelne, die es anders sehen.

00:31:08: Und zum Beispiel jetzt in dem Beispiel von Gaza.

00:31:11: haben durch unterschiedliche Maßnahmen die Stadt gefunden hat.

00:31:13: Zum Beispiel gab es diese große Zwei-Staaten-Konferenz, wo Saudi Arabien und Frankreich gesagt haben, so kann es nicht weitergehen.

00:31:19: Wir müssen jetzt gemeinsam in der Generalversammlung diskutieren, was ein Weg zum Frieden wäre.

00:31:24: Es haben hundertzwanzig Staaten unterstützt.

00:31:26: Dann gab es die Veto-Initiative.

00:31:29: Und dann hat der amerikanische US-Präsident nach dieser High-Level-Week, die wir damals im September hatten, dann auch seinen Friedenspaaren vorgelegt und aus den unterschiedlichen Puzzlestücken.

00:31:39: Also sie würden schon sagen, dass sozusagen da jetzt im Herbst auch noch mal klar geworden ist, vielleicht werden die wichtigsten Entscheidungen nicht da getroffen, aber die Debatten finden immer noch auf Ebene der UN statt, also dass das wenigstens ein wichtiges Forum ist.

00:31:54: Auf jeden Fall.

00:31:55: Es gibt keinen anderen Ort auf der Welt, der die Autorität hat.

00:32:00: Rundfünfzig Staats- und Regierungschefs zusammenzubringen.

00:32:03: Nögenswanz kommen alle Heads of States, also Staats- und Regierungschefs zusammen und sprechen da nacheinander.

00:32:09: Und jedes Land spricht dort hintereinander.

00:32:11: Und zum Beispiel beginnt die Debatte immer bei Brasilien und auch nicht bei einem Sicherheitsratsmitglied.

00:32:17: Und wie Sie gerade gesagt haben, diese Debatten haben dazu beigetragen, dass bei der ganzen Frage des Naos-Konflikts endlich nach viel zu langer Zeit richtig Bewegung reingekommen ist, weil Bevor es überhaupt offiziell losging, hat diese zwei Staatenkonferenz stattgefunden, am Tag davor.

00:32:34: Der Seil war rappeldicke voll.

00:32:36: Die ganze Welt war im wahrsten Sinne des Wortes da.

00:32:39: Außer Palästinenser Präsident Abbas, der durfte nicht einreisen.

00:32:41: Da fragt man sich ja auch, sind die USA dann noch das geeignete Gastgeberland für die UN, wenn da so wichtige Vertreter dann gar nicht persönlich sprechen dürfen aus politischen Gründen.

00:32:54: Das ist eigentlich auch verboten, dass die Einreise... verhindert wird.

00:32:58: Es gibt ein klares Abkommen des Gastgeberlandes.

00:33:01: Auch Deutschland hat jetzt zum Beispiel internationale Behörden.

00:33:03: Wir haben in Bonn zum Beispiel das Klimasekretariat, wo ja gerade die Klimakonferenz stattfindet, also ein paar UN-Standorte sind auf der Welt verteilt und Gastgeberländer müssen ermöglichen, dass jeder, der Diplomat ist, dann einreisen kann.

00:33:18: und natürlich auch die Heads of Sales, sonst wird man niemals Friedensverhandlungen führen können, wenn man sagt, Akteure von Kriegsparteien oder wer auch immer dürfen nicht zu den Konferenzen kommen.

00:33:28: Und deswegen war das ein klarer Bruch des Host Country Agreements heißt es.

00:33:32: Und dann auch da.

00:33:33: Dann ist meine Aufgabe als Präsidentin mit anderen zusammen.

00:33:37: Dann kann man das tagelang beklagen oder wie manche schreiben, sagen die Vereinten Nationen, die müssen aufgelöst werden.

00:33:43: Aber das ist ja das Ziel von denjenigen, die im Zweifel eben Debatten verhindern wollen.

00:33:48: Und dann ist

00:33:49: der Sinn von guter Diplomatie.

00:33:52: die zweitbeste Möglichkeit oder drittbeste Möglichkeit zu finden und dann zu schauen, dass in dem Falle dann Präsident Abbas digital zugeschaltet worden ist.

