F.A.Z. Podcast für Deutschland

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Transkript

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00:00:03: Wir haben sowieso keine Diamanten, aber auch das Gold, das wir haben, liegt nicht bei uns im Keller.

00:00:08: Es gibt auch keine Gelddruckmaschine.

00:00:10: Ja, damit wäre doch schon mal das Wichtigste

00:00:12: geklärt.

00:00:13: Das

00:00:14: war die

00:00:14: EZB-Direktorin

00:00:15: Isabel

00:00:16: Schnabel.

00:00:17: Und Sie hören schon heute, gehen wir den großen Geheimnissen der Europäischen

00:00:22: Zentralbank

00:00:23: auf den Grund.

00:00:25: Diamanten,

00:00:26: Gold und eine Gelddruckmaschine im Keller.

00:00:30: Alles passend.

00:00:31: zu Weihnachten.

00:00:32: Herzlich willkommen zum FAZ-Podcast für Deutschland heute am Montag,

00:00:37: den

00:00:37: Zweiundzwanzigsten Dezember.

00:00:40: Und diesmal melde ich mich nicht wie gewohnt aus Berlin, sondern eben aus Frankfurt.

00:00:45: Corinna Budras ist mein Name.

00:00:47: So kurz vor Weihnachten

00:00:48: habe ich mich nochmal zu

00:00:50: meiner letzten Dienstreise aufgemacht.

00:00:53: Denn ich schaue gleich in der Europäischen Zentralbank

00:00:56: vorbei.

00:00:57: Es gibt ja keine

00:00:58: europäische Institutionen, die in Krisenzeiten so eine zentrale Rolle spielt und gleichzeitig so große Rätsel aufgibt.

00:01:07: Und dort

00:01:08: empfängt

00:01:08: mich die deutsche EZB-Direktorin Isabel Schnabel zu einem großen Jahresabschlussinterview.

00:01:15: Wir reden darüber,

00:01:16: was die EZB machen kann,

00:01:18: um die Inflation

00:01:19: im Zaum zu halten,

00:01:20: warum

00:01:21: sinkende Preise gar nicht so gut sind und ob wir an der Schwelle zu einer neuen Euro-Krise stehen.

00:01:28: Also heute noch

00:01:29: mal

00:01:29: volles Programm.

00:01:30: Schön, dass Sie dabei sind.

00:01:38: Bevor wir so richtig durchstarten,

00:01:40: muss ich Ihnen die EZB noch einmal vorstellen.

00:01:42: Vielleicht kennen Sie den großen Glasbau, schon von Fotos oder aus dem Fernsehen, aber es ist wirklich sehr bemerkenswert.

00:01:50: Er besteht aus zwei Glastürm und einer jahrhundertealten Großmarkthalle und prägt schon seit dem Jahrhundert das Stadtbild.

00:01:59: Ein bisschen abgerückt

00:02:00: von den anderen Frankfurter Bankenturm steht der Tower direkt

00:02:04: am Main.

00:02:05: Dort residiert die EZB-Präsidentin Christine Lagarde und das Direktorium, das aus fünf weiteren Mitgliedern besteht.

00:02:14: Es wacht über die Geldpolitik der Eurozone, also den EU-Ländern, in denen der Euro Zahlungsmittel ist.

00:02:21: Wenn man in das Gebäude will, muss man erst mal eine Sicherheitsschleuse passieren, sogar die Schuhe muss ich ausziehen.

00:02:27: Dann komme ich in die große Empfangshader, die heute Menschen leer ist.

00:02:32: Fast alle Mitarbeiter sind entweder im Homeoffice oder im Urlaub.

00:02:37: Ich komme an eine kleine Ausstellung vorbei, darin fällt ein riesiger zwanzig Euro-Schein ins Auge und ein goldenes Eurozeichen.

00:02:46: Isabel Schnabel ist eine bekannte Ökonomin und hat in den vergangenen Wochen etwas für Aufruhr gesorgt, weil sie in einem Interview mit der Nachrichtenagentur Bloomberg gesagt hat, sie würde die Nachfolge von Christine Lagarde als EZB-Präsidentin antreten, wenn sie denn gefragt wird.

00:03:03: Die französische EZB-Präsidentin

00:03:06: ist noch knapp zwei Jahre im Amt.

00:03:08: Zu den wichtigsten Aufgaben der EZB gehört es, den Leitz hinzusetzen und damit das Geld teurer oder billiger zu machen, um so Einfluss auf die Inflation zu nehmen.

00:03:19: Bevor Isabel Schnabel auf diesen wichtigen Posten kam, hat sie als Wirtschaftswissenschaftlerin an der Universität in Harvard, Mainz, Frankfurt, Darmstadt und Bonn gearbeitet.

00:03:29: Und sie war in den Merkel-Jahren wirtschaftsweise im Sachverständigenrat.

00:03:35: Seit Jahrzehnte ist sie ECB-Direktorin.

00:03:42: So, und jetzt sitze ich ihr auch hier schon in ihrem

00:03:45: Büro gegenüber,

00:03:46: im

00:03:47: neun und dreißigsten

00:03:48: Stock.

00:03:49: des EZB-Towers mit einem

00:03:50: überragenden

00:03:51: Blick auf die Frankfurter Skyline.

00:03:54: Vielen Dank für den freundlichen Empfang, Frau Schnabel.

00:03:57: Ja, ich freue mich sehr, dass ich heute mit Ihnen sprechen kann, Frau Budras.

00:04:00: Wir sitzen im neununddreißigsten Stock, der

00:04:02: Tower hat

00:04:03: einundvierzig Stockwerke, was ist nun einvierzigsten eigentlich?

00:04:07: Ja, im einundvierzigsten Stock finden tatsächlich unsere EZB-Ratssitzung statt.

00:04:13: Das ist also der große Saal, in dem wir uns alle sechs Wochen zusammensetzen, um über die europäische Geldpolitik zu entscheiden.

00:04:22: Also da findet das wirklich wichtige Stadt hier in diesem Haus.

00:04:25: Da kommen wir gleich nochmal dazu.

00:04:27: Aber Frau Schnabel,

00:04:28: wir müssen

00:04:28: ... Einmal den Elefanten aus dem Weg räumen, der hier im Raum steht, seit ein paar Wochen.

00:04:35: Sie sind

00:04:36: im Gespräch als Nachfolgerin von EZB-Chefin Christine Lagarde, auch weil sie frisch von der Leber weg in einem Interview mit Bloomberg News gesagt haben, sie stünden zur Verfügung, wenn sie denn gefragt

00:04:47: werden.

