F.A.Z. Podcast für Deutschland

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00:00:03: Herzlich willkommen beim FAZ Podcast für Deutschland.

00:00:06: An diesem sonnigen, zumindest hier in Frankfurt, Freitag am einundzwanzigsten November in dieser Woche mit mir Andreas Krobock und heute auch einem anderen Host unserer schönen Sendung, dem lieben Kollegen Simon Strauß.

00:00:20: Ich weiß, dass viele von Ihnen sich noch gerne erinnern an unser Feature im vergangenen Jahr.

00:00:26: Schaut auf diese Stadt, ein Sextailer aus der Brandenburgischen Stadt Prenzlau mit teilweise wunderbaren aber auch schmerzhaft tiefen Einblicken in die Seelen der Menschen dort.

00:00:37: Inzwischen sind wir gut ein Jahr später, ein Jahr danach und Simon hat Prenzlau immer weiter besucht, seine Kontakte behalten und jetzt ein sehr, sehr, sehr lesenswertes Buch darüber geschrieben.

00:00:49: Darüber reden wir heute.

00:00:51: Aber jetzt noch schnell ein Hinweis auf unsere Macht.

00:00:54: Morgen früh, da haben die Kollegen Kathi Schneider und Christoph Hain mit dem ehemaligen Kanzler am Chef Wolfgang Schmidt gesprochen, dem Mann unter Olaf Scholz.

00:01:03: Und da führen wir eigentlich das Thema gestern nochmal ein Stückchen weiter, den Ukrainekrieg.

00:01:07: Hier schon mal ein kurzer Vorab-Ausschnitt.

00:01:11: Wenn man sich das rational anguckt, dann wird man nicht mehr zum richtig großen Optimisten.

00:01:17: Und die große Frage ist natürlich, was

00:01:19: kann

00:01:20: Putin dazu bringen, dass er diesen Irrsinn aufhört.

00:01:23: Und wir sehen ja, dass bisher alle Ansätze noch nicht so richtig einen durchschlagenden Erfolg gehabt haben.

00:01:35: Ich freue mich jetzt echt in wenigen Sekunden, meinen langjährigen Kollegen, auch Gastgeber des FHZ Podcast für Deutschland und meinen lieben Freund Simon

00:01:44: Strauß hier bei uns

00:01:46: zu begrüßen.

00:01:47: Ich hoffe, viele von Ihnen erinnern sich noch an unsere Große Sommerserie im vergangenen Jahr.

00:01:52: schaut auf diese Stadt, in der es um Prenzlau ging.

00:01:56: Prenzlau in Brandenburg, nicht zu verwechseln, mit dem Stadtteil in Berlin.

00:02:00: Simon Strauß hat wirklich Monate dort verbracht, hat uns alle mitgenommen in diesen ostdeutschen Kleinstadt Kosmos und ich würde mal sagen Spuren erkannt und dann auch ein bisschen Spuren hinterlassen.

00:02:16: Warum wir heute sprechen?

00:02:17: Jetzt hat der Guter auch noch ein Buch geschrieben über all seine Erlebnisse, über alle Ereignisse und vor allen Dingen auch Konsequenzen, Schlussfolgerungen mit dem Titel In der Nähe vom politischen Wert einer ostdeutschen Sehnsucht.

00:02:33: Und nicht nur darum sprechen wir heute.

00:02:35: Also erstmal Hallo Simon, schön, dass du da bist.

00:02:38: Andreas, eine große Freude hier zu sein.

00:02:40: Vielleicht mal vorab, wie schwierig findest du es, wenn zwei Wessis wie wir über den Osten sprechen?

00:02:47: Das ist schwierig.

00:02:49: Auf der anderen Seite würde ich immer sagen, wenn wir interessiert, respektvoll und staunend auf den Osten schauen, dann dürfen wir das.

00:02:56: Staunend hört sich jetzt so ein bisschen, als würden wir so gehen.

00:03:01: Nee, finde ich nicht.

00:03:02: Das ist die Grundvoraussetzung, um das Schöne und Gute bei einem anderen zu erkennen, auch im Umgang miteinander.

00:03:09: Wenn wir nicht staunen, dann können wir uns auch nicht freuen, dann finden wir auch nicht das Wundersame und das Besondere am Gegenüber.

00:03:16: Deswegen würde ich das verteidigen, das Wort staunenden Blick.

00:03:19: Den hab ich gehabt auf dem Blick beim Osten.

00:03:21: Wollte

00:03:21: ich grad nachfragen.

00:03:22: Wo drüber hast du gestaunt?

00:03:23: Ich hab gestaunt über die Dynamik, die es dort gibt.

00:03:26: Also das merk ich auch in den Gesprächen, die ich jetzt wieder führe, verstärkt über Prenzlau.

00:03:33: Es ist einfach dort die Kacke am Dampfen, muss man sozusagen.

00:03:38: Ja.

00:03:38: Ja, es geht um vieles.

00:03:41: Kakao Dampfen im Sinne von AfD ist bei

00:03:43: der

00:03:44: Stadt

00:03:45: genau die macht.

00:03:46: übernahme von rechts.

00:03:47: sie drohende die frage was heißt demokratie eigentlich?

00:03:50: ist das noch repräsentativ oder wollen wir direkte demokratie haben?

00:03:53: wie geht es weiter mit der vorstellung von arbeitsplätzen?

00:03:57: was bedeutet diese ganze russland frage also alle möglichen ... politischen Themen, die wir ja so ... ... dann doch hier auch im Westen ... ... vielleicht auch in so Hochhäusern, ... ... in den WC gerade sitzen, ... ... so doch aus der Distanz wahrnehmen und ... ... übersprechen, die hat man da vor Ort ... ... ganz körpernah, will ich mal sagen.

00:04:13: Und deswegen ... ... ist da eine aber auch besondere Dynamik.

00:04:16: Das heißt, es ist nicht nur ... ... furchtbar, ängstlich, gefährlich, ... ... das ist es auch, aber es ist auch herausfordernd ... ... mitnehmend aktivierend.

00:04:24: Also man geht eigentlich nach Prenzlau ... ... aus

00:04:26: elektrisierend?

00:04:27: Elektrisierend, man geht nach Prenzlau ... ... als Gefühl, wir müssen was tun.

00:04:30: Wie fanden das diese Menschen in dieser, ich glaube, zwanzigtausend Einwohnerstadt, dass ich so ein Typ, wie du sich unter sie mischen wollte, eindrängen wollte?

00:04:40: Du hast es ja schön gesagt, Spuren gefunden, aber auch ein bisschen Spuren hinterlassen.

00:04:43: Genauso fühle ich mich auch, muss ich sagen, jetzt nach dieser langen Reise, die ich zusammen mit dieser Stadt gemacht habe.

00:04:50: Es war eine Reise und die Reise ist auch noch nicht zu Ende.

00:04:53: Ich bin jetzt dort immer noch ein Beobachter.

00:04:56: Ich bin nicht anerkannt als Teil, aber trotzdem ... so ein bisschen mehr Vertrauen als vom Anfang, das habe ich jetzt schon gespürt.

00:05:05: Also ein bisschen bin ich da, wie soll man sagen, vom reinen Beobachter zum teilnehmenden Beobachter geworden.

00:05:12: Vielleicht tun wir zum Beginn nochmal ein bisschen weiter aus.

00:05:14: Ich erinnere mich noch ganz gut an den Jahreswechsel.

00:05:17: Dreiundzwanzigvierundzwanzig, da kamst du.

00:05:21: Zu mir kamst du uns in die Redaktion, hast mit leuchtenden Augen, wie im Übrigen auch jetzt, von dieser Idee gesprochen vor der Landtag.

00:05:29: in Brandenburg monatelang dieses Städtchen zu besuchen und zu erzählen, ja wie die sorry Aussies ticken und warum sie vielleicht auch in Massen AfD wählen, was ja dann nachher passiert ist, ohne aber gleichzeitig Rechtsradikal zu sein.

00:05:44: Was war damals deine Motivation?

00:05:46: Es war wirklich so, dass ich... mehr oder weniger zufällig gesehen hatte, dass es eine Kreistagssitzung gibt zur Diskussion um die Errichtung als zweiten Flüchtlingsheim.

00:05:55: Da bin ich einfach mal hingefahren, ich mir eigentlich Theaterkritiker.

00:05:57: neben dem Podcast beruf, den ich jetzt hier vor allem machen darf, bin ich ein Theaterkritiker und hatte irgendwie so das Gefühl, da könnte eine dramatische... ... Dimmungen herrschen und das gucke ich mir einfach mal an so.

00:06:07: Theater auch im politischen Bereich, das hat ja durchaus ... ... miteinander zu tun.

00:06:11: Und das hat mich enorm elektrisiert in der Tat.

00:06:14: Dieser Schlagabtausch, dieses ... ... zwischen denen der Bevölkerung und den ... ... Polizisten, Repräsentanten, die Vorwuchshaltung, ... ... die Rachsucht, die da auch im Raum stand, die Bereitschaft ... ... generell zu sagen, wir glauben einfach nicht mehr daran, ... ... dass repräsentative Demokratie das Richtige für uns ist.