00:34:00: Das ist natürlich nicht Sinn der Sache gewesen, aber so konnte er zumindest sprechen.

00:34:04: und in diesen geopolitischen Zeiten wo natürlich Kompromisse zu finden viel, viel schwieriger geworden ist, nicht aufzugeben, sondern stattdessen zu schauen, wie kann man immer wieder die Mehrheit zusammenbringen, die für die internationale regelbasierte Ordnung einsteht, dass es eine der zentralen Aufgaben von mir, als Präsidentin der Generalversammlung, aber auch der Vereinten Nation insgesamt und deswegen ja die... Vereinten Nationen sind trotz ihres Reformbedarfs wichtiger denn je.

00:34:40: Und wenn es sie nicht gäbe, dann müssten wir sie erfinden.

00:34:44: Man merkt auf jeden Fall, sie brennt für ihren neuen Job, sie brennt für die Vereinten Nationen.

00:34:48: Zum Abschluss interessiert uns da natürlich noch der Blick in die Zukunft.

00:34:51: Sie haben ja jetzt noch ein knappes Jahr vor sich, zehn Monate.

00:34:55: Was wollen Sie denn erreicht haben am Ende dieses Jahres?

00:34:58: Wo würden Sie sagen, das habe ich gut gemacht, da bin ich zufrieden.

00:35:02: Jeden Tag die Brücken zu bauen, die wir brauchen, dass diese Welt nicht komplett auseinander fällt.

00:35:07: Und hier geht es wirklich darum, kleine Brötchen zu backen.

00:35:10: Die Welt ist fragmentiert.

00:35:12: Und meistens ist es so, dass diejenigen, die Dinge kaputt machen wollen, es viel einfacher haben, weil man schlägt einfach oben drauf.

00:35:19: Und diejenigen, die Dinge zusammenhalten wollen, das ist viel anstrengender, weil das, was Sie auch zwischendurch erwähnt haben, man schon im Zweifel, wenn man einfach nur Dinge ausspricht, heftigen Gegenwind bekommt.

00:35:30: Und deswegen besteht jeder Tag dieser achtzigsten Session, heißt das, dieses achtzigsten Jahres darin.

00:35:37: im Dialog zu bleiben, Mitgliedstaaten zusammenzubringen, sich hinter der Karte der Vereinten Nationen zu versammeln.

00:35:43: Und kleine Erfolge haben wir dadurch gehabt, dass wir in der High-Level-Week, was wir gerade angesprochen haben, über hundert und achtzig Staaten waren vertreten und die miteinander diskutiert haben.

00:35:53: Und daraus dann eine Friedensverhandlung für Gaza gefolgt sind, auch wenn das so brüchig ist, dass das jeden Tag auseinandergehen konnten.

00:36:00: Wir hatten letzte Woche gerade den zweiten Weltsozialgipfel.

00:36:05: Den hat seit dreißig Jahren nicht gegeben.

00:36:07: Themen, um für soziale Gerechtigkeit zu sorgen, den Hunger zu bekämpfen.

00:36:11: Es ist wahnsinnig wichtig für viele Staaten auf der Welt.

00:36:14: Das wurde einstimmig verabschiedet.

00:36:16: Manche sind nicht gekommen.

00:36:17: Aber andere haben gesagt, niemals werden die Vereinten Nationen in diesen Tagen überhaupt die Kraft finden, sich hinter die Nachhaltigkeitsziele zu stellen.

00:36:24: Also das sind die kleinen Erfolge, die man tagtäglich hat.

00:36:27: und dann ist eines der großen großen Aufgaben meiner Amtszeit die Wahl eines neuen Generalsekretärs oder einer Generalsekretärin.

00:36:34: Es hat nämlich in achtzig Jahren noch nie eine Frau gegeben, aber auch da Erwartungsmanagement.

00:36:40: Die Wahl wird nicht mehr in meiner Amtszeit stattfinden, sondern die wird dann nächstes Jahr im Oktober, November, Dezember.

00:36:46: Dezember werden wir ein bisschen spät stattfinden.

00:36:48: Aber das ist eines der wichtigsten Projekte, diesen Prozess so zu leiten, dass er transparent ist, dass er fair und gerecht ist und wie er dann am Ende ausgeht.