00:04:48: Was ist denn eigentlich so reizvoll

00:04:50: an dem Top?

00:04:52: Ja, vielleicht erkläre ich nochmal kurz, wie es überhaupt dazu gekommen ist.

00:04:55: Also diese ganze Diskussion steht ja im Zusammenhang mit der Nachfolge für den EZB-Vizepräsidenten Louis de Kinders, die ja demnächst ansteht.

00:05:05: Und deshalb machen sich jetzt alle Gedanken, wie sich diese Nachfolge auswirken könnte, dann auf die Nachfolge von Präsidentin Lagarde.

00:05:14: Und deshalb kam es eben dazu, dass ich in diesem Bloomberg-Interview dann dazu befragt wurde.

00:05:20: Natürlich ist die Rolle als EZB-Präsidentin eine der wichtigsten Positionen in Europa, in der man sich für Europa einsetzen kann.

00:05:30: Und natürlich ist das für jeden eine reizvolle Aufgabe.

00:05:34: Genau, also ein wichtiger Punkt steht, die Nachfolge von Frau Lagarde steht auch erst im Herbst, im Herbst, im Herbst, im Herbst, im Herbst, im Herbst, im Herbst, im Herbst, im Herbst, im Herbst, im Herbst, im Herbst, im Herbst, im Herbst, im Herbst, im Herbst, im Herbst,

00:05:43: im Herbst, im Herbst, im Herbst, im Herbst, im Herbst, im Herbst, im Herbst, im Herbst, im Herbst, im Herbst, im Herbst, im Herbst, im Herbst, im Herbst, im Herbst, im Herbst, im Herbst, im Herbst, im Herbst, im Herbst, im Herbst, im Herbst, im Herbst, im Herbst, im Herbst, im Herbst, im Herbst, im Herbst, im Herbst, im Herbst, im

00:05:55: Herbst, im Herbst, im Herbst, im Herbst, im Genau, aber ist es jedenfalls etwas, was hier viel diskutiert wird.

00:06:00: Vielleicht noch eine Frage dazu, weil es ja schon interessant ist, wäre die erste Mal, dass es dann eine deutsche Präsidentin wäre.

00:06:08: Wäre es denn langsam Zeit für einen deutschen oder eine deutsche an der Spitze des Gremiums?

00:06:14: Na ja, grundsätzlich ist eigentlich die Hauptqualifikation, die jemand mitbringen sollte, der EZB-Präsident oder EZB-Präsidentin werden möchte, dass man ein überzeugter Europäer ist.

00:06:25: Also das ist eigentlich das Wichtigste, also weniger die Nationalität.

00:06:29: Okay.

00:06:30: Dann wollen wir mal zu dem kommen, was wir jetzt gerade letzte Woche gesehen haben.

00:06:33: Am vergangenen Donnerstag war die letzte Zinsentscheidung.

00:06:37: Also da haben sie dann im Vorfeld oben wieder am einundvierzigsten Stock getagt, offensichtlich.

00:06:43: und haben letztendlich den Zins unverändert bei zwei Prozent gelassen.

00:06:48: Vielleicht erklären Sie uns mal, was steckt denn dahinter?

00:06:51: Wie kommen Sie zu so einer Entscheidung?

00:06:53: Ja, wenn das in Ordnung ist, würde ich erst noch mal einen Schritt zurückgehen, weil um zu verstehen, was da letzte Woche passiert, ist es vielleicht auch ganz wichtig zu verstehen, wo wir denn herkommen.

00:07:03: Und wir alle erinnern uns natürlich daran, dass wir in den letzten Jahren einen dramatischen Inflationsanstieg erlebt haben in Folge der Pandemie und des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine.

00:07:18: Und da ist ja die Inflation im Euroraum auf über zehn Prozent angestiegen.

00:07:24: Und das hat uns ja dann dazu geführt, die Zinsen drastisch zu erhöhen von minus Null Komma fünf Prozent auf bis zu vier Prozent.

00:07:33: Und so ist es uns dann ja auch gelungen, die Inflation wieder in die Nähe unseres Zielwärts von zwei Prozent zurückzubringen.

00:07:42: Und inzwischen haben wir die Zinsen ja auch wieder gesenkt von diesen vier Prozent auf die zwei Prozent, bei denen wir uns eben seit Juni.

00:07:52: befinden.

00:07:53: Und jetzt in der letzten Woche stand dann die Sitzung, die geldpolitische Sitzung an und dann haben wir dann diesen Satz wiederholt, der ja die letzten Sitzungen geprägt hat.

00:08:05: We are in a good place.

00:08:07: Und damit meinen wir, dass einerseits die aktuelle Inflation in der Nähe unseres Inflationsziels liegt.

00:08:14: Also sie liegt bei zwei Prozent im Euro-Raum.

00:08:17: Und dass gleichzeitig aber auch unsere Inflationsprognose über die nächsten Jahre im Bereich von zwei Prozent liegt.

00:08:24: Und deshalb sind wir mit der derzeitigen Inflationssituation recht zufrieden.

00:08:30: Und das ist eben keine Selbstverständlichkeit.

00:08:32: Wenn wir in die Welt hinaus schauen, dann sehen wir, anderen großen Zentralbanken im Moment anders geht.

00:08:38: Ja, also da wären andere Entscheidungen getroffen, es klafft ein bisschen auseinander.

00:08:42: Können Sie das erklären, warum ist Europa abgekoppelt?

00:08:45: oder wie kommen Sie zu Ihrer Entscheidung?

00:08:48: Naja, jede Zentralbank trifft Ihre Entscheidung auf Basis der vorliegenden Daten und die Sitzung der vergangenen Woche war natürlich sehr stark geprägt durch unsere neuen Prognosen.

00:09:03: Also die Mitarbeiter des Eurosystems erstellen im regelmäßig Prognosen der zukünftigen Entwicklungen, also des Wirtschaftswachstums und der Inflation.

00:09:14: Und die Überraschung für einige war eben, dass diese Prognosen sehr positiv ausgefallen sind, dass also das Wirtschaftswachstum leicht nach oben revidiert wurde und dass auch die Inflation bei der man ja erwartet hat, dass die Inflation unterhalb der zwei Prozent liegt, auch näher an die zwei Prozent wieder herangekommen ist.

00:09:37: Und auf dieser Basis treffen wir dann unsere Entscheidungen.

00:09:42: Sagen Sie, ich habe mich natürlich hervorbereitet auf dieses Interview.