00:06:29: Also, ich will damit jetzt sagen, das hat mich so ... angefasst und ich hab das Gefühl gehabt, ich muss da jetzt näher und dichter beschreiben, weil man kann jetzt nicht nach Hause gehen, einfach die Überschrift setzen, alle rechtsradikal.

00:06:40: Das ist zu wenig, um zu verstehen, wie da Dinge gerade in Bewegung kommen und wo es auch darauf hinausläuft.

00:06:48: Auf dem Buchrücken steht bei dir, dass Glück eines Menschen hängt daran, in der Nähe von anderen zu sein.

00:06:56: Das klingt jetzt auf den ersten Blick nicht wie ein Bahnbrechen, neuer Erkenntnis.

00:07:00: Klar, wir wollen doch alle lieben und geliebt werden.

00:07:02: Aber wie meinst du das in diesem Prenzlau-Zusammenhang?

00:07:06: Ja, genau wie du sagst, erstmal ist das ja so eine, wie soll ich sagen, keine besonderen Nachricht-Neuigkeit.

00:07:13: Nähebedürfnis, jedes Kind spürt das.

00:07:17: Ich glaube, nach diesen zwei Jahren, die ich jetzt im Prenzhof verbacht habe, aber wirklich daran, dass das ein Schlüssel sein könnte, um die politischen Fragen unserer Zeit anders zu betrachten und vielleicht eben dann auch anders zu lösen.

00:07:30: Das meine ich damit.

00:07:31: Das musst du erklären.

00:07:32: Ja, es ist auch nicht so ganz einfach.

00:07:33: Ich weiß auch noch selber gar nicht genau, ob es stimmt.

00:07:35: Aber ich könnte mir schon vorstellen, dass es zumindest mal ein anderer Weg wäre, als eben diese Label zu vergeben.

00:07:40: Rechts, links, Ausländer, Feinde, Versus, Liberalsuper, Leute und so.

00:07:44: Dass man eben sagt, es gibt dort ein spezifisches, und das war mal nicht ernst, spezifisches Sehnsucht nach Nähe, die nicht erfüllt wird im Osten.

00:07:53: Und jetzt sagen wir mal spezifisch in Prenzlau.

00:07:56: Und das hat damit zu tun, dass die Menschen aus einer Tradition kommen, DDR-Zeit, wo Zusammenhalt, Gemeinschaft, Nähe.

00:08:04: eine große Rolle spielte.

00:08:05: Ganz unterschiedliche Leute in dieser Stadt haben davon berichtet, mit leuchtenden Augen.

00:08:09: Was war gut an der DDR, diese Frage?

00:08:11: Das kam immer wieder.

00:08:12: Wir lebten in Häusern, da konnte man die Türen auflassen.

00:08:15: Da kannten sich die Nachbarn, da gab es Hilfe.

00:08:16: Kann man in Bayern aber auch übrigens, weiß ich von meinen Freunden, da?

00:08:19: Ja, vielleicht auch jetzt noch auf dem Dorf in Bayern.

00:08:21: Darum zukommt aber, dass es in Bayern natürlich nie die Verunsicherung gab, die dann in Wände, neunziger Jahre, wo das alles zusammengebrochen ist, ne?

00:08:28: Dieses gesättigte Bewusstsein, was du von deinen bayerischen Freunden natürlich kennst, diese Vorstellung davon.

00:08:33: geht es irgendwie doch dann noch ganz gut und es wird auch immer ganz gut bleiben.

00:08:37: Wir haben Erbschaften, wir haben Besitz.

00:08:38: Das gibt es dort nicht.

00:08:40: Und deswegen ist auch diese Sehnsucht nach Nähe da nicht so ganz idyllisch schön nett, sondern sie hat auch was Aggressives.

00:08:45: Ihr habt jetzt herzukommen, Politik, nicht da in Berlin in der Blase bleiben, sondern ihr müsst hier vor Ort die Sachen besser machen.

00:08:53: Und zwar möglichst... Jetzt.

00:08:55: Also diese Sehnsucht danach, dass Dinge sofort entschieden werden.

00:08:59: Nicht irgendwie vertagt in irgendwelchen Gremien, so, sondern jetzt hier.

00:09:04: Das hat auch was, wie ich sage, rachsüchtiges und aggressives.

00:09:08: Und deswegen will ich nur sagen, näher, klingt erst mal so nach so einem possierlichen netten Ton oder Wort, klingt nach einem netten possierlichen Wort, hat aber einen fast schon düsteren, aggressiven, gefährlichen Unterton.

00:09:23: Ich meine, du verwendest viel Mühe darauf, den Unterschied ja von Oststolz und Osttrotz zu erklären.

00:09:31: Ist das wirklich ein Zwingler-Unterschied oder bedingt da das eine auch das andere oder folgt daraus?

00:09:36: Ich würde sagen, es ist eine ganz andere Umschlag.

00:09:38: Ich wäre nur sehr vorsichtig, weil Oststolz in Osttrotz umschlagen kann, generell.

00:09:45: das abzusprechen, dass Menschen aus dem Osten stolz haben dürfen.

00:09:49: Oder sogar vielleicht... Aber wer

00:09:50: tut das?

00:09:51: Wer tut das?

00:09:52: Wer tut das?

00:09:52: Wir Wessis sprechen den das ab und sagt, ihr in eurem blöden Sozialismus oder wie man es...

00:09:58: Die Wessis?

00:09:58: So fühlen die sich.

00:09:59: Die Wessis haben durchaus die Tendenz noch heute entweder zu sagen Dunkeldeutschland, Frustregion, gefährlich.

00:10:08: Jeder sechste Westdeutsche war noch nie in Osten.

00:10:10: Wollen wir nichts mitzutun haben.

00:10:12: Fragen wir uns mal hier.

00:10:12: So, auch unsere Hörer und Hörer.

00:10:14: Welches Interesse haben wir eigentlich wirklich am Osten?

00:10:16: Wie oft sind wir wirklich dort?

00:10:19: Was sehen wir jenseits der Überschriften und der Spiegeltitel?

00:10:22: und blaue Land und so?

00:10:24: Das ist die eine Tendenz.

00:10:24: Die andere aber, die mindestens, ich sage auch problematisch, ist, dass sie über den Kopf streichen.

00:10:30: Ach Gott, ihr habt's wirklich schwer gehabt.

00:10:33: Lebensleistung.

00:10:34: Mitleid ist so

00:10:34: lang,

00:10:36: tiefer kann man kaum fallen.

00:10:37: So,

00:10:38: und das sind zwei Erhaltungen, die ich falsch finde.

00:10:42: Wir müssen den Stolz von Ostdeutschen anerkennen.

00:10:46: Und dieser Stolz hat nicht nur mit Erfolg zu tun.

00:10:49: Deswegen, Andreas, ist der Unterschied zu Westen.

00:10:52: Es ist nicht nur der Stolz auf die Erfolge Wirtschaftswachstum, Exportweltmeister, wir haben hier Audi, BMW, so.

00:10:58: Das ist nicht der Erfolg der Ostdeutschen.

00:11:00: Der Erfolg der Ostdeutschen ist es, durchgehalten zu haben, widerständig gewesen zu sein, aufgestanden, nicht den Kopf in den Sand.

00:11:07: Diese neunziger Jahre sind die Jahre der Baseballschlägerjahre, die rechtsextreme Gewalt.

00:11:11: Ja, aber sie sind auch Jahre, wo Menschen es trotzdem geschafft haben.

00:11:16: haben, nicht zu verzweifeln und zu Grunde zu gehen, auch emotional, mental.

00:11:20: Das können wir beide uns nicht vorstellen.

00:11:21: Was das bedeutet hat, wenn dir von jetzt auf gleich komplett der Boden unter den Füßen weggezogen wurde, ja?

00:11:27: Und da finde ich eben, muss man ansetzen und über diese neunziger Jahre und folgende bis heute anders sprechen.

00:11:32: Es ist eine Aufgabe auch an uns als Nation, eine andere Form der Geschichte zu finden, wie wir über dieses Land sprechen.

00:11:39: An anderen Stelle schreibst du und vergleichst du Narben, gibt es auch im Westen.

00:11:45: Osten, aber sind die Wunden immer noch offen.

00:11:47: Ja,

00:11:47: das ist so, thirty-fünf Jahre ist keine lange Zeit.

00:11:50: Ich bin thirty-seven.

00:11:52: Also, das ist nah dran.

00:11:54: Und das merkt man auch interessant.

00:11:56: Aber geht das

00:11:56: den Jüngeren auch so?

00:11:57: Ja, das soll

00:11:58: ich sagen.

00:11:59: Ich habe ja auch in dem Buch jüngere Leute, die auch im Podcast damals noch nicht vorkamen, aber ich habe natürlich schon auch das Interesse an jüngeren Prenzlauren, Prenzlauren gehabt.

00:12:06: Und diese Kategorie Ost-Deutsch ist in ihnen drin.