00:36:58: Das sagt alles über die heutige Zeit aus, das weiß.

00:37:01: Derzeit keiner.

00:37:03: Und auch deswegen ist jeder einzelne Tag daran zu arbeiten mit einer der wichtigsten Aufgaben.

00:37:08: Ja, Sie sagen ja, das ist nach Ihrer Amtszeit.

00:37:10: Das heißt, Sie haben dann nichts zu tun.

00:37:12: Der Job wird frei, wäre das was für Sie?

00:37:15: Nein, ganz so gar nicht, weil ich ja für die regelbasierte Ordnung einstehe und es gibt schöne Regeln in den Vereinten Nationen, das auch der Job der Generalsekretärin oder das Generalsekretär ist immer rotiert, damit auch das gerecht zugeht.

00:37:29: Beim letzten Mal waren eigentlich die Osteuropäer dran, die wurden dann aber schon ausgelassen, was nicht so ganz den Regeln entsprach und jetzt wäre Lateinamerika dran und da gibt es auch schon einige Kandidatinnen.

00:37:40: die einen Hut oder ihren Namen in den Ring geworfen haben.

00:37:43: und den Prozess jetzt zu steuern und wie gesagt dabei auch deutlich zu machen, dass der nächste Generalsekretär, die nächste Generalsekretärin ja die Vereinten Nationen widerspiegeln soll und es sehr schwierig sein wird zu erklären, warum auch nach über achtzig Jahren man auf der Welt keine Frau gefunden hat.

00:38:00: Das erhitzt hier die Gemüte, aber eines der zentralen

00:38:03: Themen

00:38:04: bei der High Level Week und wird sicherlich auch die Debatten in den nächsten Monaten hier sehr bestimmen.

00:38:10: Das heißt, für Sie geht es dann zurück nach Deutschland, deutsche Innenpolitik oder doch eher diplomatische Karriere irgendwo im Ausland.

00:38:17: Wie Sie hier gerade in den thirty-fünf Minuten gehört haben, beschäftige ich mich jede Minute, damit die Vereinten Nationen zusammenzuhalten und was danach kommt.

00:38:26: Nach diesem Jahr, das wird sich dann zeigen.

00:38:29: Das ist vollkommen offen.

00:38:30: Wir sind auf jeden Fall sehr gespannt drauf.

00:38:32: Frau Werber, kommen Sie vielen Dank für das Gespräch.

00:38:34: Danke ebenso, alles Gute.

00:38:39: Ja und damit hat sich Frau Baerbock dann verabschiedet in Richtung Weltklimakonferenz, auch eine Initiative der UN dieses Jahr in Brasilien.

00:38:47: Wie es da weitergeht, das erfahren sie natürlich hier bei uns im FVZ-Podcast für Deutschland oder auf den Seiten der FVZ.

00:38:54: Mir bleibt mich zu verabschieden hier bei Machtprobe, unserem Auslandspodcast.

00:38:58: Mein Name ist Marie Löwenstein und heute ist der fünffzehnte November zwei tausendfünfundzwanzig.

00:39:03: Wenn es Ihnen gefallen hat, dann schließen Sie doch gerne über den Link in unseren Shownotes ein F plus.

00:39:08: Abo ab.

00:39:09: Das wüssten wir hier alle zu schätzen und Sie hätten damit nicht nur Zugang zu allen unseren Podcasts und Bonus-Inhalten, sondern auch Zugriff auf alle Artikel hinter der Bezahlschranke von FATZ.net.

00:39:20: Wenn Sie Feedback und Themenvorschläge haben, auch immer sehr gerne und zwar unter podcastatfaz.de.

00:39:27: Bis zum nächsten Mal!

Über diesen Podcast

Der Nachrichten-Podcast der F.A.Z. mit exklusiven Interviews zu aktuellen Themen aus Politik, Wirtschaft, Gesellschaft und Wissenschaft. Der Podcast für Deutschland bietet Montag bis Freitag um 17 Uhr hintergründige und kontroverse Diskussionen mit F.A.Z.-Redakteuren.

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von und mit Frankfurter Allgemeine Zeitung

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