00:09:46: Ich habe nicht nur mit unseren EZB-Watchern gesprochen in der Redaktion, sondern

00:09:49: auch

00:09:50: mit einem Wirtschaftsgrundkurs eines Berliner Universitätsmeines Vertrauens und habe ein bisschen gefragt, was interessiert euch eigentlich?

00:09:58: Und darf deswegen jetzt mal hier an dieser Stelle genau da reingreden, was auch die Schüler gefragt haben, nämlich, wie sie eigentlich damit umgehen, dass die Inflation ja sehr unterschiedlich ist

00:10:10: im Euro.

00:10:11: Wie gehen Sie damit um, dass Sie einen einheitlichen Zins setzen müssen für einen Raum, der ja sehr unterschiedlich zusammengesetzt ist?

00:10:21: Ja, das ist eine tolle Frage.

00:10:23: Also es ist natürlich zunächst einmal so, im EZB-Rat betrachten wir grundsätzlich immer den Euro-Raum als Aggregat.

00:10:33: Wir betrachten die Inflationsentwicklung im Euro-Raum als Ganzes und wir betrachten auch das Wirtschaftswachstum im Euro-Raum als Ganzes.

00:10:42: Natürlich fließt über die verschiedenen Gouverneure immer auch die Einschätzung der nationalen Lage in die Betrachtungen ein.

00:10:51: Aber am Ende des Tages haben wir natürlich ein Instrument für den gesamten Euro-Raum und können jetzt nicht in unterschiedlichen Ländern unterschiedlich agieren.

00:11:01: Und das unterscheidet uns natürlich von der Fiskalpolitik, die ja durchaus in unterschiedlichen Ländern unterschiedlich agieren kann.

00:11:10: Also Fiskalpolitik,

00:11:11: das muss man hier an dieser Stelle kurz erklären, das ist das, was die Bundesregierung zum Beispiel macht hier, der Finanzminister, der in verschiedenen Bereichen eingreift in den Wirtschaftsraum.

00:11:22: Genau, aber wir haben eben eine einheitliche Geldpolitik und das bedeutet eben, dass wir überall den gleichen Leitzins setzen.

00:11:31: Natürlich ist es so, dass diese Geldpolitik auch in unterschiedlichen Regionen unterschiedlich ankommt.

00:11:36: Und auch das berücksichtigen wir natürlich.

00:11:39: Aber letzten Endes haben wir einen Zins für den gesamten Euroraum.

00:11:44: Nehmen Sie uns doch mal mit in so eine Entscheidung.

00:11:47: Also wie sind Sie zusammengesetzt?

00:11:50: Sind sechs Menschen, also inklusive die Präsidentin in dem Direktorium, wie diskutieren Sie?

00:11:56: Wie wird das vorbereitet?

00:11:58: Ich erzähle Ihnen vielleicht mal, wie das Ganze abläuft.

00:12:01: Wir sind ja im EZB-Rat, hat man einmal das sechsköpfige Direktorium, das Sie gerade erwähnt haben.

00:12:08: Und zum anderen hat man dann die zwanzig, bald einundzwanzig, Gouverneure der nationalen Zentralbahn.

00:12:16: Wer kommt dahin zu?

00:12:17: Das müssen wir kurz erwähnen.

00:12:19: Bulgarien wird ja Anfang des kommenden Jahres ... neues Mitglied des Euroraums.

00:12:26: Und wir freuen uns sehr darauf, Bulgarien willkommen zu heißen.

00:12:30: Und diese Sitzungen laufen also wie folgt ab.

00:12:33: Sie beginnen immer am Mittwochmorgen.

00:12:36: Und Mittwochs haben wir Vormittags, haben wir typischerweise Seminare.

00:12:40: Also wenn beispielsweise Projektionen, neue Projektionen vorliegen, dann werden diese von unseren Mitarbeitern vorgestellt.

00:12:48: Und dann wird darüber diskutiert, aber in einer Art Seminar.

00:12:52: Dann, nach dem Mittagessen beginnt die offizielle Ratssitzung und die beginnt mit zwei einführenden Vorträgen.

00:13:01: Also zunächst berichte ich über die Entwicklung der Finanzmärkte seit der vorangegangenen geldpolitischen Sitzung und im Anschluss referiert Philipp Lähn, der Chefökonom der EZB, über die wirtschaftliche Entwicklung.

00:13:16: der vergangenen sechs Wochen.

00:13:18: Dann wird am Nachmittag darüber diskutiert, ohne jedoch bereits auf die geldpolitischen Implikationen zu sprechen.

00:13:24: Das heißt, es geht vor allen Dingen darum, wie hat sich die Wirtschaft entwickelt, wie hat sich die Inflation entwickelt.

00:13:29: Aber die geldpolitische Diskussion, die folgt dann am Donnerstagmorgen.

00:13:33: Der Tag beginnt damit, dass Philipp Lane einen Vorschlag unterbreitet.

00:13:37: Dieser Vorschlag wird dann in der Runde der sechsundzwanzig Personen diskutiert.

00:13:42: Dann kommt man zu einem Ergebnis.

00:13:44: Dann besprechen wir im Detail die politische Stellungnahme, die nachmittags von der Präsidentin in der Pressekonferenz verlesen wird.

00:13:53: Und nun war es ja hier, das fand ich ganz interessant.

00:13:56: Frau Lagarde hat ja im vergangenen Donnerstag gesagt, also die Zeiten sind zu unruhig, um da jetzt so einen Ausblick zu geben, wie man mit den Zinsen in Zukunft umgehen möchte.

00:14:07: Von ihnen kam aber dann der Einwand, sie sind der Meinung, dass eine Zinserhöhung jetzt geben müsste, wohl auch, weil sie damit rechnen, dass die Inflation anzieht, oder können sie das vielleicht noch ein bisschen näher einordnen?

00:14:19: Ja, ich sage vielleicht noch mal ein bisschen was erst mal über die Entwicklung der letzten Wochen.

00:14:25: Also zunächst einmal ist es so, dass sich die Wirtschaft als resilienter erwiesen hat, als wir gedacht haben.

00:14:32: Natürlich hat der Handelskrieg die Exporte unter Druck gesetzt.

00:14:37: Aber gleichzeitig hatten wir eine relativ stabile und stark wachsende inländische Nachfrage.

00:14:42: Und das hat dann das Schrumpfen der Netto-Exporte überkommen.

00:14:46: Also wirklich eine gute Nachricht, die kann man ja jetzt mal so kurz vor Weihnachten auch mal ein bisschen zelebrieren.