00:12:10: Und manche nutzen das ... sagen wir mal, als so ein Widerstandsbegriff, um den Stinkefinger zu zeigen.

00:12:16: Also das ist dann das, wo die AfD natürlich sehr absahnt.

00:12:18: Wir sind Ostdeutsch, wir sind eben anders, wir sind eben rechts und wir sind eben gegen alles, was irgendwie da von Berlin kommt.

00:12:24: Wir scheißen

00:12:24: auf euch.

00:12:25: Wir scheißen auf euch, eben der Mittelfinger.

00:12:27: Es gibt aber auch, ich habe einen Kapitel über eine junge Wissenschaftsvermittlerin Pauline, die mit Absicht eben in Prenzlau lebt, dort ein kleines Kind hat und die eben sagt, ich möchte gerne diesen Ostdeutsch Begriff für mich haben, aber ich möchte ihn cool finden.

00:12:41: Es ist was Cooles dran an diesem Ostdeutsch Begriff.

00:12:44: Und er ist was Zukunftszugewandtes.

00:12:45: Wir haben was geschafft.

00:12:47: Bei uns ist das sozusagen, ist die Sicherheit vielleicht nicht da, aber dafür sind wir auch vielleicht besonders kreativ.

00:12:53: Und emotional interessanter, eben als die Starnberger Jungs, die sowieso den WM vom Papa in der Garage haben.

00:13:02: Die

00:13:02: Neo-Liberisten,

00:13:03: schreibst du auch mal.

00:13:04: Die ist noch Gibb vielleicht, die letzten Christian Lindner aus dieser Welt.

00:13:08: Demo ein guter Moment, um mal nochmal einen kurzen Ausschnitt auch aus unserem Feature.

00:13:13: um seiner Zeit zu hören, dass ich natürlich auch nochmal verlinke für alle, die es nicht kennen.

00:13:18: Also es ist wirklich außerordentlicher Hörungswert und das sage ich jetzt nicht nur als Werbung.

00:13:23: Und wir hören mal rein.

00:13:25: Wir waren jedes Jahr als Hermesse.

00:13:28: Und wir hatten schon.

00:13:28: als DDR-Zeit hatten wir schon die Möglichkeit, bunte Prospekte zu drucken in russisch, englischer und deutscher Sprache zu den Kältearmatoren.

00:13:37: Und damit sind wir als Hermesse gefahren, schön sortiert, russisch, deutsch, englisch.

00:13:42: Eine Erinnerungssplitte aus den frühen neunziger Jahren.

00:13:45: Da besuchen zwei DDR-Manager aus Prenzlau eine Kälte-Fachmesse in Nürnberg.

00:13:51: Ihre Expertise sind Kälte-Armaturen, also maschinell gefertigte Teile, die man zum Kühlen von Lebensmitteln braucht.

00:14:01: Sie sind stolz auf ihre Produkte, stolz auf das, was sie den westdeutschen Kunden

00:14:06: zu bieten

00:14:07: haben.

00:14:08: Die Besucher flanieren vorbei, Schauen interessiert, nehmen sich hier und da ein paar Informationen mit.

00:14:14: Ein offensichtlich gut betuchter Herr aus der Gegend mit langen Blodenmantel tritt an ihren Stand heran.

00:14:22: Mustert das Angebot.

00:14:25: Greift mit der linken Hand wahllos in den Stapel mit Werbematerial.

00:14:31: Und wie das Dolblat will, ist in den deutschen Stapel ein russisches Perspekt, hat gerade, wie er zugreicht, in seine Hände gekommen.

00:14:39: Da

00:14:39: guckt er hier an und sagt, Das ist ja sowieso nur als russischer Drackier.

00:14:44: Ach, da zu mir.

00:14:46: Ja, was haben wir gemacht und nicht beeindruckend lassen?

00:14:49: Gott sei Dank, weil der kann nur sagen, das bildet sich ein oder so.

00:14:52: Stillschweigen.

00:14:53: Und diese Stillschweigen zu

00:14:56: und

00:14:56: Dingen, die uns widerfahren sind, war unser großer Vorteil.

00:15:00: Aber da wollen wir jetzt nicht drüber sprechen.

00:15:08: Simon, wen haben wir da gehört?

00:15:09: Was ist das für eine Story?

00:15:12: Es sind Helden der Arbeit, die wir da gehört haben, und zwar Helden, die noch nie über ihre Abenteuerliche Geschichte erzählt haben.

00:15:18: Wir haben das erste Mal mit mir überhaupt über diese Zeit geredet, über diese Erfahrung.

00:15:22: Das war auch so ein Moment, ich habe vorhin gesagt, Kreisersitzung, aber dieses Gespräch mit den AWP-Managern, also den Managern eines Amaturenbergs Prenzlau, das Identitätsstiftende Werk zur DDR-Zeiten, über tausend Mitarbeiter.

00:15:34: Das war eine blühende Situation, so wie es beschrieben wird oder auch von Fotos man sehen kann.

00:15:39: Kegelbahnen, Kunstsammlungen, die Ferien wurden organisiert.

00:15:42: Arbeit war in der DDR ein riesiges Konglomerat.

00:15:46: an Dingen.

00:15:47: Also eigentlich so wie man heute sich vorstellt, dass Google ja auch das Privatleben seiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter komplett irgendwie mit organisiert.

00:15:53: Man kann die Allzellen einfrieren und so.

00:15:55: So ein bisschen habe ich mir das auch vorgestellt bei AWP.

00:15:58: Also das muss ein unglaublicher Identitätsschiften der Ort gewesen sein.

00:16:01: Ja, aber im

00:16:02: Entschuldigung kurz unterbrochen, ähnlich wie bei Google heute, wer du warst damals dagegen.

00:16:07: Dann warst du auch nicht drin.

00:16:08: Natürlich.

00:16:08: Du musstest die politischen Fragen, darüber ist ja gar keine Zweifel.

00:16:12: Das haben wir ja nur... Das ist genau der Punkt.

00:16:16: Wir haben uns so viel damit beschäftigt, auch zurecht beschäftigt, immer zu sagen Unrechtsstaat, Unrechtsstaat, Unrechtsstaat, Diktatur, SED-Diktatur, das ist alles korrekt.

00:16:26: Es gibt keinen, also full stop, es ist korrekt.

00:16:29: Aber wir haben eben geglaubt, dass wir das Problem der Wiedervereinigung dadurch lösen, dass wir die politischen Verfehlungen an die Tafel schreiben.

00:16:39: Und den menschlichen Faktor haben wir aber aus dem Blick gelassen.

00:16:42: Und hier sieht man den menschlichen Faktor.

00:16:44: Und in dieser Szene, auch jetzt gerade, die du gespielt hast, sieht man so paradigmatisch, wo es geht.

00:16:50: Da beschreibt also ein... ehemals stolzer AWP-Manager, wie er nach der Wende in Nürnberg in einer Messe ist.

00:16:59: Und da kommt so ein Lodenmantelträger an und guckt so auf den Tisch, nimmt so eine Broschüre raus und schmeißt ihr auf den Boden und sagt, ist ja hier nur alles russischer Dreck, was ihr gemacht habt.

00:17:08: Ihr habt nichts, nichts, was ihr gemacht habt, diesen Fürzihan, bedeutet mir was.

00:17:13: Eure Werte, das, was ihr gearbeitet habt, ist alles minderwertig.

00:17:17: Und dieser Satz ... Das muss man sich wirklich vorstellen, wie der fortwirkt bei diesem jetzt weit über achtzigjährigen Mann.

00:17:22: Ich denke noch jeden Tag an diesen Satz.

00:17:24: Und der hat ihn geprägt.

00:17:25: Und das schreibe ich ja auch.

00:17:27: Versteht man da nicht, woher auch ein Gefühl kommt, dass nicht anerkannt werden und auch das Rache nehmen wollen an diesem System?

00:17:37: Das ist die Frage.

00:17:38: Und deswegen glaube ich, um es nochmal zu sagen, wir müssen bei der politischen Diskussion aufpassen, dass wir nicht immer nur auf der politischen Ebene diskutieren, sondern auch die emotional-psychologische Komponente.

00:17:48: mit ihnen den Blick nehmen, um zu einer Erklärung der Gegenwart zu kommen.

00:17:51: Ich meine, du beschreibst im Buch die Leute von der AWP exemplarisch als Menschen, die sich so langsam, du sagst, der Mann ist Achtzig, ihres Könnens bewusst werden, die beginnen auf ihren Kampfgeist, ihren Durchhalte willen und Achtung, ihre Wunden auch stolz zu sein.

00:18:10: So ist

00:18:10: es.

00:18:10: Das ist aber doch schon eine Metamorphose.

00:18:13: Das

00:18:13: ist eine Metamorphose, das ist natürlich auch ein Paradox.

00:18:15: Kann man auf Wunden wirklich stolz sein?

00:18:16: Ich würde sagen, ja.

00:18:18: kein Held, kein Fußballer, kein Boxer, der nicht irgendwie zeigen kann, was er durchstanden hat, oder?

00:18:24: Du bist Sportler, du weißt genau, worum es geht.