00:14:51: Auf jeden Fall.

00:14:51: Also deutlich besser, als wir vor wenigen Monaten noch gedacht haben.

00:14:56: Natürlich hat auch der Arbeitsmarkt geholfen, der nach wie vor ebenfalls relativ robust ist und der ist ja sehr wichtig für den privaten Verbrauch.

00:15:05: Auf der Inflationsseite war es so, dass die große Überraschung war die Entwicklung der Löhne und zwar viel das Lohnwachstum.

00:15:14: spürbar stärker aus, als wir gedacht hatten.

00:15:17: Das geht zwar weiterhin zurück, aber etwas langsamer, als wir gedacht hatten.

00:15:20: Und auch die Dienstleistungsinflation war stärker, als wir gedacht hatten.

00:15:25: Und das alles hat dann dazu geführt, dass große Einigkeit im Zentralbankrat bestand, dass man die Zinsen unverändert lassen kann.

00:15:35: Gleichzeitig ist es aber so, dass wir uns alle Möglichkeiten offen gelassen haben, um eben in der Lage zu sein, auf neue Daten reagieren.

00:15:43: Und was dann immer eine wichtige Rolle spielt, ist die Risikoeinschätzung.

00:15:48: Und wenn man jetzt an die Inflation denkt, dann gibt es durchaus Aufwärts- und Abwärtsrisiken.

00:15:53: Bei den Aufwärtsrisiken hatte ich bereits die Löhne erwähnt.

00:15:57: Dann kann es sein, dass es zu Störungen in den Lieferketten kommt, so wie wir es bei den seltenen Erden gesehen haben.

00:16:04: Es kann auch sein, dass der fiskalische Impuls, den wir erwarten, also die höheren Staatsausgaben, dass die zu einer höheren Inflation führen.

00:16:10: Und dem steht eben gegenüber, dass ein starker Eurowechselkurs die Inflation eher dämpft.

00:16:18: Oder dass auch dadurch das vielleicht China-Handelsströme umleitet von den USA auf Europa und dann hier Güter zu Dumpingpreisen verkauft.

00:16:27: Das könnte auch den Preisdruck dämpfen.

00:16:29: Das sehen wir zwar bislang nicht in großem Umfang, aber das könnte rein theoretisch sein.

00:16:34: Interessant, weil das ja immer ein Gefahr ist, jetzt im Zusammenhang mit den Zöllen, da sagen Sie, das hat sich noch nicht materialisiert.

00:16:40: Das heißt, die Chinesen beschwärmen uns noch nicht mit Ihrem Produkt.

00:16:42: Nein, das sieht man also im Moment nicht.

00:16:44: Vor allen Dingen sieht man auch nicht, dass das das Auswirkungen hat auf die... Verbraucherpreisinflation.

00:16:49: Und jetzt ist es so, dass natürlich in der Risikoabschätzung unterscheiden sich dann die Sichtweisen.

00:16:54: Und ich gehöre zu denen, die tendenziell eher die Aufwärtsrisiken betonen.

00:17:00: Das heißt, ich glaube, die Aufwärtsrisiken dominieren und das führt mich zu der Einschätzung.

00:17:06: dass die Zinsen vermutlich für eine geraume Zeit stabil bleiben werden, wenn nichts Unvorhergesehenes geschieht.

00:17:14: Das heißt, ich habe nicht gesagt, dass man die Zinsen erhöhen sollte, sondern ich habe gesagt, ich gehe davon aus, dass man die Zinsen nicht noch einmal ... sinken muss.

00:17:24: Okay.

00:17:24: Wichtiger

00:17:25: Unterschied?

00:17:26: Das ist eine sehr wichtige Unterscheidung.

00:17:28: Wurden Sie da falsch verstanden oder habe ich jetzt im Quatsch erzählt?

00:17:30: Sie können es ganz offen sagen.

00:17:32: Ja, also ich glaube, mein Text ist sehr eindeutig.

00:17:35: Aber ich habe das, vielleicht liegt es einfach daran, dass wenn die Leute es vor Zinserhöhung hören, dass sie dann direkt sagen, ich hätte eine Zinserhöhung gefordert, aber das habe ich tatsächlich in dem Interview nicht.

00:17:47: Und das ist wirklich eine wichtige Unterscheidung, weil ich glaube, man muss tatsächlich ... Im Moment ist keine Zinserhöhung zu erwarten auf absehbare Zeit.

00:17:57: Nur ich glaube eben, dass aufgrund der veränderten makroökonomischen und auch geopolitischen Situation.

00:18:05: in der es eine stärkere Fragmentierung geben dürfte, auch strukturell, dass da eigentlich eher inflationäre Kräfte am Werk sind als disinflationäre.

00:18:16: Und das würde auch für mich dafür sprechen, dass wir auch nicht in die Zeit zurückkehren vor der Pandemie, in der die Inflation dann viel zu niedrig ist, sondern dass wir tendenziell eher inflationäre Kräfte haben, was dann irgendwann ... dazu führen wird, dass man die Zinsen wieder erhöhen muss, aber nicht auf absehbare

00:18:36: Zeit.

00:18:36: Wir müssen aber kurz mal ein bisschen sortieren, weil Sie jetzt ja sehr global gesprochen haben.

00:18:43: Also, wenn Sie von den fragmentierten Märkten reden, dann meinen Sie sehr konkret einfach die Tatsache, dass sich Märkte abkoppeln, dass so etwas wie Zölle wieder eine Rolle spielen, dass wir Abschottungstendenzen haben.

00:18:57: Ist das was Sie meinen oder was meinen Sie mit fragmentierten Märkten?

00:19:01: Ja, das wohl markanteste Ereignis dieses Jahr war ja die flächendeckende Einführung von Imporzellen

00:19:11: durch die

00:19:13: Ministration.

00:19:15: Und das führt natürlich dazu, dass wir in eine neue Welt kommen.

00:19:21: Wir hatten uns ja sehr daran gewöhnt, dass man diese hocheffiziente globale Arbeitsteilung ... Und alles wird immer da produziert, wo es am günstigsten ist und so weiter.

00:19:33: Und jetzt haben wir aber feststellen müssen, dass alles ein bisschen komplizierter geworden ist, dass man sich auf Lieferketten eben nicht mehr in der gleichen Weise verlassen kann.

00:19:43: Das hat man ja auch im Zusammenhang mit der Ukraine gesehen und mit dem russischen Gas.

00:19:50: Und deshalb ändert sich natürlich hier fundamental etwas, auf das sich Europa dann auch einstellen

00:19:57: muss.

00:19:57: Und dann sagen Sie, führt das eher dazu, dass die Preise steigen.

00:20:01: Soll ich das vielleicht kurz erklären?

00:20:02: Ja, bitte, gerne.

00:20:04: Ja, ich gehe davon aus, dass das tendenziell eher zu inflationärem Druck führt und einfach deshalb, weil sich ja die Unternehmen, die müssen sich ja jetzt genau überlegen, wie sie ihre Lieferbeziehung.

00:20:15: Und zum Beispiel ist es vielleicht jetzt nicht mehr angezeigt, nur Einlieferanten zu haben, sondern es ist vielleicht sicherer, auch noch einen zweiten zu haben.

00:20:22: Und vielleicht ist es auch nicht immer angezeigt, den Billigsten zu nehmen, weil der vielleicht in einem Land angesiedelt ist, den man weniger vertraut als ein anderer, der zwar etwas teurer ist, aber dafür in einem Land ist, den man eher vertraut.

00:20:35: Und das führt insgesamt dazu, dass die globale Arbeitsteilung weniger effizient wird.

00:20:40: Und das ist insgesamt dann ...

00:20:43: Ja, in der Tat.

00:20:43: Das für den Schlichter greifen teuer.

00:20:46: Das leuchtet einem unmittelbar ein.

00:20:48: Ich würde vielleicht gerne noch mal zurückkommen auf eine Zeit, Oktober, zwanzig, zweinzwanzig, wo wir die höchsten Inflationsraten in Europa hatten, seit Jahrzehnten, wo sie auch ganz stark eingreifen mussten in den Markt.

00:21:04: Ich nehme an, das war eine unglaubliche Zeit auch für Sie persönlich.

00:21:07: Nehmen Sie uns doch da vielleicht auch noch mal mit.

00:21:09: Was waren das für Diskussionen?

00:21:12: Wie sozusagen, wie kontrovers wurde da auch diskutiert?

00:21:16: Denn Sie haben sich an weichen Zeit gelassen, bis Sie quasi auf diesen Inflationsdruck reagiert haben, wenn ich das richtig in Erinnerung habe.

00:21:24: Ja, das war ja in der Tat eine sehr schwierige Zeit.

00:21:28: Also die steigende Inflation hat sich ja bereits im Jahr zwanzig-einundzwanzig abgezeichnet, also noch vor dem russischen Angriffskrieg.

00:21:39: Und wir haben also durchaus gesehen, dass bestimmte Inflationsindikatoren nach oben gegangen sind.

00:21:46: Und wir haben das auch sehr intensiv diskutiert.

00:21:49: Aber Sie dürfen nicht vergessen, wir befanden uns damals noch mitten in der Pandemie.

00:21:54: Und es gab immer wieder neue Varianten.

00:21:56: Und insofern war die Unsicherheit war sehr groß.

00:22:01: Und die herrschende Meinung war eben, dass unser Hauptproblem immer noch trotz der erhöhten... eine zu niedrige Inflation mittelfristig sein würde.

00:22:13: Das klickt vielleicht im Rückblick, klingt das vielleicht überraschend.

00:22:17: Aber man darf ja nicht vergessen, wir kamen ja aus einer langen Phase zu niedriger Inflation, in der es der Geldpolitik eben nicht gelungen ist, die Inflation in Richtung unseres Ziels von zwei Prozent zu bringen.

00:22:32: Und insofern haben wir das damals sogar begrüßt, dass die Inflation nach oben gegangen ist, weil das eben ein Hinweis darauf war, dass es uns gelingen könnte, aus dieser Niedrig-Inflationsphase

00:22:44: herauszukommen.

00:22:45: Und das ist uns ja dann auch gelungen.

00:22:47: Aber dann in Kombination auch noch mit dem russischen Angriffskrieg in Folge dessen ja dann auch die Energiepreise nochmal deutlich angestiegen sind, kam es natürlich zu dieser... wirklich dramatischen Inflationsentwicklung, die damals erst mal niemand vorhergesehen hat und auf die wir dann wirklich sehr stark reagieren mussten, wie sie gesagt haben, vermutlich ein bisschen zu spät.

00:23:12: Aber als wir dann angefangen haben, haben wir das mit großer Entschlossenheit, haben wir das vorangetrieben und so ist es uns dann eben auch gelungen.

00:23:21: die Inflationserwartungen, die immer eine große Rolle spielen, in Schacht zu halten.

00:23:26: Weil wenn die Leute hohe Inflation erwarten ... Dann kann das eben zu solchen Zweidrundeffekten führen.

00:23:32: Dann ist es zum Beispiel so, dass dann auch höhere Lohnforderungen gestellt werden und so weiter.

00:23:37: Aber es ist uns dann gelungen, die Inflationserwartung auch relativ schnell wieder nach unten zu bringen, die Inflation wieder relativ schnell nach unten zu bringen.

00:23:44: Die feinen Energiepreise haben uns dabei natürlich geholfen.

00:23:48: Aber letzten Endes ist es uns damit eben auch gelungen, die Glaubwürdigkeit der EZB zu bewahren.

00:23:55: Und das war natürlich wahnsinnig wichtig, denn das ist ja unser wichtigstes Gut.

00:23:59: Ja,

00:23:59: ich

00:24:00: finde auch wirklich immer interessant, sie drohen ja hier so ein ganz klein bisschen über Frankfurt, haben auch die Skyline so mit einer sicheren Distanz im Blick und nichtsdestotrotz haben ihre Entscheidungen unmittelbare Auswirkungen auf die Bürgerinnen und Bürger.

00:24:16: Das heißt, Inspiration ist etwas, wenn das wirklich so aus dem Ruder läuft, wie wir es gesehen haben, was die Leute unmittelbar spüren und auch über Jahre hinweg spüren, denn die Preise gehen ja nicht zurück und sie sollen auch nicht zurückgehen.

00:24:31: Warum ist das so?

00:24:33: Ja, der Punkt ist, also erst mal haben Sie vollkommen recht.

00:24:36: Die Inflation ist etwas sehr Schmerzhaftes und die Bürgerinnen und Bürger leiden darunter.

00:24:43: Und wir haben auch wieder gesehen, wie sehr die die Menschen Inflation ablehnen, weil, genau wie Sie es gesagt haben, Sie spüren es halt unmittelbar in Ihrem Portemonnaie, wenn Sie Einkaufen gehen, Lebensmittel kaufen oder wenn Sie tanken gehen.