00:18:26: Es ist am Ende nicht nur die Erfolge, nicht nur die Pokale hochhalten ist toll, sondern auch zu zeigen.

00:18:32: Was zeigt mir deine Wunden?

00:18:33: Was habe ich durchstanden?

00:18:34: Wo bin ich durchgekommen, ja?

00:18:35: Nein,

00:18:36: ist ja kein Geheimnis, dass Menschen aus Niederlanden mehr lernen als Aussegenden.

00:18:39: So, und auch Interesse.

00:18:40: Da kommt das Interesse her an Menschen auch und zwischen uns, dass wir über die Niederlagen sprechen.

00:18:45: Aber genau der Punkt ist eben bisher, glaube ich, nicht erfüllt worden.

00:18:48: Wir haben immer versucht, wie gesagt, so bedauern zu reden über das, was passiert ist, aber diesen Stolz zu wecken, über das Durchhaltevermögen, diesen Kampfkreis, genau wie du sagst.

00:18:56: Das kann man paradigmatisch an den AWP, aber das kann man an ganz, ganz, ganz vielen anderen menschlichen... Schicksalen und menschlichen Lebensgeschichten kann man das auch erzählen.

00:19:04: Und das zum Beispiel, was der Bundespräsident mal viel besser machen könnte, als so die großen Reden über die Lebensleistung im Abstrakten und so weiter und so fort.

00:19:12: Oder die tiefen Fall und Zusammenbruch und so.

00:19:14: Einfach mal solche Geschichten erzählen, ganz frei weg von der Leber und vom menschlichen Faktor her gedacht.

00:19:20: Würdest du soweit gehen zu sagen, dass die jetzt nicht mehr in ihren Kränkungen, von denen wir auch gehört haben, feststecken?

00:19:27: Naja, das ist natürlich so, da erinnert sich gerade ganz viel.

00:19:30: Wir sind in einem hochspannenden Moment, thirty-fünf Jahre.

00:19:32: Jetzt bricht ganz viel auf.

00:19:35: Eine ältere Generation steckt natürlich da fest.

00:19:37: Das habe ich auch gemerkt.

00:19:38: Natürlich gibt es auch viel DDR-Nostalgie und viele Leute, die auch nicht mehr rauskommen werden aus dem... diesen verknoteten psychologischen Momenten.

00:19:45: Aber das geht jetzt genau um diese junge Generation, die jetzt eben so dreißig sind.

00:19:49: Oder vielleicht auch vierzig, ja?

00:19:51: Da habe ich auch viele Leute getroffen, da tolle Typen, die auch da zum Beispiel im Rotariklub sind, Unternehmer, kleine mittelständische Unternehmer, die wie gesagt jetzt sich nicht ausruhen können auf diesem bayerischen sozusagen Wohlfühlmoment, sondern wirklich haxeln, arbeiten.

00:20:05: Und da merke ich eben, die haben natürlich noch dieses Ostdeutsche und gleichzeitig wollen sie nach vorne in eine andere, sie wollen auch wegkommen von diesem, von uns auch immer wieder reproduzierten Düster, Dunkel, AfD.

00:20:16: Denkst, sie wollen sagen, wir sind zwar vielleicht ein bisschen anders als ihr, aber wir haben hier auch Lebenskraft, Lebensfreude.

00:20:23: Bei uns kann man aufbauen nach wie vor.

00:20:26: Und

00:20:26: das ist auch wunderschön, da muss man sagen, ein schöner See.

00:20:28: Also ich hatte nicht das Vergnügen, aber viele andere Kollegen waren ja mal mit dir dort, die haben, kamen alle wieder und haben gesagt, meine Herren.

00:20:34: Stadtküstsee.

00:20:35: Ich meine, ein erotischeres Stadtmotto.

00:20:37: Ich weiß gar nicht, ob man das findet.

00:20:39: Und man kann da segeln, man kann in diesem tollen Campingplatz, das diese Stadt auch selber gebaut hat, sitzen und aufs Wasser gucken.

00:20:46: Platzseg, den ich ja auch hatte, kommen wir vielleicht gleich noch drauf.

00:20:49: Der hat eben auch mir so die Augen geöffnet gesagt, wenn man über Prenzlau nachdenkt, muss man zum Beispiel die Landesgartenschau nachdenken.

00:20:55: Die dauert statt von zwei, drei, zehn.

00:20:56: Die hat der Stadt überhaupt das Herz geöffnet, zu glauben, dass wir eben auch mal schön sein können.

00:21:01: Ein

00:21:02: Plädoyer für Landesgartenschau.

00:21:03: Ja.

00:21:04: Am Ende auch ein politischer Akt.

00:21:05: Weißt du, das habe ich auch nicht so nachgedacht.

00:21:06: Aber sowas wie Landesgartenschau, sowas wie ein Campingplatz, der sehr, sehr gut besucht ist.

00:21:09: Das gibt zu einer Stadt auch Selbstbewusstsein.

00:21:12: Nicht nur die Wahlergebnisse zählen, sondern eben auch sowas.

00:21:17: Wir müssen natürlich... ... auch auf die AfD zu sprechen kommen.

00:21:20: Und du hast da ja nicht wenig Zeit verbracht ... ... mit Felix Teichner, ... ... der dann ja auch im Nachhinein bei der Landtagswahl ... ... mit Abstand die meisten Stimmen ... ... in Prenzlau bekommen habe.

00:21:31: Ich habe nochmal nachgeguckt, ... ... waren fast vierzig Prozent.

00:21:34: Das finden wir im Westen ja ziemlich schwierig.

00:21:37: Wie findest du es jetzt im Nachhinein?

00:21:39: Verständlich wahrscheinlich.

00:21:40: Bei Essen würde ich auch sagen ... Wir haben ja auch einen kleinen Weg jetzt gegangen, auch im Westen.

00:21:45: Wenn du die letzten NRW-Wahlen anguckst, gibt es natürlich

00:21:47: ... Richtig, aber sind nicht vierzig Prozent, ne?

00:21:49: Nein,

00:21:49: aber wir kommen jetzt nicht mehr so einfach hin zu sagen, es ist ein Ostproblem, die AfD.

00:21:54: Das ist schon ... Es ist auf jeden Fall ... ein Ost spezifisches, aber nicht ein Ost ausschließliches.

00:22:01: Naja,

00:22:01: aber wenn wir jetzt über Landtagswahlen reden und auch im nächsten Jahr kommt Sachsen-Anhalt, da reden wir ja möglicherweise über die erste AfD-Landesregierung.

00:22:08: Entschuldigung, dass ich da widersprechen muss.

00:22:09: Das haben wir jetzt in NRW nicht annähernd.

00:22:12: Da gibt es Städte.

00:22:14: Aber lasst bei Teichner bleiben.

00:22:16: Ja, also bei Teichner ist es so, dass er... Viele haben gesagt, wenn der Teichner nicht in der AfD wäre, also viel auch der Jüngerin, dann wäre der völlig okay für uns.

00:22:25: Wenn der Partei los wäre, der macht

00:22:26: viel.

00:22:26: Der hätte noch mehr gebildet.

00:22:28: Noch mehr gebildet.

00:22:28: Ich glaube auch übrigens... Wenn er nicht eine AfD wäre, dann wäre er jetzt nicht zu halten, aufzuhalten, weil er kandidiert jetzt ja als Landrat.

00:22:36: Das war ja auch eine ganz schöne Reise, die ich da mit ihm zusammen war.

00:22:39: Da habe ich immer wieder getroffen und da endet die Reise jetzt mit seiner Kandidatur für den Landrat, also für das höchste Amt in der Region.

00:22:45: Und er hat sehr gute Chancen.

00:22:47: Das könnte ich jetzt ausführlicher erklären, warum, aber ich will einfach nur so zwei Sachen sagen.

00:22:50: Das erste ist, dieser AfD-Politiker versteht es, sehr geschickt Nähe zu inszenieren.

00:22:57: Ah ja, da sind wir wieder in der Nähe.

00:22:59: Er organisiert Traktorwettbewerbe.

00:23:02: Er ist im Naturschutzverein.

00:23:04: Er bietet Familien, die nach Prenzlaut ziehen und nicht sofort eine Wohnung finden.

00:23:08: Ein Wohnung zahlt das erst mal.

00:23:10: Er kämpft für das Krankenhaus.

00:23:11: Der

00:23:11: bezahlt für die.

00:23:12: Er

00:23:12: macht natürlich Großwerbung damit.

00:23:15: Ich sorge dafür, dass Zuzug kommt.

00:23:17: Er kämpft dafür erfolgreich, dass das Krankenhaus in der Stadt bleibt.

00:23:22: Hoch im Strittende Frage.

00:23:23: Am Ende aber auch emotional, nicht rational.

00:23:27: Das ist sinnvoller Krankenhäuser.

00:23:29: gut auszustatten in verschiedenen Ankerzentren und so weiter.

00:23:34: Aber für so eine Stadtgesellschaft, habe ich gemerkt, gerade auch eine überalterte Stadtgesellschaft, selbst wenn sie nicht hingehen, ist sie wie mit den Kirchen, dass ein Krankenhaus da ist beruhigt.

00:23:43: Sicherheitsgefühl.

00:23:44: Und die AfD schafft es, vor allem Teichner, dieses Sicherheitsgefühl für sich zu reklamieren und sagen, wir sorgen dafür, dass das hier bleibt.

00:23:53: Flüchtlingsheim, gegen Ding, wir sorgen dafür, dass es nicht kommt, also Unsicherheit nicht herkommt.

00:23:57: Also diese ganzen Inszenierungen von Nähe, würde ich sagen, erklären viel von dem Erfolg.

00:24:02: Das ist nicht so sehr die Frage...

00:24:04: Du sagst aber jetzt Inszenierungen.

00:24:05: Ist es nicht echt gewesen vom Gefühl her?

00:24:08: Na ja, Andreas, was ist schon echt?

00:24:09: und was ist Inszenierung?

00:24:10: Politik ist, was soll ich, zu achtzig Prozent.

00:24:12: Inszenierung und Inszenierung sind ja auch echt.

00:24:15: Aber wenn du in fünf verschiedenen Vereinen bist und dich da auch engagierst, hat das ja auch was echtes, weil du tust es ja.

00:24:20: Ich würde jedenfalls nicht, nein, ich würde nicht hingehen jetzt, wo wie wir vielleicht noch vor zweiter Jahren sofort Reflex aufgesagt haben, das ist ein Rechtsradikaler.

00:24:27: mit dem beschäftigen wir uns nicht, reden wir nicht, das ist ein Nazi.

00:24:29: So, da bringt, das bringt nichts.

00:24:30: Man muss anerkennen, dass das sehr verwurzelte Leute sind.

00:24:35: Auf dem Neuersumfang der Stadt Prenzlau, auch paradigmatische Szene für mich, ist der einzige Bundestagsabgeordnete, der sofort, da ist der von der AfD.

00:24:43: In vielen Sitzungen ist die AfD... Vertreten, Bürgerdialoge, AfD, Windkraft, zentrales Thema im Osten auch.

00:24:52: Die AfD ist immer dort.

00:24:54: Für die Windkraft.

00:24:55: Die ist dort.

00:24:57: Nein, in diesem Fall ist sie für die Windkraft, aber jedenfalls es gibt auf jeden Fall immer, wo es irgendwie Reibungspunkte ist.

00:25:03: Das heißt, sie ist ein Volkspartei.

00:25:05: Dort.

00:25:06: Wir müssen wegkommen von der Vorstellung, dass... Ich dachte,

00:25:08: die SPD ist eine Volkspartei.

00:25:09: Ja, das dachte ich auch, als ich anfing.

00:25:11: Und dann hat Matthias Pazin mir gesagt, wie viele Mitglieder die noch haben in Brandenburg.

00:25:15: Wie viele?

00:25:15: Nicht mal tausend.

00:25:16: Nicht mal tausend

00:25:17: im ganzen Brunnen.

00:25:18: Ein bisschen

00:25:19: mehr als tausend Brunnen.

00:25:20: Aber ich meine, und das ist genau der Punkt, da sind wir auch eine hochspannende Frage.

00:25:24: Die AfD hingegen wächst.

00:25:26: Die haben Zuwächse der Mitglieder.

00:25:29: In einer Region auch das ja ein Unterschied, wo Parteien generell Skepsis gegenübergebracht wird.

00:25:34: Im Osten.

00:25:36: Partei ist nicht verwurzelt, das Parteien denken.

00:25:38: Wächst diese Partei, hat Mitglieder Zuwachs, die Leute engagieren sich dort.

00:25:43: Das ist auch viel, wie soll ich jetzt ausdrücken, wie Sigmar Gabriel sagt, das stinkt auch viel darin.

00:25:48: Da ist natürlich fünf, sechs Prozent NPD.

00:25:51: Milieu auch drin.

00:25:52: Die habe ich auch gesehen.

00:25:53: Das darf man auch nicht erkennen.

00:25:55: Das muss man genauso sagen.

00:25:56: Natürlich ist ein rechtsradikales, neonazistisches Milieu auch Teil dieser AfD.

00:26:02: Aber es gibt eben auch dann diese Teichners, sage ich jetzt mal, die auf einer sehr entscheidenden Weise mir gegenüber auch sich klar zum Grundgesetz bekennen, keine ethnische Abstammungsideologien verbreiten, sondern sich davon distanzieren.

00:26:14: Auch nicht, ich habe es jedenfalls nicht gesehen, ausländerfeindlich auftreten.

00:26:21: Da argumentierte er auch nicht mit Ausländerfeindlichkeit, sondern sogar aus der... sozusagen Warte der Geflüchteten, dass sie dort an diesem Standort, wo das Flüchtlingsheim aufgehen soll, sich nicht wohlführen könnten, sich dort integrieren könnten.

00:26:32: Also die Argumentation ist nicht, wir wollen hier keine Ausländer haben, keine Innenstadtkinder oder wie hieß es mal hier im Westen von Roland Koch, sondern die Argumentation ist, wir sorgen uns um die Integrationsmöglichkeiten.

00:26:44: Da können sie sich nicht integrieren.

00:26:45: Also alles nicht mehr so einfach, weißt du?

00:26:47: Man kann da nicht so ganz schnell eben die Labels verteilen.

00:26:51: Aber ich wollte nur den zweiten Punkt bei Teichner eben sagen, ist natürlich auch, dass er es geschafft hat, jenseits dieser Nähe einfach politisch hochgradig intelligent auf drei verschiedenen Ebenen, Stadtverordnetenversammlung, Kreistag und Landtag, da ist er ja auch, ein einflussreicher Politiker zu sein, sodass die AfD in der Stadtverordnetenversammlung die größte Truppe jetzt ist.

00:27:13: Das heißt, keine Entscheidung wird mehr gefällt, ohne dass die AfD jetzt zustimmt.

00:27:17: Das heißt, die Rede über Brandmauer, das muss man einfach auch mal ganz ehrlich sagen, die wir ja auch, wie ich finde, auf der Bundesebene zurecht.

00:27:24: Vorsichtig.

00:27:25: Kommunal

00:27:25: ganz anders.

00:27:26: Gibt es nicht.

00:27:28: Du hast diesen Teichner ja auch zu Hause besucht seinerzeit.

00:27:32: Ich finde, wir müssen da unbedingt noch mal reinhören.

00:27:35: Wenn Frankreich Deutschland überfallen würde, würden sie dann auch sagen, es ist notwendig, dass Deutschland in Verhandlungen mit Frankreich tritt?

00:27:42: Ich denke, das wäre tatsächlich notwendig.

00:27:44: Auch als national stolzer Deutscher würden sie das sagen.

00:27:48: Hat nichts mit den Werten zu tun, die da an der Wand stehen oder ihrer Burschenschaft?

00:27:51: Eins ist klar.

00:27:52: Wenn dieses Land angegriffen wird, woher auch immer, dann werde ich meine Kinder schnappen und soweit weggehen wie möglich.

00:28:00: Und wenn es dann soweit ist und dieses Land wieder aufgebaut werden muss, dann bin ich auch gerne wieder hier.

00:28:05: Und dann bin ich auch gerne an der Stelle Deutscher.

00:28:08: Aber für keinen Kriegsherren der Welt halte ich meine Knochen hin oder gebe meine Kinder her.

00:28:14: Also meine Söhne kriegt ihr nicht.

00:28:16: Genauso ist es von Reinhard Meier.

00:28:23: Simon, Ihre Geschichte, wie war das damals für dich?

00:28:26: Ja, da bin ich wirklich ganz still geworden und habe aber auch einen ganz, also habe sehr mich, also meine Gefühle sind da fast mit mir durchgegangen.

00:28:38: Und auch bei heute noch, und auch weil, als ich ihn jetzt vor kurz noch mal getroffen habe, habe ich ihm wieder diese Frage gestellt, wären Sie bereit, dieses Land zu verteidigen, Deutschland, das von Ihnen so geliebte Deutschland, was Sie im Namen tragen, wo Sie so viel drüber reden, und dann sagt er wieder.

00:28:53: Ich wäre der Erste, der weg wäre, wenn wir angegriffen wären.

00:28:56: So, vielleicht bin ich der Naive, aber ich habe immer gedacht, Rechte haben was mit Vaterlandsliebe, mit Stolz auf dieses Land, mit auch Verteidigungsbereitschaft, mit Opferbereitschaft zu tun, die ganzen Krieger, Denkmäler und so weiter.

00:29:09: Die neue Rechte hat mit ihren alten Werten gebrochen.

00:29:12: So habe ich das Gefühl gehabt.

00:29:13: Und sich eingegliedert in eine von der DDR-Zeit irgendwie lansierte Fiktion eines Pazifismus.

00:29:20: DDR sagt man ja immer, hat so getan, als wäre es ein Pazifismus der Staat.

00:29:23: War es ja gar nicht, aber das Narrativ war Pazifismus.

00:29:27: Und auch gerade in Prenzlau gibt es große pazifistische Erfolge, die gefeiert werden noch zur DDR-Zeiten.