00:24:59: Und das schmerzt die Menschen enorm, weil sich eben dann viele Dinge auch nicht mehr leisten können, weil ja die Löhne auch typischerweise erst mit einem gewissen Nachlauf dann hinterher kommen.

00:25:09: Inzwischen ist es ja so, dass die Reallöhne, also die Inflationsbereinigtenlöhne, haben das in Deutschland jetzt wieder aufgeholt, aber das hat eben ... ganze Weile.

00:25:20: Und zu Ihrer Frage, warum wir eigentlich die Preise nicht wieder zurückbringen, Sie müssen sich das so vorstellen.

00:25:24: Wenn wir jetzt dafür sorgen wollten, dass die Preise wieder auf den alten Pfad zurückgehen, dann müssten wir die Wirtschaft bewusst in einer Rezession stürzen.

00:25:37: Und das kann natürlich keiner wollen.

00:25:39: Und das ist eben auch der Grund, warum wir sagen, ja, wir hatten jetzt diese hohe Inflation, die bleibt, wie Sie gesagt haben, im Gedächtnis der Menschen.

00:25:48: müssen, weil dann auch die Inflationserwartung vielleicht schneller auch wieder auf einen erneuten Anstieg der Inflation reagieren würden.

00:25:56: Aber wir können das nicht den alten Pfad des Preisen, wo es wieder herstellt.

00:26:03: Also deswegen müssen wir uns daran gewöhnen, diese Preise gehen jetzt nicht mehr runter.

00:26:08: Ihre Aufgabe ist es sie halt weniger stark.

00:26:11: steigen zu lassen.

00:26:12: Aber wie gesagt auch nochmal, ich möchte das nochmal betonen, inzwischen haben sich natürlich auch die Löhne wieder entsprechend angepasst, sodass dann eigentlich auch die Kaufkraft dann auch wieder hergestellt ist.

00:26:23: Ich möchte eine Frage stellen im Rückblick auf dieses vergangene Jahr.

00:26:26: Da haben wir ein Jahr gesehen, wo Notenbanken unter Druck gekommen sind, vor allen Dingen in den Vereinigten Staaten die amerikanische Fett, wegen Donald Trump, der sehr offensiv versucht hat, die Fett dazu zu bringen, die Zinsen zu senken.

00:26:43: Was hat das mit Ihnen gemacht, wenn Sie sehen, wie andere Kollegen in den Vereinigten Staaten eben zum Beispiel so unter Druck geraten?

00:26:52: Wir sind in der komfortablen Situation, dass wir eine sehr unabhängige Zentralbank sind, die sehr gut geschützt ist.

00:27:02: Wir sind geschützt durch die europäischen Verträge, die sich auch gar nicht so leicht ändern lassen.

00:27:09: Wir sind natürlich auch geschützt durch ein fiskalisches Rahmenwerk, das uns schützt vor, was man als fiskalische Dominanz bezeichnet, und durch eine ... Bankenregulierung und Finanzmarktregulierung, die uns vor finanzieller Dominanz schützt.

00:27:26: Das heißt, wir sind insgesamt in einer guten Situation, was unsere Unabhängigkeit angeht und können unsere Entscheidungen treffen allein im Hinblick auf unser Mandat.

00:27:41: Unser Mandat ist die Preisstabilität im Euro-Raum.

00:27:46: Wie blicken Sie auf die Vereinigten Staaten?

00:27:48: Ist das etwas, was Sie Was sie erschreckt hat?

00:27:52: Das ist natürlich eine sehr beunruhigende Entwicklung.

00:27:57: Und wir machen uns natürlich Sorgen darüber.

00:28:01: Denn letztlich sind die USA nach wie vor führend im globalen Finanzmarkt.

00:28:09: Und eine Destabilisierung der USA kann auch nicht in unserem Interesse sein.

00:28:15: Ich kann vielleicht noch mal kurz ... zurückgehen auf das, was in diesem Jahr im April passiert ist.

00:28:21: Weil das war eigentlich ganz bemerkenswert.

00:28:23: Wir hatten ja schon darüber gesprochen, dass Präsident Trump dann die Zölle verkündet hat.

00:28:29: Und die waren ja relativ willkürlich festgelegt, schien es.

00:28:34: Und in dem Zusammenhang kam es ja zu massiven Turbulenzen an den Finanzmärkten.

00:28:39: Also die Aktiemärkte sind zusammengebrochen, weil man im Sorgen hatte vor einer globalen Rezession.

00:28:46: Aber es ist noch mehr passiert.

00:28:47: Und zwar kam es, und das war sehr ungewöhnlich, zu einer Flucht aus US-amerikanischen Staatsanleihen und auch zu einer Flucht aus dem US-Dollar.

00:28:59: Interessanterweise fungierte damals eben der Euro, die Euro-Staatsanleihen, also nicht nur die Deutschen, auch die Italienischen, als sichere Hafen.

00:29:10: Stabilitätsanker.

00:29:11: Das

00:29:12: war durchaus interessant, aber wir haben natürlich gesehen, wie fragil das System wird, wenn sozusagen der Anker des Systems in Frage gestellt wird.

00:29:23: Und letztlich ist es ja so, wenn man

00:29:25: die

00:29:26: Unabhängigkeit

00:29:27: der

00:29:28: Federal Reserve infrage stellt, dann stellt man auch die Rolle des US-Dollars und der US-amerikanischen Staatsanleihen infrage.

00:29:38: Und deshalb ist es eben so wichtig, dass die Federal Reserve unabhängig bleibt und ebenso wie wir eben ihr Mandat verfolgen kann, ohne politischen Einfluss.

00:29:52: Sagen Sie, wenn wir jetzt mal vorausblicken, oder wir sind ja eigentlich auch schon mittendrin, wie ist es denn mit der Entwicklung, die wir gerade in Sachen KI sehen?

00:30:02: Also künstliche Intelligenz gibt es einen riesen Hype, die Aktienmärkte spielen auch in dieser Hinsicht wirklich eine sehr bemerkenswerte Rolle.

00:30:12: Glauben Sie, wir sind jetzt gerade in einer Blase, die platzt?

00:30:14: Oder wie würden Sie das einschätzen?

00:30:17: Ja, dieses Jahr war ja eigentlich geprägt.

00:30:20: dadurch, dass diese generative künstliche Intelligenz wirklich bei uns angekommen ist.