00:29:33: Abrüstung und so.

00:29:34: Und das zieht sich in der ganzen Stadtgesellschaft durch.

00:29:36: Du findest niemanden in Prenzlau, Andreas, der so wie wir, wie du es zum Beispiel jetzt gestern mit Nikolange oder so über den Russland konflikt.

00:29:45: Ich würde wirklich sagen, du findest bei diesen sagen wir mal, fünfhundert, die das in der Haltung akzeptieren würden.

00:29:51: Die anderen würden alle sagen, das ist Kriegstreiberei, das ist gefährlich, schwierig, wir müssen einen Schritt auf Russland zugehen.

00:29:58: Und da gibt es ja auch einen offenen Brief in dieser Stadt, wo sich Parteien von SPD bis zum dritten Weg, also NPD-Nachfolgepartei, zusammenschießen, um eben für Frieden und einen Schritt auf Russland zugehen zu plädieren.

00:30:10: So, und das, und die AfD schafft auch das wieder, Andreas, wieder geschickt.

00:30:16: dieses Gefühl von Nähe zu den Leuten, indem sie das aufnimmt und sagt, wir sind die Partei des Friedens.

00:30:22: Friedenstaube.

00:30:23: Mit der Pfarrerin hier auch drüber geschoben.

00:30:24: Das geht in Ihnen vor, wenn Sie das sehen, dass auf AfD-Plakaten das christliche Sowohl der Friedenstaube ist.

00:30:29: Ist auch irre.

00:30:30: Und so, also deswegen, für mich selber muss ich jetzt mal persönlich sprechen, ich bin da ganz entschieden.

00:30:37: Ich sage für jemand, der sich patriotisch nennt und sagt, ich wäre der erste, der weg ist, wenn dieses Land angegriffen wird, das ist für mich ein Blender.

00:30:45: Und da kann ich mich ganz klar auch sagen, das ist für mich keine konservative und auch keine rechte Aussage.

00:30:50: Wenn man sich wirklich als rechts beschreibt, dann muss man als erstes auch bereit sein, für dieses Land sein Leben hinzugeben.

00:30:59: Ich stelle mir die Frage natürlich dann auch selber in dem Buch, also lasse da auch die Hose ein bisschen runter.

00:31:04: Wie wäre es, wenn jetzt der Krieg ausbrechen würde und meine... ... meine eigenen Kinder an die Front zu schicken.

00:31:09: Natürlich muss man sich immer diese Gewissensfrage stellen.

00:31:11: Wäre man dazu bereit?

00:31:12: Aber ich denke eben am Ende, wenn wir uns nicht so einfach machen, sagen wir dann weg ... ... und wer in Spanien sagt ja auch noch, ... ... ich würde nach Spanien auswandern.

00:31:20: So Mallorca-Tourismus oder was.

00:31:22: Dann haben wir wirklich doch keine Livevorstellung mehr, ... ... was am Ende, worum es gerade geht ... ... und was so ein Land auch zusammenhält und auszeichnet.

00:31:29: Das ist am Ende genau das, was diese Partei für mich ... ... auch so lächerlich oder schwach dann am Ende ... ... mental, kulturell schwach macht.

00:31:37: Wenn Alice Weidel beim Sommerinterview auf die Frage, sagen Sie ein gutes Ding zu Deutschland und sagen, mir fällt nichts ein.

00:31:44: Mir fällt nichts ein.

00:31:45: Dann muss man sagen, schade, nach Hause gehen.

00:31:49: Ich habe noch eine kleine Szene.

00:31:50: Noch mal zu dem, was Ihr... Ja, wie würden Sie denn eigentlich beschreiben?

00:31:54: Hannes Gnauck ist es ein Freund.

00:31:56: Freund und Mitstreiter, definitiv.

00:31:58: Wir kennen uns schon sehr lange.

00:31:59: Wir waren schon... Ich war ein Jahrgang über ihm auf dem Gymnasium.

00:32:05: Ach, Sie sind älter sogar, ja?

00:32:06: Ja, ab der siebten, achten Klasse kennen wir uns schon, ja.

00:32:09: Würden Sie sagen, dass die politisch einer Meinung sind immer?

00:32:12: Würde ich sagen nicht immer, aber meistens.

00:32:16: Der ist ja hier.

00:32:16: Ist das live oder nicht?

00:32:19: Nee, nicht live.

00:32:20: Wir sprechen gerade über Sie.

00:32:22: Ich hab's gehört.

00:32:24: Das war ja ein richtig dramaturgischer Vorrang geplanter Auftritt.

00:32:28: Haben Sie die ganze Zeit mitgehört und da ist es reingekommen.

00:32:35: Ich weiß nicht, wollen Sie dazukommen?

00:32:37: oder wie sieht's aus?

00:32:39: Simon, da kommt einer, du musst uns noch mal mitnehmen.

00:32:41: Wer war das?

00:32:43: Wie war das?

00:32:45: Das ist Hannes Gnaug.

00:32:46: Da wird's jetzt noch mal kurz richtig ernsthafter, weil das ist einer der Protagonisten, sag ich jetzt mal, der Verfassungsschutzbericht auftaucht.

00:32:54: Ja, das ist

00:32:55: doch wichtig zu erzählen.

00:32:56: Ja,

00:32:56: Verfassungsschutzbericht auftaucht der sozusagen dessen Aussagen dazu führen, dass man noch nicht von gesichert, aber zumindest von Verdachtsfall... Rechtsradikalismus der Partei,

00:33:06: sprich.

00:33:07: Hannes Gnaug ist ein Fitnesskaufmann.

00:33:10: Wahnsinnig beliebt auch in der Region, war mit Teichner zusammen in der Schule, die waren Schulfreunde.

00:33:14: So.

00:33:15: Das ist ein bisschen Bad Cop, Gut Cop, was die auch spielen, das ist ganz klar.

00:33:20: Der Teichler ist der Gut Cop.

00:33:21: Der ist der sozusagen, der sich den liberaleren Anstrich sagen wir mal gibt, wie aber auch in anderen Parteien es ja die verschiedenen Ränder und Strömungen gibt.

00:33:28: Der Gnaug ist ein harter Rechtsradikaler.

00:33:30: Ja, aber warum kann der?

00:33:31: Da hast du das Gefühl gehabt, das ist auch wie so eine Drohung gegen dich.

00:33:34: Nein, das will ich nicht sagen.

00:33:36: Der stand

00:33:37: ja hinter der Tür

00:33:38: die ganze Zeit, ne?

00:33:39: Der hat ja mitgehört.

00:33:41: Weiß

00:33:41: ich nicht.

00:33:41: Das hat er ja so kurz da, so pseudoironisch gesagt.

00:33:45: Ich glaube, es war ein Zufall, aber es war natürlich ein Theater-Szene.

00:33:47: Ja, für mich als Theater-Kritiker auch so unglaublich, dass wir gerade über den Sprachen... Und ich fragte, wie stehen Sie zu diesen Aussagen von Gnaug?

00:33:54: Und dann kommt er rein.

00:33:55: Da kommt er rein.

00:33:55: So.

00:33:56: Ich muss aber sagen, und dann auch nochmal ganz selbstkritisch, das ist ja selbstkritisch, aber reflektiv.

00:34:01: Weißt du, das habe ich nicht gemacht.

00:34:03: Ich habe mich nicht mit Gnaug getroffen.

00:34:06: mehrmals und immer wieder und versucht daran zu kommen.

00:34:09: Weil da bei den Aussagen, die ich von ihm gelesen habe, gehört habe, auch im Bundestag ja, da war ja anführer dieser jungen Alternativen, wurde ja vom militärischen Abschirmdienst als... Verdachtsfall.

00:34:21: Er hat dann gewonnen vor Gericht, muss man auch sagen, aber er wurde jedenfalls da erst mal angezählt wegen Ausländerfeindlichkeit und so.

00:34:28: Und diese Sätze, die auch im Bundes- in dem Verfassungsschutzbericht auftauchen vom unsichtbaren Band, das uns Deutsche aneinander bindet, da ist einfach die Grenze des Grundgesetzes eindeutig überschritten, weil das heißt, bioethnische Abstammung, das ist Deutsch und alle, wer sozusagen Cem Östimier ist, dann irgendwie nicht Teil des Clubs.

00:34:44: Da ist für mich dann auch so ein Moment, da ist so viel Suppe, so viel braune Suppe da.

00:34:49: Da lohnt es sich da auch nicht genauer, da reinzuschauen oder da zu fischen, weißt du?

00:34:53: Deswegen, das klingt jetzt dann vielleicht auch ein bisschen feige, aber für mich war es dann... Ich bin ja auch kein politischer, da haben wir ja andere Leute im Hausjustusbänder oder Leute, die sich wirklich intensiver auskennen da.

00:35:05: Das bin ich nicht, sondern ich habe da schon mich bei dem Teichner ein Anführer sein.

00:35:08: Damit konnte ich umgehen, glaube ich.

00:35:10: Das war ein Typ, mit dem ich irgendwie auch auf Augenhöhe reden konnte und das Gefühl hatte, es war auch produktiv, gerade in der Auseinandersetzung.