00:30:27: Sie durchdringt ja jetzt alle Bereiche, nicht nur die Unternehmen, sondern auch den den Privatgebrauch.

00:30:35: Also wir alle verwenden ja auf die eine oder andere Art KI und die meisten gehen davon aus, dass mit dieser KI auch erhebliche Produktivitätsgewinne verbunden sein werden.

00:30:48: Aus Sicht Europas ist natürlich erstmal zentral, dass wir diese Effizienzgewinne auch tatsächlich nutzen.

00:30:55: Wenn wir uns erinnern, dann ist es so, dass wir die erste digitale Revolution, die im Zusammenhang stand mit dem Internet und so weiter, die haben wir eigentlich nicht richtig genutzt.

00:31:04: Es gibt viele Studien, die eben zeigen, dass das geringe Produktivitätswachstum in Europa zum Teil damit zu tun hatte, dass es uns eben nicht gelungen ist, diese Effizienzgewinne wirklich zu nutzen.

00:31:16: nur darum, jetzt zukünftig eigene, tolle KI-Modelle zu entwickeln, sondern auch die verfügbare KI effizient zu nutzen.

00:31:25: Gleichzeitig haben sie vollkommen recht.

00:31:28: Die Aktienkurse der großen Techfirmen sind durch die Deckel gegangen und haben ihm inzwischen Bewertungen erreicht, wo man sich eben schon die Frage stellen muss, ob es da Blasenhafte Entwicklung gibt.

00:31:42: Das ist schon anders als damals bei der Dotcom-Blase, weil viele dieser Unternehmen werfen ja auch schon jetzt beträchtliche Gewinne ab.

00:31:49: Aber gleichzeitig gibt es eben so enorme Investitionen in Infrastruktur, also Datenzentren und so weiter, dass sie eben die Frage stellt, ob sich diese ganzen Investitionen tatsächlich rechnen werden.

00:32:03: Und deshalb gibt es da eben so gewisse Zweifel im Markt, ob sich diese extrem hohen Bewertungen noch rechtfertigen lassen.

00:32:10: Und auch wir beobachten das sehr aufmerksam.

00:32:12: Und haben Sie Zweifel?

00:32:14: Naja, ich habe jetzt kein besseres Wissen als der Markt.

00:32:19: Ich glaube, das Problem ist, dass die Investitionen, die großen Investitionen immer stärker... Schulden finanziert werden.

00:32:27: Also anfänglich war es so, dass eben vieles aus eigenen Mitteln finanziert wurde.

00:32:32: Und jetzt weiß man aber, dass eine Reihe von Unternehmen eben immer mehr Schulden emittieren, um diese Investitionen zu finanzieren.

00:32:40: Und dann braucht es nicht ganz so viel, um dann eben auch mal in einer Schieflage zu geraten.

00:32:46: Und ich glaube, das muss man sich tatsächlich ganz genau anschauen.

00:32:50: Apropos Schieflage, dieses Phänomen haben wir auch in Europa.

00:32:55: Also wir haben viele Länder mit Rekordschulden.

00:32:59: Deutschland baut jetzt noch einen weiteren Schuldenberg auf, aber Frankreich macht uns sehr große Sorgen.

00:33:05: Stehen wir

00:33:06: an

00:33:06: der Schwelle einer neuen Euro-Krise?

00:33:08: Wie würden Sie das sehen?

00:33:10: Also ich würde vielleicht mal mit Deutschland anfangen, weil in Deutschland ist ja auch in diesem Jahr was ganz Bemerkenswertes passiert.

00:33:16: Es gab ja quasi einen Paradigmenwechsel in der Finanzpolitik.

00:33:20: Das

00:33:21: kann man wohl sagen.

00:33:22: Also mit der Begründung dieses Sondervermögens, Infrastruktur und Klimaneutralität und auch mit der Lockerung der Schuldenbremse für bestimmte Verteidigungsausgaben.

00:33:33: Also das war ja ein Paukenschlag, kann man sagen, der aber weit hin begrüßt wurde, sowohl von Ökonomen als auch von der europäischen Politik.

00:33:45: Und ich bewerte das grundsätzlich auch positiv, denn es ist ja eine Reaktion gewesen auf sehr fundamentale Veränderungen.

00:33:53: Auf eine grundsätzlich veränderte Sicherheitseinschätzung auf der einen Seite und auf der anderen Seite ist eben eine Reaktion auf eine tiefe Strukturkrise, in der sich Deutschland und auch Europa eben befinden.

00:34:08: Und insofern, glaube ich, war das eine richtige Entscheidung.

00:34:11: Sie muss natürlich jetzt auch richtig umgesetzt werden.

00:34:14: Und da ist es dann wichtig, dass es so ausgegeben wird, wie es ja auch versprochen wurde.

00:34:18: Das heißt, dass es in Investitionen fließt, in möglichst.

00:34:22: profitable Investitionen, dass diese Investitionen auch begleitet werden durch entsprechende Strukturreformen, sodass der Standort Deutschland gestärkt wird und auch private Unternehmen wieder den Anreiz haben, mehr in Deutschland zu investieren.

00:34:37: Weil das ist ja das letztendliche Ziel.

00:34:39: Das kann ja nicht allein darum gehen, die Wirtschaft anzuheizen durch zusätzliche Ausgaben, weil das Schlechteste, was ja passieren könnte, wäre, wenn nachher das langfristige Wachstum ihm nicht erhöht ist und wir allein einen höheren Schuldenstand haben.

00:34:51: weil so nicht passieren.

00:34:52: Also das ist einmal das Thema Deutschland.

00:34:54: Frankreich ist in einer etwas anderen Lage.

00:34:57: Frankreich ist in einer sehr schwierigen finanzpolitischen Lage, weil der Schuldenstand sehr hoch ist, weiter steigt.

00:35:06: Es gibt ein Budget-Defizit, das größer ist als fünf Prozent.

00:35:12: Die politische Lage ist sehr schwierig.

00:35:14: Das heißt, man kann sich nicht so richtig einigen, wie man mit diesen Problemen umgeht.

00:35:19: Es ist auch bislang nicht gelungen, einen regulären Haushalt zu verabschieden für das Jahr zwanzig sechs und zwanzig.

00:35:27: Und das alles hat eben auch dazu geführt, dass die Bewertung Frankreichs nach unten gestuft wurde durch die Rating-Agenturen.

00:35:34: Das führt dann wiederum.

00:35:35: zu hören Finanzierungskosten.

00:35:37: Und Frankreich ist jetzt in einer Situation, in der es dieses Problem tatsächlich angehen muss, weil es war die Lage eben so schwierig ist.

00:35:45: Allerdings ist es ein eher singuläres Phänomen, weil wenn sie sich andere Länder angucken, die wir früher häufig diskutiert haben, wenn es um solche Themen ging, meinetwegen Italien,

00:35:55: Griechenland, Spanien,

00:35:58: dann sieht man, dass die sich sehr viel besser entwickelt haben.

00:36:01: Und da sieht man übrigens auch ganz schön, wenn man sich die Staatsanleihen Weil insgesamt haben wir eine deutliche Konvergenz der Renditen auf europäische Staatsanleihen gesehen.

00:36:12: Das heißt, wir haben eigentlich mehr Integration und keine Fragmentierung wie in der Euro-Krise.

00:36:18: Das heißt, es handelt sich bei Frankreich tatsächlich um ein singuläres Phänomen, das auch von Frankreich gelöst werden muss.

00:36:24: So, jetzt zum Schluss wollte ich noch mal zurückkommen auf den Wirtschaftsgrundkurs meines Vertrauens.

00:36:31: Und möchte fragen, was ist das größte Missverständnis, womit die EZB zu kämpfen hat?

00:36:37: Also, welche Mythen gibt es, die Sie jetzt mal, einfach allemal, bei Seite räumen wollen?

00:36:45: Also, ich glaube, eines der größten Missverständnisse ist, dass die Geldpolitik strukturelle Probleme lösen kann.

00:36:55: Also, wenn wir zum Beispiel sagen, we are in a good place, dann wird uns häufig gesagt, ja, aber ... Wie könnt ihr das sagen bei dem geringen Wirtschaftswachstum?

00:37:04: Ihr seid doch nicht in a good

00:37:05: place.

00:37:06: Und da gibt es ein grundlegendes Missverständnis, weil wir beschäftigen uns mit dem Konjunkturzyklus, was wir aber nicht oder nur sehr begrenzt beeinflussen können.

00:37:16: ist das, was wir als Potenzialwachstum bezeichnen.

00:37:21: Also das langfristige Wachstum, das sich eben gerade ergibt aus der Standortqualität der Wettbewerbsfähigkeit und so weiter.

00:37:31: Und das sind eben Dinge, für die ist die Politik zuständig.

00:37:34: Wir können die Strukturprobleme letzten Endes nicht lösen.

00:37:39: Wir können nicht umgehen damit, dass Europa globale Exportmarktanteile verloren hat.

00:37:46: gegenüber China, weil China eben von der globalen Werkbank zu einem ernst zu nehmenden Wettbewerber in Hochtechnologie geworden ist.

00:37:53: Da können wir nichts daran ändern.

00:37:55: Wir können auch an der demografischen Lage nichts ändern und an der Schwierigkeit die Tragfähigkeit der Sozialsysteme zu sichern.

00:38:03: Wir können an der Standortqualität wenig ändern.

00:38:06: Was wir tun können, ist, makoeconomische Stabilität zu schaffen, in dem Sinne, dass wir die Preisstabilität gewährleisten und dass die Menschen und die Unternehmen sich darauf verlassen können, dass wir alles tun werden, um eben die Preisstabilität zu sichern.

00:38:21: Das ist das, was wir beitragen können.

00:38:24: Ich darf zum Schluss noch mal ein Missverständnis vielleicht auch noch mal hier auf den Tisch legen, ist auf dem Weg hier zu machen.

00:38:34: bei Ihnen ist mir das wieder über den Weg gelaufen.

00:38:36: Der

00:38:36: Taxifahrer hat mich gefragt, als ich gesagt habe, ich war jetzt zur ECB, hat der Vertrauensfall geraunt.

00:38:44: Das ist doch der Ort, wo das ganze Geld von Europa liegt, plus das ganze Gold und die Diamanten.

00:38:52: Und abgeschirmt übrigens im Keller von einem Wassergraben.

00:38:56: Frau Schnabel, ist das so?

00:38:58: Und können wir die mal sehen.

00:39:00: Wir haben sowieso keine Diamanten.

00:39:04: Aber auch das Gold, das wir haben, liegt nicht bei uns im Killer.

00:39:08: Gut, dann hat mir das ein für alle mal geklärt.

00:39:10: Und es gibt aber auch keine Gelddruckmaschine.

00:39:13: Es gibt auch keine Gelddruckmaschine.

00:39:15: Aber trotzdem schönes Gebäude.

00:39:17: Herzlichen Dank, dass ich hier sein durfte.

00:39:18: Es hat mich sehr gefreut, mit Ihnen zu sprechen.

00:39:20: Herzlichen Dank.

00:39:24: So, das war der FAZ-Podcast für Deutschland.

00:39:27: Heute mit einem ausgeruhten Interview mit der EZB-Direktorin Visabel Schnabel.

00:39:34: Und womöglich auch der nächsten EZB-Präsidentin.

00:39:37: Wer weiß das schon?

00:39:39: Ich darf noch

00:39:40: ergänzen, dass es zwar keine Geldruckmaschine im Keller gibt, aber doch immerhin ein Geldautomaten im Erdgeschoss.

00:39:48: Und zwar ein Geldautomat der Frankfurter Sparkasse.

00:39:52: Find ich hatte was.

00:39:53: Mehr braucht

00:39:54: es offensichtlich auch in der EZB nicht.

00:39:57: So, mir.

00:39:57: jetzt würde mich natürlich Ihre Meinung interessieren.

00:40:00: Wie

00:40:00: immer

00:40:01: melden Sie sich bitte

00:40:03: unter podcast.frz.de mit Ihrem Feedback und Ihrer Rückmeldung.

00:40:08: Ich freue mich wie immer sehr.

00:40:11: Dank

00:40:11: bleibt mir noch zu sagen, den Kollegen Kevin Gremmel, Lena Barotzi und Johanna Westermann,

00:40:18: die mir hier ganz

00:40:19: wunderbar beiseite gestanden haben.

00:40:21: Ich sage, machen Sie es gut und bis bald.

00:40:25: Frohe Weihnachten!

Über diesen Podcast

Der Nachrichten-Podcast der F.A.Z. mit exklusiven Interviews zu aktuellen Themen aus Politik, Wirtschaft, Gesellschaft und Wissenschaft. Der Podcast für Deutschland bietet Montag bis Freitag um 17 Uhr hintergründige und kontroverse Diskussionen mit F.A.Z.-Redakteuren.

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von und mit Frankfurter Allgemeine Zeitung

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