00:35:16: Der Typ ist auch jemand, der jetzt auch das Buch sich genommen hat und gesagt, ich werde darauf antworten, ich schreibe dazu.

00:35:22: Also das ist jemand, der auch den Dialog sagen wir mal und auch die Auseinandersetzung

00:35:26: geschrieben hat.

00:35:26: Hat

00:35:27: er schon?

00:35:27: Ja, er hat mir selbst... Ich habe ja das Buch im Prenzlauf vorgestellt und da auch diskutiert mit Matthias Platzek zusammen und er hat mir am Abend selber noch geschrieben, was seine kritischen Punkte waren.

00:35:38: Also

00:35:38: sagst du mal, was war es?

00:35:39: Ja,

00:35:39: er hat dann zum Beispiel geschrieben, politischen Wandel, den er natürlich mit der AfD verbindet, auch als eine Chance, nicht nur als was Negatives wahrzunehmen.

00:35:48: So, ist natürlich klar, dass man sagt, aus seiner Sicht und aus der Sicht der AfD natürlich generell, sind das große demokratische Glanzzeiten gerade.

00:35:59: Also du sagst ja, die erste Lesung deines Buches war in Prenzlau.

00:36:02: Damals für den Podcast hatten wir als FFZ sogar Plakate in Prenzlau ausgehangen.

00:36:10: Jetzt kommst du da in diese Stadt gut ein Jahr später zurück.

00:36:14: Wie finden und fanden die das denn

00:36:16: alle?

00:36:16: Also erst mal fanden sie es sehr komisch und waren auch so... Viele, denen ich da am Anfang begegnete, was wollen sie hier?

00:36:23: Was soll das?

00:36:23: Diese große Westenmarke, wenigen Marke, die sie wirklich nur sehr aus der Entfernung kannten.

00:36:28: Also da liest

00:36:29: keine FAZ kurz um, oder?

00:36:31: Wir können auch mal unseren Verlag fragen, wie wir Abos wie in Brandenburg haben.

00:36:34: Ich

00:36:34: würde auch sagen, da tun wir jetzt niemandem im Unrecht, wenn wir sagen, wahrscheinlich werden da zwanzig Exemplare pro Monat verkauft.

00:36:40: Aber die FAZ war da keine, wie gesagt, war sehr weit weg.

00:36:43: Und deswegen auch da in der Nähe.

00:36:44: Ein bisschen haben wir, glaube ich, durch diesen Podcast, durch diese intensive, auch ein bisschen impertinente Art da wirklich immer wieder hinzukommen und Rauch zu schauen, darüber zu schreiben, das sehr ernst zu nehmen, sehr groß auch zu machen.

00:36:57: Haben wir...

00:36:59: Ich meine, es gibt ja Vorurteile gegenseitig, muss man auch sagen.

00:37:01: Natürlich.

00:37:01: Nicht nur wir haben Vorurteile, die haben auch Vorurteile

00:37:03: gegenseitig.

00:37:03: Und zwar ganz große.

00:37:06: Und dadurch haben wir vielleicht aber auch es geschafft, ein bisschen näher aneinander zu kommen, also Medienmarke, West, Ostdeutsche Provinz trifft da aufeinander.

00:37:15: Ich will das jetzt nicht idealisieren, auch an diesem Abendmerk.

00:37:17: Es gibt nach wie vor einfach einen so großen Milieuunterschied, jetzt mal geistigen Milieuunterschied und auch ein Unverständnis zu dem, was wir da so machen.

00:37:25: Wobei eben dieser Podcast, und das hat vielleicht auch was mit Nähe zu tun, Andreas, dass man das so hört, so nah dran ist, alleine.

00:37:32: So, hab ich schon als Gefüge, viele Leute haben da sich, wie man heute sagt, gesehen gefühlt und konnten darauf reagieren.

00:37:40: Und das ist ja schon mal ganz viel wert.

00:37:41: Weißt du, konnten darauf reagieren, haben vielleicht mal nichts anders gesehen, als wir es da dargestellt haben.

00:37:44: Aber gerade durch diese ganz nahe im Ohr haben, gab's auch so ein emotionales Moment von, ah, okay, die interessieren sich wirklich für uns und kommen nicht einmal und schreiben dann Dunkeldeutschland drüber.

00:37:55: ...

00:37:57: bei dieser Lesung in ... ... war das eigentlich ausverkauft in Prenzlauer?

00:38:00: Es war vollständig ausverkauft.

00:38:02: Zweihundertfünfzig Prenzler und Prenzlauer.

00:38:04: Sehr gut, Simon.

00:38:05: Und die zweite war dann am Prenzlauer Berg in Berlin.

00:38:08: Sehr richtig.

00:38:09: Großer

00:38:09: Unterschied, ne?

00:38:10: Diesen

00:38:10: Witz haben wir natürlich erlaubt.

00:38:11: Genau, ein großer Unterschied.

00:38:13: Ganz anderes Milieu ... ... mit unserer ehemaligen Kollegin Helene Wubrowski zusammen.

00:38:16: Da war natürlich die ... ... wie soll man sagen, die ... ... die großen Fragen der Zeit wurden dort diskutiert.

00:38:22: Es war natürlich auch im Publikum zu spüren, dass ... ... vier mehr auch ... wie soll ich sagen, Skepsis vielleicht gegenüber dieser Nahaufnahme, dass man davon wirklich was ableiten kann fürs ganze Land und so.

00:38:33: Da gibt's ja auch viel dagegen zu sagen.

00:38:34: Das will ich ja auch ganz offen und merke ich jetzt auch schon in den kritischen Reaktionen nicht bekommen.

00:38:39: Natürlich ist es dieser Claim zu sagen, geht mal alle nach Prenzlau und dann lernt ihr was über die Politik im Großen.

00:38:45: Das ist natürlich ein gewagte These, sagen wir mal.

00:38:47: Man kann auch sagen, was soll das?

00:38:48: Am Ende ist das kleine klein und bleibt klein und bringt uns nix für unsere großen Fragen.

00:38:53: Rentenreform oder so.

00:38:55: Aber ich würde sagen, es geht vor allem um die politische Kultur und den eigenen, wie soll ich sagen, die eigene politische Hygiene als Bürger, die wir sind.

00:39:02: Man muss sich irgendwie da dieses Bürgersein wieder antrainieren, damit wir nicht auf dieser Kundenebene bleiben.

00:39:08: Und das merkt man eben schon gerade in den Großstädten.

00:39:11: Wir sind so zu Amazon Kunden der Politik geworden.

00:39:13: Wir wollen irgendwie so bestellen, das soll geliefert werden und dann beschreiben wir eine Bewertung.

00:39:19: Und das ist fatal für eine demokratische Partizipationsstolz.

00:39:23: Wir müssen irgendwie hinkommen zu diesem Könnsbewusstsein, so nennt sich das, dass wir selber Politik sind.

00:39:28: Politik ist nicht da oben irgendwo abgesondert, eine Verwaltungseinheit, sondern wir sind Politik.

00:39:33: Politik kommt von Polis, wenn ich mal einmal als Alt Historiker, sonst traue ich mich das ja nicht, aber sagen das.

00:39:40: sogar mit Athen, dass seinerzeit auch zwanzigtausend Einwohner.

00:39:44: Alter,

00:39:44: haben wir ja einen Geschichts-Podcast und können darüber dann noch mal intensiver sprechen, aber Polis statt, da kommt Politik her.

00:39:50: Angesicht zu Angesicht ins Auge schauen, das war mal der Ausgangspunkt für politisches Bewusstsein und nicht Reels Markus Lanz.

00:39:57: Na klar, aber wenn du von diesem alten ausgehst, dann würde es ja auch bedeuten, dass eine Großstadt mit ein paar Millionen dann schon gar nicht mehr Politik machen kann.

00:40:05: Doch, aber die Einwohner der Großstadt sollten sich auch von den Nachbarschaften her denken.

00:40:09: Und wenn du dir den neuen New Yorker Bürgermeister anschaust, einfach nur kurz von Prenzler nach New York, dann hat ja genau das verstanden.

00:40:16: Neighborhoods.

00:40:17: Der ist in die Essensausgabestätten gegangen.

00:40:20: Der hat sehr viele Hände geschüttelt.

00:40:21: Der hat sehr stark ausgedrückt.

00:40:23: Statt, beginnt in den Stadtteilen, in den Vierteln, in den Nachbarschaften.

00:40:27: Neighborhoods Gedanken.

00:40:28: Und das ist vielleicht kein ganz falscher Gegenaspekt zu dieser ... Mask Trump Show World, die irgendwie sehr weit weg am Ende dann von nachbarschaftlichen Problemen

00:40:41: wirkt.

00:40:42: Ein letztes Mal noch zurück zur ersten Lesung in Prenzlau.

00:40:45: Auch das... Die Abschlussfolge damals in unserem Podcast Feature war ein großes Interview mit dem ehemaligen Brandenburgischen Ministerpräsidenten Matthias Platzek.

00:40:53: Den hattest du auch schon erwähnt, der war jetzt auch da.

00:40:56: Und gestern Abend, wir haben schon zusammengesessen, wir beide hast du mir erzählt, naja weißt du was, der fährt immer noch weiter nach Russland und trifft sich dort auch mit putinaren Politikern.

00:41:08: Ist es auch so ein Unterschied, dass ich sowas nicht verstehe, während viele in Prenzklau sagen, ja logisch muss der das machen, ist völlig okay?

00:41:15: Also diese Geschichte haben wir ja sogar wir, Kollege Schuler, vor allem in der FAS Schuler aufgedeckt, wenn man so will, dass Matthias Platzek diese dubiosen Reisen nach Russland unternimmt.

00:41:29: Der

00:41:29: SPD-Politiker.

00:41:32: der ja lange Vorsitzender dieses deutsch-russischen Fonds war und eine unglaubliche Kontakte in dieses Land hat.

00:41:38: Ich will dazu jetzt inhaltlich nicht Stellung nehmen.

00:41:40: Das steht mir da nicht richtig zu.

00:41:42: Ich will nur genau das unterstreichen, was du sagst.

00:41:45: Aber wie hat das dir denn begründet?

00:41:46: Du hast ihn ja gefragt.

00:41:48: Ja, er begründet das eindeutig mit der willibrandhaften Vorstellung, dass Diplomatie gerade in Krisenzeiten zur höchsten Zeit des Kalten Krieges meinte.

00:41:55: Er... Kalten Krieges, unterschiedlich, jetzt haben wir einen heißen Krieg, würde ich dazu sagen.

00:41:59: Aber Kalten

00:42:01: Krieges

00:42:02: war immer viel mehr noch, dass man viel mehr voneinander wusste.

00:42:05: Seine Angst ist, dass wir gar nichts mehr voneinander wissen und dass das eben wirklich zu gefährlichen Situationen führen.

00:42:11: ... kann könnte, was immer.

00:42:12: Also Deutschland weiß ...

00:42:13: Ich würde mir das auch nicht anmaßen, da jetzt irgendwie ... ... drauf herabzuschauen oder so.

00:42:17: Mich interessiert es einfach.

00:42:18: Es

00:42:18: ist einfach nur so, das soll ich nur das streichen, ... ... diese große Diskussion, die wir dann um Platz hier ... ... kurzzeitig hatten im Westen, bei uns im Westdeutschen ... ... Medemaren, war in dem Uckermark, Korea ... ... eine kleine Meldung.

00:42:30: Und das ist ungefähr das, was das aussieht.

00:42:32: Die Leute haben überhaupt nicht verstanden.

00:42:34: Ich habe ja vorhin gesagt,

00:42:35: warum das

00:42:36: eine Meldung ist.

00:42:36: Natürlich müssen wir sagen, die Verhandlungen, natürlich müssen wir mit Putin reden, dieses Ganze, was ja nun auch in anderen Bereichen auch von Amerika stark jetzt, sehen wir jetzt ja nun gerade in dieser aktuellen Situation, stichwort was da ja Vertrag, Fragezeichen, dass da eben eine andere Haltung ist.

00:42:53: Naja, aber wie auch immer, bei Platzec für mich ist es wichtig, ihn als jemanden anzuerkennen, der wirklich den Puls dieses Landstriches.

00:43:02: Uckermark, der hat ein Haus in der Nähe von Prenzlau, der hat diese Stadt lange begleitet als Ministerpräsident, aber auch schon davor.

00:43:08: Und jetzt eben auch noch danach, der hat einen unglaublichen, ich würde sagen, fast schon pastoralen Ton, kommt ja auch von der Kirche her.

00:43:14: Übrigens auch so einen Moment, der nicht man unterschätzen darf.

00:43:16: Politiker, die irgendwas mit der Kirche noch zu tun haben, diese christlichen Werte in sich haben, die reden ein bisschen anders.

00:43:22: Habe ich das Gefühl, die haben eine andere Sprache, eine andere Wärme, die sie ausdrücken.

00:43:26: Und auch an dem Abend, ich würde sagen, die Leute kamen natürlich vor allem wegen ihm, nicht sehr wegen mir, sondern wegen ihm.

00:43:32: Und ja, man merkte so eine generell, auch selbst das AfD-Wählermilieu dort, irgendwie fühlte es sich da kurz für einen kurzen Moment wieder zu Hause und heimatlich in dem Moment, wo er sprach.

00:43:43: So habe ich es jedenfalls wahrgenommen.

00:43:44: Und das hat wir auch mit Worten zu tun.

00:43:46: Das will ich eben sagen, Nähe heißt nicht nur physische Nähe anwesend sein, wenn Neuersampfänge sind, sich zeigen, den Körper.

00:43:54: Das hat auch was mit der Sprache zu tun.

00:43:55: Welche Worte wählen wir?

00:43:57: Trauen wir uns ein bisschen, das höhere zu berühren, vielleicht auch eben mal ein Blick in den Himmel und in das, was kommt und das menschliche Ausmacht zu wagen und nicht nur im sozusagen politischen Klein-Klein oder in der Abfälligkeit der Aggressivität des Gegeneinander zu sein.

00:44:13: Ich glaube, da gibt es auch eine große Chance für einen Politiker-Typus, der jetzt kommen könnte, gerade auch eine junge Generation, muss jetzt nicht immer sagen, wir brauchen einen neuen Obama, aber jemand, der das ausdrücken kann, das etwas wärmere, höhere sprechen, das Gemeinschaftliche.

00:44:26: und nicht von vornherein, das ist das Lager, das ist das Lager, ich bin hier, du bist dort, sondern eben diesen Zusammenhalt wiederherstellen.

00:44:33: Das wäre das Potenzial, das politische, der Nähe.

00:44:37: Zum Schluss, lieber Simon, schon mal vielen Dank.

00:44:40: Ich fand es super spannend.

00:44:42: Wir würden gerne noch ein ganz kleines bisschen aus deinem Buch hören.

00:44:46: Welche Stelle suchst du aus und warum?

00:44:49: Ich würde gerne eine Stelle ganz aus dem Schluss lesen, aus dem Epilogue, weil es in dem... Buch natürlich viel um politische genaue Beschreibung geht, viele Akteure kommen auf viele Probleme werden beschrieben, Strukturen und so ist kein soziologisches Buch, so ist es schon ein erzählerisches Buch.

00:45:06: Aber es ist am Ende, ich bin ja dann doch für die Tunnist im Tieferen auch ein Versuch, über Nähe nachzudenken als ein Begriff des Herzens, könnte man sagen.

00:45:16: Ich war gespannt.

00:45:17: Mal kurz vor.

00:45:20: Es gibt Menschen, die glauben, sie hätten Nähe nicht nötig.

00:45:22: Die leben in ihren Kreisen und Netzwerken selbstbezüglich und ambitioniert.

00:45:26: Die hetzen durch die Tage und erzählen den anderen, wie wenig Zeit sie haben.

00:45:29: Die meinen, die eigene Anziehungskraft würde schon reichen.

00:45:32: Der professionelle Auftritt, die starke Führung, das große Wort.

00:45:35: Und hier und da vielleicht einmal eine angedeutete Umarmung oder ein befriedigender Geschlechtsverkehr.

00:45:40: Aber wenn sie einmal auf offener Strecke stehen bleiben, wenn eine Krankheit kommt oder die Mutter stirbt, Dann fällt sie die Lehre an.

00:45:47: Dann schauen sie auf einmal um sich und merken, dass Nähe nichts ist, was man schnell noch dazu buchen kann.

00:45:53: Jedes Kind kennt die Sehnsucht nach Nähe und leidet, wenn sie nicht gestillt wird.

00:45:57: Das Bedürfnis nach diesem Gefühl ist existenziell, weil es Sicherheit verspricht und eine Ablenkung von der quälenden Tatsache, dass man den anderen zwar anschauen, ihm etwas sagen, zeigen und schreiben kann, aber er eben trotzdem nie ganz weiß, was er wirklich denkt.

00:46:10: Nähe ist... eben auch ein politischer Wert.

00:46:13: Gerade weil sie das menschliche Wesen antreibt, weil ein Verlangen danach so natürlich scheint, wie wenig sonst, spielt es bei der Organisation des Zusammenlebens eine fundamentale Rolle.

00:46:22: Im Grunde ist die Hinwendung des einen zum anderen der Ausgangspunkt aller politischen Handlungen.

00:46:30: Danke schön, lieber Simon.

00:46:31: Ich wünsche dir sehr viel Erfolg mit dem Buch.

00:46:33: Danke dir für die großzügige Gesprächsführung.

Über diesen Podcast

Der Nachrichten-Podcast der F.A.Z. mit exklusiven Interviews zu aktuellen Themen aus Politik, Wirtschaft, Gesellschaft und Wissenschaft. Der Podcast für Deutschland bietet Montag bis Freitag um 17 Uhr hintergründige und kontroverse Diskussionen mit F.A.Z.-Redakteuren.

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von und mit Frankfurter Allgemeine Zeitung

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